Giovane Elbers Do Brazil:"Da waren Amateure an der Arbeit"

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Jongleur Cotton McAloon ist wütend: Nach der Pleite von Giovane Elbers Dinner-Show wartet er wie viele andere auf sein Geld. Er fühlt sich ausgenutzt.

Stephanie Höll

sueddeutsche.de: Herr Mc Aloon, Sie haben als Jongleur bei Do Brasil mitgewirkt. Inwiefern sind Sie von der Insolvenz betroffen?

Der Jongleur Cotton McAloon hat seine Gage für Dezember noch nicht erhalten - schlimmer als ihn hätte es jedoch die kleinen Leute wie Kellner, Putzleute und Garderobenmitarbeiter getroffen. (Foto: Foto: Cotton McAloon)

Cotton McAloon: Ich wurde für fünf Monate engagiert, habe drei Monate gearbeitet und Geld für zwei Monate bekommen. Die Wintersaison, in der ich normalerweise meinen Lebensunterhalt für das gesamte Jahr verdiene, ist komplett gelaufen für mich.

sueddeutsche.de: Man munkelt, dass manche Mitarbeiter seit Monaten kein Geld bekommen haben.

Cotton McAloon: Ich bin der einzige unter den Künstlern, der sein Geld für Dezember noch nicht bekommen hat. Viel schlimmer hat es die kleinen Leute wie Kellner, Putzkräfte, Büroleute, Garderobenmitarbeiter und Techniker getroffen. Einige von ihnen haben Monate lang umsonst gearbeitet.

sueddeutsche.de: Wieviele Ihrer Kollegen warten noch auf ihren Lohn?

Cotton McAloon: Ich denke ungefähr 50. Da gibt es zum Beispiel die Frau von der Garderobe. Sie ist 65 Jahre alt und drei Monate lang trotz ihres kaputten Beins jeden Tag eine halbe Stunde mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren, weil sie sich die U-Bahnkarte nicht leisten kann. Jetzt hat sie täglich acht Stunden lang umsonst gearbeitet. Das ist eine Sauerei. So etwas tut man nicht. Als Unternehmen hat man auch eine Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern.

sueddeutsche.de: Was tun Sie, um Ihr Geld zurückzubekommen?

Cotton McAloon: Ich werde tun, was ich kann. Am Freitag haben sich die beteiligten Künstler mit dem Insolvenzverwalter getroffen. Er hat uns erklärt, dass wir einen Monat lang warten müssten, bis die ganze Insolvenzprozedur durch ist. Erst dann könnten wir versuchen, etwas zurückzuverlangen. Aber offensichtlich gibt es nichts zu holen, da die Veranstalter auf einem Schuldenberg von 800.000 Euro sitzen.

sueddeutsche.de: Welche Fehler haben Giovane Elber und die anderen Verantwortlichen gemacht?

Cotton McAloon: Da waren Amateure an der Arbeit. Damit die Veranstaltung sich rentiert, mussten 400 zahlende Gäste pro Abend kommen. Ich schätze aber, dass täglich nur circa 200 Gäste im Publikum saßen. Letztlich war die ganze Unternehmung von Vornherein falsch kalkuliert. Denn es passiert nie, dass eine Show gleich im ersten Jahr täglich komplett ausgebucht ist, was bei einer Kalkulation von 400 Gästen pro Tag der Fall hätte sein müssen. Das ist komplett unrealistisch. Da waren sehr naive Produzenten am Werk.

Auf der zweiten Seite: Was Cotton McAloon von Giovane Elber hält und warum er so wütend auf die Veranstalter ist.

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sueddeutsche.de: Hatte der Name Giovane Elber nicht die erhoffte Anziehungskraft?

