Gerichtsurteil:Golfclub muss für Ausrutscher zahlen

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Das Ergebnis von vier Jahren Gerichtsstreit: 30.000 Euro muss der Golfclub München-Aschheim einer Frau zahlen, die auf glitschigem Untergrund ausgerutscht war. Die Klägerin hatte eine deutlich höhere Summe gefordert - und sie könnte tatsächlich noch mehr Geld bekommen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Fast vier Jahre lang hat eine Münchner Ärztin mit ihrem früheren Golfclub München-Aschheim um Schmerzensgeld und Schadenersatz gestritten. Die damals 67-Jährige war auf einer glitschigen kunststoffbeschichteten Rampe ausgerutscht und hatte sich einen komplizierten Trümmerbruch der rechten Schulter zugezogen. Rund 140.000 Euro verlangte die Medizinerin - bekommen wird sie etwa 30.000 Euro, da das Landgericht München I ihr eine erhebliche Mitschuld an dem Unfall gibt.

Die Ärztin, damals Mitglied und Mitgesellschafterin des Clubs, war im Juli 2009 über einen Weg gelaufen, der mit einer hellgrünen elastischen Kunststoffmasse beschichtet war. Der Belag dieser "Rampe" sei insgesamt ziemlich ungepflegt gewesen und habe Beulen und aufgebrochene Stellen aufwiesen, sagt sie.

An diesem Morgen sei es wegen nächtlicher Regenfälle besonders glitschig gewesen. Sogar der später zur Unglücksstelle gerufene Notarzt sei gleich ins Straucheln geraten und die Krankentrage, auf die Sanitäter die Verunglückte betten wollten, sei immer wieder weggerutscht.

Die Geschäftsführung der Golfanlage hatte in dem Verfahren darauf pochen wollen, dass es sich um einen Arbeitsweg gehandelt habe, der nicht zur öffentlichen Benutzung gedacht sei. Außerdem habe man 2007 extra zwei Schilder aufgestellt, mit denen ausdrücklich auf die Rutschgefahr hingewiesen werde. Und der Hausmeister kontrolliere die Rampe täglich.

Die Münchnerin machte geltend, dass sie infolge des Unfalls Aufträge als Betriebs- und Gesellschaftsärztin für Firmen und Versicherungen verloren habe. Außerdem habe sie ein Auto mit Schaltautomatik anschaffen müssen - und ihr drohe in den nächsten Jahre Arthrose in der Schulter, womöglich werde sogar ein künstliches Gelenk notwendig.

Klägerin kannte die Tücken des Weges - und benutzte ihn dennoch

Der Einzelrichter der 12. Zivilkammer nahm die Unfallstelle selbst in Augenschein, hörte viele Zeugen an und veranlasste Beweissicherungsverfahren. Unter dem Strich kam er dann zu der Feststellung, dass die Frau als langjähriges Club-Mitglied diesen Weg und seine Tücken gut gekannt habe. Als Golfspieler, der viel laufen müsse, dürfe man auch kleinere Umwege nicht scheuen. Deshalb strich das Gericht der klagenden Medizinerin die Hälfte ihrer Ansprüche. So würden ihr nach diesem Unfall 12.000 Euro Schmerzensgeld zustehen, meint der Richter. Bekommen wird sie aber nur 6000 Euro.

Außerdem zieht das Gericht in Zweifel, dass die 67-Jährige ihre Aufträge nur wegen der langwierigen Unfallfolgen verloren habe - es sei genau so gut denkbar, dass Verträge aus Altersgründen nicht mehr verlängert worden seien; das Gegenteil habe die Frau nicht einmal zu beweisen versucht. Es wurden daher nur knapp 50.000 Euro der Verdienstverluste anerkannt - aber auch davon gibt es wegen des Mitverschuldens nur die Hälfte.

Auch für den Kauf eines Automatikautos muss der Golfpark nicht aufkommen. "Es hätte für die Übergangszeit auch ausgereicht, Mietfahrzeuge zu nehmen oder Taxen, oder sich - für die alltäglichen Besorgungen - auf den Lebensgefährten zu verlassen", stellte der Richter fest. Sollten aber tatsächlich weitere Operationen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund des Unfalls folgen, müsse die Golfanlage dafür mit 50 Prozent haften, wird im Urteil festgelegt.

Nach dem Unfall kündigte ihr der Golfclub sofort

Den Betreibern der Golfanlage wird in dem Urteil zur Last gelegt, dass sie von der Gefahrenstelle Kenntnis hatten und auch wussten, dass zahlreiche Golfer und Clubbesucher diese sogenannte Rampe benutzen. Das Warnschild allein sei nicht ausreichend, zumal es erst mehrere Meter nach dem Beginn der gefährlichen Strecke aufgehängt worden sei. Das Gericht wies auch die Auffassung der Clubleitung zurück, dass die Frau ohne Startzeitbuchung gar nicht auf den Golfplatz gedurft hätte: Einem Mitglied könne nicht verwehrt werden, sich auf der Anlage aufzuhalten.

Ob der langjährige Rechtsstreit damit begelegt ist, ist fraglich. Zumal es die Münchnerin tief getroffen hat, dass der Golfclub ihr nach dem Unfall sofort kündigte und ihrem Lebensgefährten gleich mit. Beide Seiten können Berufung beim Oberlandesgericht München gegen das Urteil einlegen.

© SZ vom 04.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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