Gerichtsurteil:Vorsicht, Betrunkene!

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Von Betrunkenen kann man nicht erwarten, dass sie sich an Verkehrsregeln halten. Autofahrer müssen deshalb während der Oktoberfestzeit besonders aufpassen.

Ekkehard Müller-Jentsch

Passend zum Wiesnstart gibt es eine rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts München: Es sei "amtsbekannt", dass zur Oktoberfestzeit nachts im Umfeld der Theresienwiese größere Mengen Betrunkener unterwegs seien, "bei denen nicht immer erwartet werden kann, dass sie sich an die Verkehrsregeln halten". Ein Verkehrsteilnehmer muss seine Geschwindigkeit daran anpassen, sonst trägt er im Falle eines Unfalls die halbe Mitschuld, hat das Gericht in einem Urteil festgestellt.

Auslöser für diese Entscheidung war eine Motorradfahrerin, die während der Wiesn 2006 um Mitternacht mit Tempo 40 bis 50 auf der Paul-Heyse-Straße fuhr. An der Kreuzung zur Schwanthalerstraße lief ihr ein bierseliger Fußgänger bei Rot direkt vor die Maschine. Durch das Bremsmanöver stürzte sie, erlitt Schürfwunden und Blutergüsse sowie eine Prellung. Auch das Motorrad wurde beschädigt. Insgesamt betrug der Sachschaden 2478 Euro. Diesen Betrag verlangte sie von dem Fußgänger, der den Unfall verursacht hatte, ebenso wie 1000 Euro Schmerzensgeld.

Der Oktoberfestbesucher weigerte sich jedoch zu zahlen. Als der Fall deswegen vor das Amtsgericht kam, schilderte er dem Richter: Er sei bei Grünlicht auf die Kreuzung gegangen. Ein Freund habe ihm etwas zugerufen, er habe sich umgedreht - "dabei muss die Ampel von Grün auf Rot gesprungen sein". Die Motorradfahrerin sei sofort losgefahren, ohne auf ihn zu achten.

Der Richter sprach der klagenden Motorradfahrerin daraufhin nur 50 Prozent ihres Sachschadens zu: Natürlich trage der Fußgänger eine Mitschuld, weil er die Straße nicht zügig überquert, sondern angehalten habe, um sich seinem Bekannten zuzuwenden - "so hat er ein Hindernis auf der Straße gebildet".

Die andere Hälfte der Schuld liege jedoch bei der Motorradfahrerin. Zur Oktoberfestzeit seien nächtens doch bekanntermaßen auf der Schwanthalerstraße "größere Mengen Betrunkener unterwegs, bei denen nicht immer erwartet werden kann, dass sie die Verkehrsregeln einhalten", sagte der Amtsrichter.

Die Kraftfahrerin hätte daher ihre Geschwindigkeit anpassen müssen, um diesen jederzeit ausweichen zu können. In der gefahrenen Geschwindigkeit von 40 bis 50 Stundenkilometern - "trotz dieser offensichtlichen und amtsbekannten Gefahrensituation" - liege das Mitverschulden der Klägerin. Unter diesen Umständen habe sie, auch angesichts der eher geringfügigen Verletzungen, zudem keinen Anspruch auf Schmerzensgeld (Aktenzeichen:331C22085/07).

© SZ vom 16.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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