Geschäftsidee für Münchner Gaststätten:Das Ende der Warteschlange

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Ein Münchner Start-up verspricht das Ende des Anstehens: in Gaststätten sollen die Kunden ihre Speisen und Getränke künftig per Smartphone bestellen - und bezahlen. In einigen Sportstadien funktioniert das schon.

Von Katja Riedel

Vielleicht liegt alles daran, dass Dirk Röder sehr oft sehr großen Durst hat. Zur trockenen Kehle gesellt sich dann das Gefühl, die Bedienung schaue überall hin, nur nicht dort, wo er gerade verzweifelt ihre Blicke sucht. Das habe ihn schon oft geärgert - und ihm nun einen neuen Job beschert, sagt er.

Der nahm Gestalt an, als Röder im Herbst 2011 bei der Eröffnung des Restaurants "La Baracca" am Maximiliansplatz zu Gast war. Dort liegen Tablet-Computer auf den Tischen, die Kunden bestellen elektronische E-Menüs, direkt in der Küche. Teure Tablets, inmitten von Bier, Wein und Wasser? "Mensch, habe ich da gedacht. Warum sollen sich Gastronomen teure Geräte kaufen, wenn eh jeder ein Smartphone in der Tasche hat?", sagt Röder jetzt - ein gutes Jahr, nachdem er mit zwei Mitstreitern das Start-up-Unternehmen Opentabs gegründet hat.

Der Name kommt aus dem Englischen und beschreibt den Moment, in dem die Bestellung auf dem Bierdeckel notiert wird - nun aber nicht mehr mit Kugelschreiber und nicht mehr vom Kellner, sondern vom Kunden selbst und digital.

Das System Opentabs kann jeder nutzen, der sich die gleichnamige App auf sein Telefon lädt. Und der Kunde kann dann nicht nur Kaffee, Würstchen oder Bier bestellen, sondern in der neuesten Version sogar zugleich bezahlen; die Firma arbeitet mit dem Dienstleister Vectron zusammen, der in Deutschland 90.000 Kassensysteme betreibt. Wenn die digitale Bestellung eingeht, wirft die Kasse einen Bon aus, als hätte ein Mitarbeiter die Order per Hand eingegeben. Der Zettel geht dann, wie in Coffeeshops üblich, seinen Weg: zum Barista, der den Kaffee zubereitet. Der Kunde zeigt diesem am Ende auf dem Handy seine elektronische Quittung und nimmt den Kaffee mit, erklärt Dirk Röder.

Ein Modell, das er und seine beiden Mitstreiter Nicolas Plögert und Sebastian Heise seit Januar in einer Filiale der San Francisco Coffee Company am Kurfürstenplatz getestet haben und das in der vergangenen Woche in zunächst 17 weiteren Filialen gestartet ist. Schritt für Schritt soll es Opentabs dann in allen Läden der Kaffeehauskette geben. Überall, wo Selbstbedienung gefragt ist und wo es viel Laufkundschaft gibt, will das Unternehmen neue Partner gewinnen: Schnellimbisse, Kinos, vielleicht auch Biergärten.

"Unser Motto heißt: In der Schlange stehen ist auch vorne blöd", sagt Röder. Man merkt dem studierten Betriebswirt an, dass er sich im Marketing auskennt. Dafür war er unter anderem bei Audi zuständig, "in Los Angeles, für Hollywood", sagt er. Das neue digitale Bestell- und Bezahlsystem soll nun den Kaufvorgang beschleunigen - um bis zu 70 Prozent. Diese Zeitersparnis hat Röder etwa für den Popcornkauf im Kino errechnet, aktuell verhandelt er mit einer großen deutschen Kinokette. "Warteschlangen sind totes Kapital, kosten Umsatz, Zeit und nerven den Kunden", glaubt er. Und wer eine Schlange sehe, trinke seine Cola vielleicht lieber im Café vor dem Kino als im Sessel während der Vorstellung.

"Wir sehen uns als Technikbrücke"

Im Einsatz ist Opentabs schon jetzt bei großen Sportveranstaltungen. Dort können Kunden Snacks ordern, während das Spiel läuft, die Erfrischung kommt dann direkt an den Platz, dank Sitznummer. Schon seit Mai vergangenen Jahres können die Bamberger in der Stechert-Arena so ihr Bier bestellen. Auch in der Imtech-Arena des HSV, in der Fraport-Arena in Frankfurt am Main und in der Generali-Arena in Wien gibt es das Bestell- und Bezahlsystem bereits.

Seit zwei Wochen können die Fans auch beim FC Bayern digital bestellen, allerdings zunächst nur beim Basketball im Audi-Dome. Röder gibt sich zuversichtlich, dass die Allianz-Arena bald folgen könnte. Mehr als tausend Euro seien jetzt schon am ersten Basketball-Tag abgewickelt worden, bisher Rekordumsatz, sagt Röder. Gewinn haben sie mit Opentabs noch nicht erzielt. Gerade suchen sie neue Kapitalgeber.

"Wir sehen uns als Technikbrücke zwischen Gast und Gastronom", sagt der Gründer über sein Geschäftsmodell. Die Zahlung wickeln das Münchner Unternehmen Payworks und Masterpayment aus Starnberg ab. Kunden müssen dort Visa- oder Mastercard-Daten hinterlegen, sie können sie mit einer PIN sichern. Danach erkennt das System den Nutzer. Der kann auch abrufen, was er zuletzt bei einem bestimmten Anbieter bestellt hat. Das weiß dann auch Opentabs, gibt Dirk Röder zu. Ein Datenschutzproblem sieht er darin jedoch nicht. Schließlich verpflichte sich die Firma, die Nutzerdaten nicht weiterzugeben, beteuert er.

© SZ vom 24.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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