Haushaltssperre:Die ganz große Koalition im Rathaus

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"Prüfen, was wir uns noch leisten können": Neue Allianzen im Rathaus - SPD, CSU und Grüne beschließen überraschend einmütig eine Haushaltssperre.

Berthold Neff

Der Sparzwang angesichts der Krise sorgt im Rathaus für neue Allianzen: In seltener Einmütigkeit haben SPD, Grüne und CSU die von OB Christian Ude (SPD) bereits verkündete Haushaltssperre und ein neues Konzept zur Konsolidierung der Finanzen beschlossen. Ude nannte es "nahezu eine Zäsur, dass die CSU auch unbequeme Entscheidungen mitträgt". Die Haushaltssperre soll den Etat in einer Größenordnung von knapp 28 Millionen Euro entlasten.

"Nahezu eine Zäsur, dass die CSU auch unbequeme Entscheidungen mitträgt": In seltener Einmütigkeit haben SPD, Grüne und CSU eine Haushaltssperre beschlossen. (Foto: Foto: ap)

Nötig wurde dies, weil erhebliche Ausfälle bei der Gewerbesteuer drohen. Im Etat waren daraus Einnahmen von 1,6 Milliarden Euro eingeplant, derzeit deutet einiges darauf hin, dass es nur 1,2 Milliarden werden könnten. Bis auf die Linkspartei, die eine Haushaltssperre zum jetzigen Zeitpunkt für "übertrieben" hält, lobten alle Fraktionen Udes Entscheidung. Der SPD-Finanzsprecher Hans-Dieter Kaplan nannte die Sperre ein "richtiges Signal". Allen Unkenrufen zum Trotz wolle Rot-Grün aber "nicht einstimmen in das Konzert des Schlechtredens". Dennoch sei, über die Sofortmaßnahmen hinaus, sicher auch eine grundsätzliche Aufgabenkritik nötig.

Boris Schwartz von den Grünen hob hervor, dass es Rot-Grün gelungen sei, die Zuschüsse an Vereine sowie soziale und kulturelle Einrichtungen nicht zu kürzen. Auch er sagte aber, dass die Einsparungen sicher "nicht ganz ohne Schmerzen" möglich sein werden: "Wir müssen darüber nachdenken, was in Zeiten wie diesen noch leistbar ist."

Erhebliche Summen

Mechthilde Wittmann, die neue haushaltspolische Sprecherin der CSU, gab zu bedenken, "dass die Talsohle möglicherweise noch nicht erreicht" sei. Deshalb hätte Rot-Grün nicht nur für 2009 verfügen sollen, dass haushaltsrelevante Einzelbeschlüsse nur noch einmal im Jahr möglich sind.

Bislang war es so, dass in jedem Plenum einzelne Projekte beschlossen wurden, was sich - wie auch der Kämmerer kritisierte - bis zum Jahresende zu erheblichen Summen auswuchs. Wittmann appellierte an Rot-Grün, den von der CSU durch die Zustimmung zur Haushaltssperre dokumentierten Willen zur Verantwortung ernst zu nehmen. Da einige Passagen des CSU-Änderungsantrags von der SPD übernommen wurden, stimmte die CSU dem Gesamtpaket zu.

Für die FDP hob Jörg Hoffmann hervor, dass die Liberalen bereits vor Jahren gefordert hätten, ausgabenträchtige Beschlüsse nur noch einmal pro Jahr, in den Haushaltsberatungen, zuzulassen. Die SPD habe diesen Vorschlag damals abgetan, greife ihn nun aber selber auf. Hoffmann schlug vor, die Sperre zu verdoppeln, blieb mit dieser Forderung aber allein. Letzten Endes stimmten nur FDP und Linkspartei gegen die Haushaltssperre und das Sparpaket, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen.

"Glimpfliche Maßnahme"

Während die Liberalen einen schärferen Sparkurs forderten, hielt Brigitte Wolf (Linke) "das allgemeine Lob für die heutige Aktion" für falsch. Bei der Krise von 2002, gab sie zu bedenken, seien die Einnahmen aus der Gewerbesteuer nur halb so hoch gewesen wie heute, "im Moment ist die Situation nicht so dramatisch". Wenn nun alle Kommunen mit ähnlichen Mitteln auf die Krise reagierten, werde das die Rezession verschärfen.

OB Christian Ude bot den Linken eine Wette an, dass es "spätestens im Herbst Haushaltssperren prasselt". München fahre besser damit, "jetzt eine glimpfliche Maßnahme zu ergreifen". Er lobte die CSU für die Zustimmung zum Sparpaket: "So wird ihr Wort in der Finanzpolitik gewichtiger."

Kämmerer Ernst Wolowicz (SPD) sagte, durch die "Konsolidierung mit Augenmaß" versuche die Stadt, heil aus der Wirtschaftskrise zu kommen, deren Ausmaß noch niemand kenne. Es gelte, einen Kahlschlag zu vermeiden: "Die Infrastruktur und der soziale Frieden darf nicht gefährdet werden." Die Stadt sei sich ihrer Verantwortung bewusst und werde an ihren Investitionen nicht nur festhalten, sondern diese mit 700 Millionen Euro im nächsten Jahr sogar ausbauen. Wolowicz, der von allen Seiten Lob für die gute Beschlussvorlage einheimste, nannte die Debatte ein Zeichen dafür, dass die Stadträte quer durch die Fraktionen "Verantwortung für die Stadt gemeinsam tragen wollen".

© SZ vom 23.04.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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