Geschichte des Rathausbündnisses:Als die CSU in die Knie ging

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Vor 20 Jahren übernahm die SPD mit den Grünen das Ruder im Münchner Rathaus. Die CSU musste in die Opposition. Eine kleine Geschichte des Rathausbündnisses.

J. Bielicki

Am Abend des 18. März 1990 war große Freude unter den Sozialdemokraten. Genau 348.423 Münchner hatten OB Georg Kronawitter im Amt bestätigt - in absoluten Zahlen mehr Wähler, als sein Nachfolger Christian Ude später je erreichen würde.

Vor allem aber war die SPD endlich wieder stärkste Partei im Rathaus, weit vor dem Wahlverlierer CSU. Es gab eine klare Ratsmehrheit für Rot-Grün. Doch dass Kronawitter, in der eigenen Partei als Linkenfresser berüchtigt, sich mit den Grünen zusammentun würde, galt als ausgeschlossen.

Und doch kam es so. Zwar verhandelte Kronawitter am 27. April, einem Freitag, noch einmal mit Peter Gauweiler, dem starken Mann der München-CSU - doch nur, um tags darauf den eigenen Parteifreunden spöttisch zu erzählen: "A bisserl großspurig ist er dagesessen - ich habe nur noch darauf gewartet, dass er mit den Hosenträgern schnalzt."

Noch am selben Freitagabend hatten SPD und Grüne ihre Vereinbarung über eine "soziale und ökologische Orientierung der Stadtpolitik" unterzeichnet. Der Stadtrats-Neuling Ude wurde zweiter Bürgermeister, die Grüne Sabine Csampai dritte Bürgermeisterin.

Seither hat das Bündnis alle Krisen überstanden, ob es anfangs um das Ausmaß der Verkehrsberuhigung, die Messeverlagerung und der Ausstieg der Stadt aus dem Atomkraftwerk Ohu ging oder am Ende um Münchens Olympia-Bewerbung und die S-Bahn-Stammstrecke.

Als Kronawitter 1993 seinen vorzeitigen Rücktritt "aus gesundheitlichen Gründen" erklärte und die Münchner seinen "Wunschnachfolger" Ude tatsächlich mit 50,7 Prozent der Stimmen gegen Gauweiler zum OB bestimmten, stand das Bündnis längst stabil da - so stabil, dass es sogar die Niederlage in der gerichtlich angeordneten Ratswahl 1994 überstand.

Kleinere Parteien wie David gegen Goliath und ÖDP stützten die rot-grüne Stadtregierung. Bei der nächsten Ratswahl zwei Jahre später brachte Einzug der Rosa Liste, die sich der grünen Fraktion anschloss, dem nun rot-grün-rosa Rathaus-Bündnis eine Ein-Stimmen-Mehrheit.

Noch im selben Jahr erlitt Rot-Grün seine schwerste Niederlage. In einem Bürgerentscheid konnte die CSU im Sommer 1996 ihre Forderung nach dem Bau von drei Straßentunneln am Mittleren Ring durchsetzen. Doch die knappe Schlappe sollte sich als segensreich für Rot-Grün erweisen. Das Tunnelvotum entschärfte den ideologischen Streit um die Verkehrspolitik.

Die Münchner wählten OB Ude 1999, 2002 und 2008 mit Ergebnissen jenseits der 60 Prozent wieder. Rot-Grün-Rosa wurde bei den Wahlen 2002 und 2008 immer stärker. Der Einzige, der dem Bündnis noch eine Niederlage zufügen konnte, war sein Mitgründer: Alt-OB Kronawitter setzte 2004 gegen den Widerstand aller Ratsfraktionen per Bürgerentscheid durch, dass Hochhäuser nur noch hundert Meter in den Himmel über München ragen dürfen.

Lesen Sie weitere Berichte zu 20 Jahre Rot-Grün in München in der Printausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 17. März. Hier geht es zum Probe-Abo.

© SZ vom 17.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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