Gesundheit:Stadt zahlt den Arzt für Unversicherte

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Ein neuer Fonds unterstützt Menschen ohne Krankenkasse - bisher sind sie auf Spenden und Ehrenamtliche angewiesen

Von Sven Loerzer

Um die medizinische Versorgung von Menschen zu verbessern, die nicht krankenversichert und mittellos sind, richtet die Stadt jetzt eine Clearingstelle ein und einen Gesundheitsfonds, für den jährlich 500 000 Euro bereitstehen. Denn viele Zuwanderer aus EU-Ländern, die arbeitslos sind, sind nun auf humanitäre Hilfe angewiesen - seit einer Verschärfung der Gesetze im vergangenen Jahr haben sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Betroffen als Nichtversicherte seien aber auch deutsche Staatsbürger und Menschen aus Drittstaaten mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, berichtet Sozialreferentin Dorothee Schiwy auf einen Antrag der SPD-Stadtratsfraktion hin. Weit mehr als 1000 Nichtversicherte sind von Hilfsorganisationen im vergangenen Jahr dank ehrenamtlichen Einsatzes und Spenden kostenlos behandelt worden.

Zum Beispiel vom Verein Ärzte der Welt: Er kooperiert mit etwa 100 ehrenamtlich tätigen Ärzten und wird von 70 ehrenamtlich aktiven Mitgliedern unterstützt. So konnte er im Jahr 2017 insgesamt 342 Menschen ohne Krankenversicherung behandeln, die Anlaufstelle des Malteser Hilfsdiensts zählte knapp 450 Patienten. Die Arztpraxis für Wohnungslose im Haus an der Pilgersheimer Straße und die Straßenambulanz des Katholischen Männerfürsorgevereins kümmerten sich um 257 Patienten, in die Arztpraxis der Obdachlosenhilfe der Barmherzigen Brüder in Sankt Bonifaz kamen 703 Patienten. Eigentlich seien Bund und Land dafür zuständig, die Gesundheitsversorgung sicherzustellen, betont Schiwy. Doch übergangsweise müsse sich die Stadt darum kümmern, weil sonst die Gesundheit der Menschen in München akut gefährdet sei, wenn Erkrankungen unbehandelt blieben. Andere Personen könnten sich anstecken, Vor- und Nachsorge bei Geburten und die Behandlung chronisch Erkrankter seien nicht möglich.

Um die Lage zu verbessern, ist jetzt der Sozialausschuss des Stadtrats Schiwys Vorschlag gefolgt und hat beschlossen, im Rahmen eines dreijährigen Pilotprojekts eine mit zwei Fachkräften besetzte Clearingstelle Gesundheit einzurichten. Sie soll im Einzelfall prüfen, ob man nicht doch einen Versicherungsschutz herstellen kann, und den Betroffenen bei der Durchsetzung eines solchen Anspruchs helfen. In anderen Kommunen, die bereits eine Clearingstelle haben, gelingt es damit, immerhin 20 bis 30 Prozent der Ratsuchenden in der regulären Versorgung unterzubringen, in dem komplizierte Rechtsansprüche auf Krankenversicherung geklärt werden. Die Clearingstelle wird außerdem den neuen Gesundheitsfonds verwalten, der jährlich mit 500 000 Euro ausgestattet wird. Daraus soll dann für mittellose Nichtversicherte, die in München leben, die medizinische Versorgung bezahlt werden. Insgesamt rechnet die Stadt mit Kosten in Höhe von 713 000 Euro jährlich.

Zusätzlich wird das Sozialreferat das "Café 104" fördern, das Migranten mit einem ungeklärtem Aufenthaltsstatus berät. Die Klärung in Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde erfolgt bislang ehrenamtlich. Da die Mitarbeiter an ihre Grenzen stoßen, soll der Verein nun einen Zuschuss für eine halbe Fachkraftstelle und Sachkosten bekommen, insgesamt 55 000 Euro jährlich.

© SZ vom 19.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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