Gutes tun:Unerfüllte Wünsche

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Ajub J. ist Alleinverdiener, das Geld reicht nicht - sein jüngster Sohn ist schwer krank

Von Monika Maier-Albang, München

Sami kuschelt gern noch mit seiner Mutter, jede Nacht liegt er bei ihr im Bett. Weil ihm die Nähe gefällt, und weil Maria J. so wenigstens sicher sein kann, dass Sami nichts zustößt.

Der Junge hat immer wieder schwere epilepsieartige Anfälle. "Irgendwas in seinem Kopf ist nicht in Ordnung, das Blut fließt nicht richtig", sagt der Vater Ajub. Die Anfälle und die Fieberschübe hat Sami zum ersten Mal mit zwei Monaten bekommen, mittlerweile ist er fünf Jahre alt. Die Sorgen sind für die Familie seitdem nicht kleiner geworden. Sami ist in seiner Entwicklung stark verzögert, er läuft wie ein Kleinkind und er spricht nur ein Wort: Mai, Wasser in der Sprache seiner Eltern, eritreisch.

Vier Kinder hat die Familie, Sami ist das jüngste. In den ersten Lebensjahren war er oft wochenlang in der Klinik und seine Mutter mit ihm. Ein paar Mal habe sie in dieser Zeit einen Deutschkurs begonnen - und wieder abgebrochen, erzählt Maria J., "ich konnte nie richtig lernen", sagt sie. Immer war wieder etwas mit Sami oder die Sorge vor dem nächsten Anfall. Dabei würde Maria J. gerne die Sprache besser beherrschen, auch, um leichter Arbeit zu finden. Bislang ist ihr Mann Alleinverdiener. Ajub J. arbeitet in einem Hotel, das Einkommen reicht der sechsköpfigen Familie gerade für das Notwendige. Dass Sami noch immer Windeln benötigt, belastet den Etat zusätzlich, "das ist viel Geld jede Woche", sagt Maria J., zumal es die großen Größen nicht mehr in den Doppelpack-Angeboten gibt, die sie früher kaufen konnte.

Ihr Mann, Ajub J., hat mit 19 Jahren seine Heimat verlassen, die bis heute eine Militärdiktatur ist. "Du konntest dich damals entscheiden: Für die Rebellen kämpfen oder gegen sie", erzählt er; er wollte weder noch. Also ist er geflohen, "ich kann so gut nachempfinden, wie es den Syrern heute geht", sagt Ajub J.. Er ist mittlerweile deutscher Staatsbürger, und er bemüht sich, dass seine Kinder hier gut zurechtkommen: Er geht zu den Elternabenden, er versucht, dass die Kinder an Schulaktivitäten teilnehmen können, auch wenn das nicht immer leicht ist, selbst, wenn sie nur ein paar Euro fürs Schlittschuhlaufen mitbringen müssen. Zwei Mädchen hat das Ehepaar, sie sind acht und neun Jahre alt. Der älteste Sohn ist zwölf. Die Mädchen würden sich über Fahrräder freuen, sie besitzen keine. Der Junge spart auf ein Smart Wheel, wie es seine Freunde haben. Maria J. hat auch einen Wunsch, sie sagt ihn ganz verschämt. Der Trockner ist schon länger kaputt. Aber dass vor vier Monaten auch noch die Spülmaschine den Geist aufgegeben hat, das mache ihr doch zu schaffen, erzählt sie. Einkaufen, kochen, von Hand abspülen, das füllt ihren Tag, bis Sami am Nachmittag aus der Heilpädagogischen Tagesstätte kommt. Dann ist sie für ihn da. Jede Nacht.

© SZ vom 23.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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