Cotton McAloon tourte mit dem Cirque Baroque durch Madagaskar und Mauritius, performte im Théatre Antique d`Orange mit Marcel Marceau in Mozarts "Zauberflöte" und begeisterte das Publikum auf dem Edinburgh Theatre Festival, dem Hong Kong Fringe Festival und dem Comedy Festival in Moers. (Foto: Foto: Cotton McAloon)

Cotton McAloon: Doch, ich denke, dass ohne Giovane Elber noch viel weniger Leute gekommen wären, als ohnehin schon da waren. Ich fand den Giovane ganz nett. Er war immer gut zu mir. Ich weiß auch nicht genau, wie sein Deal mit den Veranstaltern war. Jedenfalls sitzt der jetzt mit seinen Millionen wieder in Brasilien und die kleinen Leute hier in Deutschland haben alle umsonst gearbeitet. Das ist nicht fair.

sueddeutsche.de: Was hätte man besser machen können?

Cotton McAloon: Weniger Anspruch, weniger Kosten. Die haben viel Geld verschwendet, zum Beispiel durch zu hohe Produktionskosten. Offensichtlich haben sie die komplette Veranstaltung auf Kredite gestützt und gehofft, dass sie das Geld durch die Einnahmen wieder zurückbekommen würden. Das war dann leider nicht der Fall.

sueddeutsche.de: Haben Sie die Krise von Anfang an kommen sehen?

Cotton McAloon: Eigentlich nicht, denn die Veranstalter haben mir immer den Eindruck vermittelt, als wüssten sie, was sie tun. Mitte Dezember habe ich erstmals das Gefühl bekommen, dass etwas schief läuft. Es war verdächtig, dass sie die Kellner nicht bezahlten und jeden Abend weniger Kellner bei der Arbeit erschienen. Dann habe ich plötzlich die Büroleute beim Geschirrspülen in der Küche gesehen und da dachte ich mir schon, dass etwas schief laufen muss.

sueddeutsche.de: Sind Sie wütend?

Cotton McAloon: Ja, ich bin wirklich sehr wütend. Iin meinem Beruf verdient man das meiste Geld im Dezember und ich habe jetzt einen Einkommensverlust von insgesamt drei Monaten. Allein für den Monat Dezember schulden die Produzenten mir 15.000 Euro. Jetzt habe ich einen Schaden von rund 30.000 Euro, wenn man den Lohnausfall von Dezember bis Februar zusammenzählt. Und ich habe nach Aussagen des Publikums eine wirklich gute Leistung gebracht bei der Show. Ich habe alles gegeben, was ich konnte für meine Auftritte. Und was bekomme ich als Dank? Sie haben mich ausgenutzt und belogen.

sueddeutsche.de: Sie wurden auch belogen?

Cotton McAloon: Ja, der Geschäftsführer hat mir am vergangenen Donnerstag noch garantiert, dass die Show bis zum Schluss weitergeht und ich meine Gage auf jeden Fall noch bekommen werde. Und am Freitag - einen Tag später - wird plötzlich Insolvenz angemeldet und ich stehe vor dem Nichts. Ich bin jetzt 27 Jahre im Geschäft, so etwas ist mir wirklich noch nie passiert.

sueddeutsche.de: Haben Sie noch Hoffnung, dass Sie Ihr Geld zurückbekommen?

Cotton McAloon: Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber wer soll mir mein Geld geben, wenn da kein Geld ist?

Cotton McAloon ist Jongleur und Entertainer. Er unterhält sein Publikum mit Keulen, Bällen und provokante Gags. Der Comedian ist Gewinner des begehrten "Clown d`Oro Awards" des italienischen TV Senders Rai Uno und Träger der Auszeichnung "Time Out Street Entertainer of the Year", welche jedes Jahr von der Stadt London vergeben wird.

Der in Kalifornien geborene und in Frankreich aufgewachsene McAloon hat bis vor kurzem das Leben eines Weltenbummlers geführt. Er tourte mit dem Cirque Baroque durch Madagaskar und Mauritius, trat im Théatre Antique d`Orange mit Marcel Marceau in Mozarts "Zauberflöte" auf und begeisterte das Publikum auf dem Edinburgh Theatre Festival, dem Hong Kong Fringe Festival und dem Comedy Festival in Moers. Bei Giovane Elbers Dinnershow Do Brazil sollte er während der Wintersaison auftreten.

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