Gleichberechtigung in der Politik:Sechs Beispiele fürs Ehrenamt

Eine Konferenz zeigt die Vielfalt des weiblichen Engagements.

Von Melanie Staudinger und Pia Ratzesberger

Sechs Beispiele fürs Ehrenamt: Feminismus ist nicht nur für Weiße

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(Foto: Robert Haas)

Die ersten neun Lebensjahre verbrachte Nuschin Rawanmehr in Iran, dann floh sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Sie kennt Strukturen, in denen Frauen zu schwach sind und Männer das Sagen haben. "Das habe ich nie akzeptiert", sagt die 40-Jährige. Sie selbst ist aus ihrer Familie ausgebrochen und lebte lieber in einem Mädchenwohnheim. Heute will sie anderen Mädchen und Frauen helfen und sie bestärken, gerade Münchnerinnen mit Migrationshintergrund. "Feministische Debatten werden sehr oft nur von weißen Frauen geführt", sagt Rawanmehr. Wichtig sei aber, dass alle Frauen mit ihrer Geschichte zu Wort kommen. Die Sozialpädagogin engagiert sich in der Gruppe "Frauen der Welt" und bietet zusätzlich Selbstbehauptungskurse für Mädchen und Frauen an.

Gespräche über Lebensentwürfe

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(Foto: Robert Haas)

Julia Jäckel spricht mit Anke über Menschen, die gegen Rechtsextremismus und die AfD kämpfen. Sie redet mit Alessa über ihre Arbeit als Schiedsrichterin und mit Nicole Gohlke von der Linken über ihr politisches Werden und Wirken. Das alles ist nachzuhören im Podcast Abendgrün im Internet (abendgruen.de), mit dem die 40-Jährige während ihrer Elternzeit begonnen hat. "Ich will mit Frauen ins Gespräch kommen, ihnen eine Stimme geben und die Vielfalt weiblicher Lebensentwürfe zeigen", sagt Jäckel. Warum sie mit den Internetbeiträgen angefangen hat? Weil Podcasts in der Anfangszeit eine sehr technische und männliche Blase gewesen sei, berichtete sie. "Es hat mich gereizt, mich da reinzufuchsen", sagt Jäckel. Mittlerweile gibt es viele Frauen in dem Bereich.

Hilfe für Helferinnen

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(Foto: Robert Haas)

Die Polizeibeamtin Christiane Kern engagiert sich schon seit ihrer Ausbildungszeit, zuerst in der "Jungen Gruppe" der Gewerkschaft der Polizei, dann bei der Frauengruppe und schließlich auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund München, wo sie ebenfalls ehrenamtlich neben ihrem Beruf als Hauptpersonalrätin bei der bayerischen Landespolizei die Frauen vertritt. Zusätzlich engagiert sie sich im Bezirksausschuss für die Münchner Stadtteile Untergiesing und Harlaching. "Für Frauen ist es oft schwierig, Beruf, Familie und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen", sagt die 45-Jährige. Dabei gebe es durchaus Hilfsangebote. Zum Beispiel bezahlen die Gewerkschaften während ihrer Kongresse die Kinderbetreuung. Das wiederum sei nur wenig bekannt.

Erst aufsteigen, dann zurückgeben

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Ihr Vater war ein einfacher Beamter bei der Bundesbahn, die Mutter Hausfrau - und doch konnte Christa Weigl-Schneider studieren. Sie wurde Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Familienrecht. Mit 55 Jahren setzte sie sich zur Ruhe. Beschäftigt ist sie seitdem dennoch ganz gut. Sie engagiert sich im Deutschen Juristinnenbund, im Verein Tusch (Trennung und Scheidung), im Verein für Fraueninteressen und im Stadtbund Münchner Frauenverbände. Sie sitzt in der Stadtratskommission zur Gleichstellung der Frauen. "Ich wollte der Gesellschaft etwas zurückgeben", sagt sie. Ein politisches Amt aber habe sie nie angestrebt, lieber sei sie überparteilich aktiv: "Mir ist wichtig, dass ich mit allen Frauen über Parteigrenzen hinweg sprechen und arbeiten kann."

Aus der Not wird eine Tugend

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Ihre Mutter ist Chemikerin, doch als sie in den Neunzigerjahren nach München kam, war sie das nicht mehr. Es war nicht möglich, die Zeugnisse anerkennen zu lassen und so tat sich Zarifs Mutter mit anderen Intellektuellen aus ihrer Heimat zusammen und gründete Anfang der Jahrtausendwende den Verein Afghanische Frauen. Tamina Zarif ist mit dem Verein aufgewachsen. Sie war damals zehn Jahre alt und heute, mit 30 Jahren, engagiert sie sich dort noch immer: "Wir unterstützen uns im Verein gegenseitig und auch andere Frauen, die unseren kulturellen Background haben." Tamina Zarif und die anderen fünfzehn Mitglieder sind zum Beispiel in Unterkünften für Geflohene unterwegs. Sie dolmetschen dort, helfen beim Planen der Zukunft und klären junge Mädchen auf.

Forum für Einzelkämpferinnen

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(Foto: Robert Haas)

Vor zwanzig Jahren schon hat Sybille Stotz für die Rechte der Frauen gekämpft und sie kämpft noch immer, im Autonomen Feministischen Forum. Dort schließen sich "engagierte Einzelfeministinnen" zusammen, Stotz, 56, hat das Forum mit gegründet. Einerseits gibt es heute große Aufmerksamkeit für ihre Themen, anderseits hätten sich die Rollenbilder gerade bei Mädchen und Jungen noch einmal verstärkt, sagt Stotz - daran gibt sie vor allem den Pornos aus der Industrie die Schuld, in denen Frauen noch immer alleine Objekt sind, die von Männern erniedrigt werden. "Die Bilder setzen sich in den Köpfen von elfjährigen Jungs fest. Dann wird ein Machtverhältnis gesetzt, das bleibt." Das Forum fordert unter anderem auch ein Verbot von Prostitution und eine Bestrafung von Freiern.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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