Hinter Glas:Lauter süße Rezepturen

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Drei Generationen Frauen wirken in der Pralinen-Manufaktur Cordes

Von Birgit Lotze

Von Walter Cordes, der im Jahr 1932 mit handgefertigten Pralinen an der Maximilianstraße einen Laden aufmachte, ist außer vielen süßen Rezepturen nur der Name geblieben. Ausschließlich Frauen - über drei Generationen - stehen heute in dem Familienbetrieb. Auch die feine Adresse gibt es nicht mehr. Freiwillig zogen Cordes' Nachfahren freilich dort nicht aus, doch vor zwei Jahrzehnten mussten sie raus: Die Firma Cartier bot mehr und zog ein. Will man heute die Cordes-Pralinen oder die hauchdünnen Schokoladentäfelchen kaufen, muss man Walter Cordes' Nachfahrinnen in einer der zwei Filialen in Waldtrudering oder am Harras besuchen.

Durch das Schaufenster am Harras sieht man vor allem Pralinen, gestapelte Berge aus Kugeln mit dunkler oder weißer Schokolade, mit Nougat, mit oder ohne Alkohol . Mehr als 140 Sorten stellen die Frauen selbst her. Weiter vorne, auf dem Sims direkt hinter dem Schaufensterglas, lachen den Betrachter handgefertigte Weihnachtsmänner an, zwischen Pralinenschachteln und selbst produzierten sechs bis acht Gramm leichten Sternchen und Täfelchen in glänzendem Stanniol. Es gibt auch Adventskalender, das Modell "München" ist offenbar der Klassiker: Da könne man sich genau die Pralinen einzeln einfüllen lassen, die zum Beschenkten passen, sagt Filialleiterin Bettina Ruchner.

Kein Mann weit und breit. Drei Frauen haben in dem kleinen Familienbetrieb das Sagen. Mit Ausnahme von Walter Cordes hätten die Männer in der Familie nie echtes Interesse an der Schokoladenherstellung gehabt, sagen sie. Chefin ist die Tochter von Walter Cordes, Ingeborg Ruchner. Ihre Tochter Doris Büntig leitet die Herstellung. Sie wurde noch von ihrem Großvater in die Geheimnisse der Pralinenproduktion eingeweiht, und sie ist diejenige, ohne deren Leidenschaft es den Familienbetrieb vermutlich nicht mehr gäbe. Die jüngere Schwester Bettina Ruchner ist für die Filialen und für den Vertrieb zuständig. Doch eigentlich könnten alle alles machen und im Krankheitsfall übernehmen, sagt diese. "Wenn der Betrieb von nur drei Leuten abhängt, geht es nicht, dass man sich nur in seinem Bereich auskennt."

Angestellte brauchen sie nicht, zumindest nicht in der Herstellung. Doris Büntigs zwei Töchter, Anfang und Mitte 20, unterstützen in der Produktion und sollen später das Familienunternehmen übernehmen. Die vier Frauen - alle außer Bettina Ruchner - wohnen und arbeiten unter einem Dach in Berg bei Starnberg. Die Pralinenproduktion findet im Keller statt. Ihre Schwester stehe derzeit früh auf, sagt Bettina Ruchner. "Kurz darauf staubt sie ihre Mädels runter." Derzeit verbrächten sie dort sehr viel Zeit - Großmutter, Mutter und die Töchter, und meist bis spät. Denn derzeit brummt der Laden. Ausruhen könnten sie sich im Januar.

Mit der Adventsserie "Hinter Glas" schaut die Stadtviertel-Redaktion hinter sehenswerte, nicht nur weihnachtlich geschmückte Fenster.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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