Gericht:"Jetzt raus mit der Kohle"

Lesezeit: 2 min

Angeklagter will Banküberfall mit Schlagstock aus Furcht vor Stimmen verübt haben

Von Andreas Salch

Im ersten Moment dachte sie, der Mann mit der schwarzen Regenjacke und der roten, tief ins Gesicht gezogenen FC-Bayern-Mütze mache einen "schlechten Scherz". Er hatte gefordert: "Jetzt raus mit der Kohle." Als er schließlich auf sie zulief, bekam es Verena A. ( Name geändert) mit der Angst zu tun. Jetzt bemerkte sie, dass der Mann einen Schlagstock in der Hand hielt. Es war am 2. März dieses Jahres, als Andy Y. die Filiale der Sparkasse in der Heimeranstraße überfallen hat. Seit Mittwoch muss sich der 24-Jährige vor der 10. Strafkammer am Landgericht München I verantworten.

Ärzten zufolge litt Andy Y. an paranoider Schizophrenie, als er den Überfall beging. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft beantragt, den Münchner in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik unterzubringen. Denn in unbehandeltem Zustand sei der Beschuldigte eine Gefahr für die Allgemeinheit.

Nach der Tat wurde Andy Y. mit Beschluss des Amtsgerichts München im Isar-Amper-Klinikum in München-Haar einstweilig untergebracht. Zum Prozessauftakt legte er ein Geständnis ab und räumte ein, psychische Probleme zu haben. Als er vor der Verhandlung mit seinem Verteidiger über die Tat gesprochen habe, habe er sich selbst "ausgelacht", sagt der 24-Jährige zu Richterin Judith Engel. Wenn er daran denke, was er gemacht habe, erkenne er sich selbst nicht wieder. Seine psychischen Probleme rührten wohl vom Drogenkonsum her, mutmaßt Andy Y. Den Überfall habe er "vor lauter Furcht" verübt. Furcht vor Stimmen, die er geraume Zeit zuvor unablässig gehört habe. Warum er deshalb eine Bank überfallen hat, vermag Andy Y. der Richterin nicht schlüssig zu erklären. "Ich weiß nicht. Ich brauche ambulante Hilfe, um ein bisschen unter Kontrolle zu sein", lautet seine Antwort. "Ambulante Hilfe", sagt der 24-Jährige immer wieder. Dass die Staatsanwaltschaft seine zeitlich unbefristete Unterbringung in einer geschlossen psychiatrischen Klinik fordert, hat er offenbar noch nicht verstanden.

Verena A. hatte, nachdem sie Andy Y. in der Bank angeherrscht hatte, ihre Chefin alarmiert. "Da steht jemand mit einem Schlagstock." Als die Filialleiterin schließlich zum Schalter kam, hatte sie Andy Y. gefragt: "Wie kann ich Ihnen helfen?" Sie habe die Situation nicht ernst genommen, räumte die Bankkaufrau bei ihrer Vernehmung vor Gericht ein. Obwohl Andy Y. noch immer den Schlagstock in der Hand hielt, hatte sich die Filialleiterein geweigert, ihm Geld zu geben. Daraufhin hatte der 24-Jährige sich auf einen Stuhl gesetzt und sich von der inzwischen alarmierten Polizei widerstandslos festnehmen lassen. Auf die Frage des Staatsanwalts, ob sie im Nachhinein ihr Verhalten mal reflektiert habe, antwortete die Bankkauffrau: "Ja, es war absolut leichtsinnig." Es sei "schon sehr leichtsinnig" gewesen, erwidert der Anklagevertreter und warnt die Zeugin: "Sie wissen nicht, wen Sie vor sich haben." Der Prozess dauert an.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: