Oskar-von-Miller-Gymnasium:Mit Filzstift auf die digitale Tafel

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Mancher Lehrer im Interimsquartier wünscht sich Tafel und Schwamm zurück - die sind weniger störungsanfällig. (Foto: dpa)
  • Die Schüler des Oskar-von-Miller-Gymnasiums werden derzeit in einem Interimsquartier unterrichtet.
  • Das hat zwar allerlei modernste Technik - doch die funktioniert nicht zuverlässig.
  • Unterrichtsplanung sei ein Glücksspiel, klagt der Schulleiter.

Von Jakob Wetzel, München

Lehrer haben es derzeit nicht leicht am Schwabinger Oskar-von-Miller-Gymnasium. Sie können in den Klassenzimmern nichts an die Tafel schreiben, weil es dort keine Tafeln gibt. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass ihre Rechner funktionieren. Und wenn sie etwas an die Wand projizieren wollen, brauchen sie Glück, denn jede siebte Dokumenten-Kamera ist kaputt. Dabei ist die Technik des Gymnasiums nagelneu.

Das staatliche Oskar-von-Miller-Gymnasium ist im Sommer umgezogen: Weil der Stammsitz an der Siegfriedstraße saniert wird, werden die etwa 1000 Schüler für wohl vier Jahre in einem Interimsquartier an der Ungererstraße unterrichtet. Dort hat die Stadt München, die für die Gebäude zuständig ist, konsequent auf moderne Technik gesetzt: Es gibt keine grünen Tafeln und keine Tageslichtprojektoren, stattdessen sollen die Lehrer mit interaktiven Whiteboards, also digitalen Tafeln, mit Notebooks und Dokumenten-Kameras arbeiten. Doch die Schule teilt auf Anfrage mit, selbst fünf Wochen nach Unterrichtsbeginn funktioniere das alles immer noch nicht zuverlässig.

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Die gesamte Computertechnik, "nahezu alles, was hier irgendwie einschlägig ist", beeinträchtige den Unterrichtsbetrieb massiv, klagt Schulleiter Peter Schwartze in einem Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Räume seien bis heute nicht abgenommen worden, schreibt er in dem Brief vom 14. Oktober, und er zählt eine Reihe von Problemen auf. Bei der Stadt gebe es viel zu wenige Fachleute, klagt er, außerdem fehlten nötige Zugangsdaten. Die Beratung durch die städtischen IT-Experten sei schlecht, und telefonisch sei kaum einer zu erreichen. Er als Schulleiter müsse sich oft halbe Tage lang Ansagen auf dem Anrufbeantworter anhören.

Ein Teil der Rechner funktioniere nicht, scheibt Schwartze in dem Brief. Kein Lehrer könne etwas ausdrucken. Die für Vertretungspläne nötigen Digitalen Schwarzen Bretter seien noch gar nicht geliefert worden, mehrere Whiteboards gingen bis heute nicht. Und mindestens sieben der 48 Dokumentenkameras seien kaputt. In den betroffenen Klassenzimmern gerate das Unterrichten zur Farce, klagt Schwartze. Unterrichtsplanung sei ein Glücksspiel.

Vor allem für die Referendare, die im Unterrichten geprüft werden, sei das schwierig. Es sei derzeit "praktisch kein Unterricht möglich", beschwert sich auch die Stadtrats-CSU. Sie hat eine geharnischte Anfrage an die Stadt gerichtet. Verzweifelte Lehrer hätten sich gemeldet, sagt Stadtrat Richard Quaas, der Initiator. "Erfahrene, mit Sicherheit nicht überempfindliche Pädagogen sind fertig mit den Nerven." Die Lage sei eine Zumutung für Lehrer und Schüler.

Das Oskar-von-Miller-Gymnasium hat ohnehin wenig Glück mit seinem Umzug. Schon im September klagte die Schule, sie könne den Sportunterricht nicht aufrechterhalten. Am neuen Standort gibt es keine eigene Anlage, und beim nahegelegenen Zentrum des SV Weißblau Allianz, auf das die Schulleitung gesetzt hatte, gab es vertragliche Schwierigkeiten. Die sind jetzt ausgeräumt, dafür streikt die Technik.

Die Stadt räumt Anlaufschwierigkeiten ein, beschwichtigt aber. Die städtische IT-Abteilung habe laufend über ihre Zeitpläne informiert, heißt es. Derzeit gebe es nur noch in zwei von 47 Unterrichtsräumen Probleme; an diesen arbeite man mit Hochdruck. Und die Whiteboards könne man nicht nur digital nutzen, sondern auch analog: Auf ihnen könne man mit abwischbaren Filzstiften normal schreiben. Die digitale Technik sei nur eine Ergänzung. Tatsächlich bemühe sich die Stadt auf seinen Brief hin sehr, bestätigt Schwartze auf Anfrage. Sogar die Digitalen Schwarzen Bretter seien plötzlich aufgetaucht, der gute Wille sei offensichtlich da. "Jetzt strengt man sich an."

© SZ vom 17.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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