Hilfsfonds:Unbürokratische Hilfe für Amoklauf-Opfer

Lesezeit: 2 min

Wenige Tage nach dem Amoklauf eines 18-Jährigen am 22. Juli im Olympia-Einkaufszentrum gedenkt eine junge Frau der Opfer. Viele Münchner haben am Ort des Verbrechens Blumensträuße und Kerzen hinterlegt. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Unmittelbar betroffene Familien erhalten einen größeren Pauschalbetrag von der Stadt

Von Thomas Anlauf

Fast fünf Monate sind vergangen, seit der Stadtrat einen Hilfsfonds für Opfer des Amoklaufs am 22. Juli 2016 eingerichtet hat. Der Fonds war für sofortige finanzielle Unterstützung der Angehörigen, der Verletzten, aber auch der von der Bluttat traumatisierten Menschen gedacht. Es müsse das Ziel sein, "direkt und indirekt von dem Amoklauf betroffenen Menschen schnelle und umfassende Hilfe zukommen zu lassen", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter im August. Doch lange blieb der Hilfsfonds, der von der Stadt zunächst mit 500 000 Euro ausgestattet worden war, gut gefüllt. Was als unbürokratische Hilfe gedacht war, erwies sich offenbar als zu bürokratisch.

Da es sich bei dem Fonds letztlich um Steuergelder handelt, war vorgesehen, dass die Betroffenen bei einer eigens eingerichteten Stelle Anträge oder Zahlungsbelege für etwaige Ausgaben einreichen. Die Stadt wollte dann klären, ob die Krankenkassen oder andere Stellen die Kosten übernehmen - etwa für Therapien oder auch einen Umzug. Doch auch Wochen nach dem Stadtratsbeschluss gab es lediglich 20 Anfragen, die von der Stadt bearbeitet wurden. Der Ältestenrat hat nach SZ-Informationen deshalb nun einstimmig beschlossen, den vom Amoklauf unmittelbar betroffenen Familien einen größeren Pauschalbetrag anzuweisen. Damit können sie Ausgaben abdecken, die nun nicht mehr von städtischer Seite überprüft werden müssen. Es habe darüber einen Konsens im Ältestenrat gegeben, und auch Oberbürgermeister Reiter als Vorsitzender des Gremiums habe sich mit dem unbürokratischen Vorgehen einverstanden erklärt, heißt es aus dem Stadtrat. Die Stadt habe sich "mehr wie großzügig verhalten", sagte ein Politiker der SZ. Zudem seien alle nachweisbaren Rechnungen der Opferfamilien mittlerweile bezahlt. Dennoch bleibe die freiwillige Leistung aus dem Hilfsfonds bestehen, er ist auf Jahre angelegt und kann durch Spenden aufgestockt werden.

Von städtischer Seite wird der Beschluss des Ältestenrats offiziell nicht kommentiert. Die Beschlüsse des Gremiums "unterliegen der Geheimhaltung", heißt es sowohl aus dem Rathaus, als auch aus dem Sozialreferat. Öffentlich bekannt hingegen ist, dass die Bestattungskosten und Grabgebühren für drei der neun Todesopfer, die in München beerdigt wurden, von der Stadt übernommen wurden. Die sechs weiteren Opfer wurden in ihre Heimatländer überführt, die Kosten für die Überführung und die Bestattungen übernahmen das Bayerische Rote Kreuz beziehungsweise der türkische Staat.

Bei dem Amoklauf am 22. Juli tötete der 18-jährige David S. im Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen, vier weitere wurden angeschossen, Dutzende verletzten sich bei der Flucht oder bei der Panik, die zeitweise in München ausbrach. Anschließend tötete sich S. selbst.

In Erinnerung an die Bluttat soll am Jahrestag des Amoklaufs ein Denkmal enthüllt werden. Wie der Erinnerungsort künftig aussehen soll, steht noch nicht endgültig fest. Noch bis 25. Januar können Künstler Ideen für das Denkmal einreichen. Fest steht, dass ein großer Baum in der Nähe des Anschlagorts gepflanzt werden soll - als Symbol des Lebens. So wünschen es sich die Angehörigen der Todesopfer.

© SZ vom 02.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

OEZ-Anschlag im Juli in München
:Timeline der Panik

Ein Täter, ein Tatort - und eine Stadt in Angst: Wie aus dem Münchner OEZ-Attentat ein Terroranschlag mit 67 Zielen wurde. Eine Rekonstruktion.

Von Th. Backes, W. Jaschensky, K. Langhans, H. Munzinger, B. Witzenberger und V. Wormer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: