Großes Interesse der Anwohner:Alles hängt mit allem zusammen

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Bei der Bürgerversammlung für Trudering-Riem sprechen mehrere Redner den Themenkomplex um Rappenweg, altes Rathaus und Feuerwehr an

Von Renate Winkler-Schlang, Neuperlach/Trudering/Riem

Regenwolken am Himmel, ein Fußballspiel im Fernsehen und Parkplatzmangel ringsum in Neuperlach Süd: Da blieb mancher daheim, die 700 Stühle, die die Stadt für die Bürger aus dem Nachbarbezirk Trudering-Riem im Neuperlacher Heinrich-Heine-Gymnasium hatte aufstellen lassen, waren nicht alle besetzt. Doch fast 500 waren gekommen zur "auswärtigen" Bürgerversammlung - der Ortswechsel in die große Halle war also richtig. Der Versammlungsleiter, der Truderinger CSU-Stadtrat Hans Podiuk, erhielt dennoch Beifall, als er gleich zu Beginn forderte, die nächste Versammlung müsse wieder auf eigenem Terrain stattfinden, notfalls müsse die Stadt das Kongresszentrum in der Messe mieten. Den von der Stadt angebotenen Shuttledienst nahm am Donnerstagabend nur eine Handvoll Bürger in Anspruch, er ließ sich per Taxi bewältigen.

Wie erwartet war ein Großteil des Andrangs auf Bürger aus der Fauststraße zurückzuführen, mindestens ebenso präsent aber war der Themenkomplex Rappenweg/altes Rathaus/Feuerwehr/Bajuwarenstraße/Bahnstraße, bei dem alles mit allem zusammenhängt, wie der Bezirksausschuss-Vorsitzende Otto Steinberger (CSU) in seinem Rechenschaftsbericht eingangs sogar grafisch darlegte.

Um eine elf Hektar große städtische Fläche in Haar erschließen zu können, braucht es eine Straße durchs Gewerbegebiet Rappenweg. Für ein Schlüsselgrundstück aber hat eine Truderinger Eigentümerfamilie Baurecht sogar gerichtlich erstritten. Sie will die Fläche nur abtreten, wenn sie im Tausch das alte Rathaus an der Truderinger Straße bekommt - und das danebenliegende Grundstück, auf dem die Feuerwehr untergebracht ist. Weil die Stadt es versäumt hat, für die Feuerwehr eine Ersatzfläche zu finden, will sie nun an der Bajuwarenstraße einen Interimsbau hinstellen, angeblich für sechs Millionen Euro. Dies hätte zur Folge, dass 28 laut Bürgern bis zu 100 Jahre alte Bäume gefällt werden müssten und sich Bewohner eines städtischen Mietshauses "wie eingemauert" fühlen würden. Diese und deren Nachbarn sprachen von Klimaschutz, Gesundheitsschutz. Sie verlangten ein Ende der Tauschverhandlungen.

Die Stadt spare ja sechs Millionen Euro, wenn die Feuerwehr bleibt, die könne sie anbieten als Kaufsumme für die Rappenweg-Fläche. Eine Bürgerin brachte sogar die Möglichkeit einer Enteignung ins Spiel. Auf jeden Fall verlange man Transparenz: Die Rede war davon, dass hier 1500 Quadratmeter "in 3c-Lage" getauscht werden sollen gegen fast 3000 in "1a-Lage". Podiuk und auch die Vertreterin des Kommunalreferats erklärten, solche Details seien nicht öffentlich. Der Sprecher der tauschwilligen Eigentümerfamilie erklärte jedoch am Freitag der SZ auf Anfrage, in Trudering seien es nur 2600 Quadratmeter, am Rappenweg wolle die Stadt mehr als 1500. Beide Immobilen seien von Gutachtern bewertet, die Stadt habe diese Ausgangslage akzeptiert, weil eben am Rappenweg die Erschließung in Haar hänge: ein Wert an sich.

Die Versammlung aber nahm all die Anträge mit großer Mehrheit an, auch den, dass für die Feuerwehr gleich eine endgültige Lösung gefunden werden solle, falls der Tausch wirklich unumgänglich sei.

Die geplante Straße am Rappenweg war immer auch die Hoffnung der Menschen an der Bahnstraße, durch die die Laster vom Haarer Kieswerk donnern. Haar hat nun sein Teilstück bereits gebaut - jedoch nicht schwerlasttauglich. Haar aber müsse eine Lösung auf eigener Flur ermöglichen: Deshalb forderte ein Anlieger der Bahnstraße deren Sperrung für Lastwagen, zudem eine Beseitigung der Straßenschäden, vorsorglich auch Poller oder Bordsteinerhöhungen. Auf gleichlautende Anträge früherer Jahre habe er nicht einmal Antworten erhalten, kritisierte der Mann entrüstet.

Wer schlecht zu Fuß war, wurde auf Stadtkosten mit dem Taxi kutschiert. (Foto: Florian Peljak)

Um Verkehr ging es auch der Bürgerin, die die Folgen der Bebauung des Piederstorfer Geländes in Neuperlach auf die Friedrich-Creuzer-Straße und die Friedenspromenade in Trudering fürchtet. Diese seien nicht bewältigbar, daher müsse die Stadt die Dichte des dortigen Neubaugebiets reduzieren: Eine Mehrheit war auch ihr gewiss.

Große Mehrheiten für ihre Anliegen erzielten auch die Bürger, die sich gegen eine Bebauung der Fläche Fauststraße 90 in der Truderinger Grenzkolonie wandten. Sie brachten erneut alle Argumente vor, die sie bereits bei der Einwohnerversammlung im Juni ins Feld geführt hatten, wie die Lage im Landschafts- und Wasserschutzgebiet und den Verkehr. Gefordert wurde ein unabhängiges Naturschutzgutachten, ein Notfallplan, falls das Wasserschutzgebiet beeinträchtigt werde, und auch die Wiederertüchtigung der alten Sporteinrichtungen dort.

Die anderen Probleme der Bürger wie Zigarettenkippen am Riemer S-Bahnhof, McDonald's-Müll auf den Straßen, schlechte Anschlüsse zwischen U-Bahn und Bus in der Messestadt oder auch die fehlende Grüne Welle auf der Wasserburger Landstraße nahmen sich gegen die beiden großen Komplexe fast klein aus, obwohl sie Sympathie im Saal fanden. Eine städtische "Beschwerdestelle" in der Messestadt lehnte eine große Mehrheit ab.

Nach der Versammlung waren die Neuperlacher Straßen dicht: Die meisten waren offenbar mit dem Auto gekommen.

© SZ vom 07.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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