Historie:Der Baumeister

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Karl Meitinger plante nicht nur den Wiederaufbau der Münchner Altstadt. Er war zuvor auch für die Errichtung der Bunker verantwortlich

Von Wolfgang Görl

Der Name Karl Meitinger hat in der Münchner Stadtgeschichte insofern einen guten Klang, als er eng mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden ist. Und das ist ja auch korrekt: Es war Meitinger, der schon wenige Monate nach Kriegsende, als München in Trümmern lag, die historische Bausubstanz der Altstadt größtenteils vernichtet war und es nicht wenige Experten gab, die am Reißbrett eine ganz andere, moderne Stadt entwerfen wollten, sich für die Rettung des historischen Stadtbilds stark machte. Am 9. August 1945 erläuterte der als Stadtbaurat fungierende Meitinger im Rathaus seine Pläne, die er später unter dem Titel "Das neue München" publizierte. Darin standen Sätze, die zum Credo für die künftige Baupolitik wurden: "Wir müssen unter allen Umständen trachten, die Erscheinungsform und das Bild der Altstadt zu retten und müssen alles erhalten, was vom Guten und Wertvollen noch vorhanden ist. Wo im einzelnen von den baukünstlerisch wichtigen Bauten noch so große Reste stehen, dass das Ganze rekonstruiert werden kann, soll das alte Bild wieder entstehen; wo nichts mehr vorhanden ist, soll nach modernen Gesichtspunkten, aber im Sinn der Altstadt, neu und frei gestaltet werden."

Wie aber kam es, dass Meitinger bereits im Sommer 1945 ein detailliertes Wiederaufbau-Konzept vorlegen konnte? Die Frage ist leicht zu beantworten: Karl Meitinger war schon in der NS-Zeit, von 1938 bis 1945, Münchner Stadtbaurat. Und als solcher hatte er die einschlägigen Pläne bereits in der Schublade, darunter auch die Idee, ein Ringstraßensystem um die Altstadt einzurichten. Als Stadtbaurat und zuvor schon als Oberbaurat in der Abteilung Hochbau hatte der 1882 in München geborene Architekt und Bauingenieur aber noch andere Aufgaben: Er konzipierte Reichskleinsiedlungen, Stadien und Freibäder, und er war auch für die baulichen Luftschutzeinrichtungen zuständig. In einem Schreiben vom 9. Juli 1943 an den nationalsozialistischen Oberbürgermeister Fiehler beklagte Stadtbaurat Meitinger, dass der Bau von Luftschutzräumen mangels ausreichender Material- und Treibstoffzuweisungen zum Erliegen zu kommen drohe.

Dennoch entstanden unter seiner Ägide und in der Regel nach seinen Plänen in München insgesamt 48 Hoch- und Tiefbunker sowie Unterstände. Die Hochbunker, die gewöhnlich weniger kostspielig waren als große Schutzräume unter der Erde, wurden, wie etwa der Bunker an der Blumenstraße, mit massiven Mauern und Stahlbetondecken ausgestattet, überdies versuchte man, ihnen die Gestalt eines mittelalterlichen Wehrturms zu verleihen, um sie so zu tarnen. Um allen Münchnern Zuflucht bei Luftangriffen zu bieten, reichten die Bunkerkapazitäten aber bei weitem nicht aus.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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