Immobilienmarkt:Ein Preis, der nicht gerecht ist

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Hauseigentümer profitieren beim Verkauf von der Wertsteigerung des Grundstücks, ohne dass sie dafür etwas geleistet haben. Der Gesetzgeber sollte eingreifen und den Preis beim Verkauf an Kommunen limitieren.

Kommentar von Bernd Kastner

Es brauchte einen Mann, der sein politisches Leben hinter sich zu haben schien. Hans-Jochen Vogel ist es maßgeblich zu verdanken, dass ein Thema zurück in die Diskussion kam, das über Jahrzehnte niemanden gekümmert hat. Die Bodenpolitik. Es war völlig normal, dass die Immobilienpreise in Boom-Städten steigen, und damit auch die Mieten. Höher und höher. 20 Euro pro Quadratmeter? Wird verlangt in München, wird auch bezahlt, von den Vermögenden. Der Baulandpreis steigt und steigt, seit 1950 um 39 390 (!) Prozent, wie Vogel ausgerechnet hat. Das alles schien gottgegeben.

Sollte sich der im Juli verstorbene SPD-Politiker je überlegt haben, ob der liebe Gott diese Preise und Profite wirklich will - Vogel hatte keine religiöse, aber eine politische Antwort: Nein! Es sei eine große Ungerechtigkeit, wenn ein Eigentümer vor allem deshalb vom Verkauf so übermäßig profitiert, weil der Boden, auf dem sein Haus steht, so viel teurer geworden ist. Leistungsloser Bodenwertgewinn: Damit wollen sich einige sozialorientierte Fachleute aus der Immobilienszene nicht abfinden. In Memoriam Hans-Jochen Vogel kämpfen sie dafür, dass der Gesetzgeber eingreift. Den Preis zu limitieren, den eine Kommune zahlen muss, wenn sie zwecks Milieuschutz ein Haus vorkauft, ist eine der geforderten Maßnahmen. Unterm Strich soll ein Immobilienverkäufer auf einen Teil seines Profits, den er der Allgemeinheit zu verdanken hat, verzichten, zu Gunsten eben dieser Allgemeinheit.

Das bisherige Spiral-Modell bringt die einen nach oben, die anderen nach unten: Manche Immobilienbesitzer kommen in Sphären ungeahnten Reichtums, unzählige Mieter rutschen in die finanzielle Krise. Es ist gut, dass Vogel dies in seinen letzten Lebensjahren in den politischen Diskurs zurückgebracht hat. Es gilt, den Boden der Macht der Märkte zu entziehen und den "sozialen Regeln des Allgemeinwohls" zu unterstellen. "Mehr Gerechtigkeit!", lautet der Titel des Büchleins, das Vogel als Vermächtnis hinterlassen hat. Der Untertitel bringt es auf den Punkt: "Wir brauchen eine neue Bodenordnung, nur dann wird auch Wohnen wieder bezahlbar."

© SZ vom 14.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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