Georg Kronawitter wird 85:Drei Mal hoch

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Münchner Alt-OB Georg Kronawitter. (Foto: dpa)

Er wurde Nachfolger seines Nachfolgers und regierte 15 Jahre lang im Münchner Rathaus. Altoberbürgermeister Georg Kronawitter feiert am Sonntag seinen 85. Geburtstag.

Von Berthold Neff

Sportler, so sagt man, sind erst dann richtig groß, wenn sie ausgeknockt wurden, abgeschrieben sind und stärker denn je wiederkommen, wenn niemand mehr mit ihnen rechnet. Georg Kronawitter, der an diesem Sonntag seinen 85. Geburtstag feiert, hat im Verlauf seiner langen Karriere bewiesen, dass diese Regel auch für die Politik gilt. Nach dem Ende seiner ersten Amtszeit, die er 1972 mit einem Wahlergebnis von 55,9 Prozent und dem Slogan "Die Menschlichkeit kommt vor der Rendite" begonnen hatte, galt er bei seiner SPD nicht mehr als mehrheitsfähig. Plötzlich war er einigen zu rechts, anderen zu unmodern und insgesamt zu altbacken. Er zog sich schmollend in seinen Bungalow in Neuperlach zurück - aber nicht lange.

Während im Rathaus erstmals ein CSU-Oberbürgermeister amtierte, plante Kronawitter sein Comeback. Er schaffte es in kleinen Schritten, gewann mal diesen, mal den anderen Ortsverband für sich, bis seine Partei sich eingestand, dass sie es doch mit diesem Mann versuchen musste, der am 21. April 1928 in Oberthann auf einem Bauernhof das Licht der Welt erblickte.

Und Kronawitter, der Diplom-Handelslehrer, zeigte es allen. Er verteilte Tausende von Moosröschen in der Fußgängerzone, er brachte, wie immer, schwierige Sachverhalte in eingängige Sprüche, schürte ein bisschen Neid auf die Großkopferten, die ja meistens der CSU zuneigten, und dann kegelte er den CSU-Mann Erich Kiesl in der Stichwahl 1984 mit 58,3 Prozent der Stimmen tatsächlich aus dem Amt.

Kronawitter war damals schon populär bei den Münchnern. Er hielt sich stets viel darauf zugute, genau das zu verwirklichen, was die Mehrheit der Bürger wollte. Und wer hätte ihm zugetraut, eines der ersten rot-grünen Bündnisse Deutschlands zu schmieden? Er hat es gewagt, und es hat bis heute gehalten. Drei Jahre lang stand er an der Spitze dieser Koalition. In weiser Voraussicht, aber auch mit robuster Härte stellte er die Weichen dafür, dass die SPD nie Gefahr lief, die Macht im Rathaus zu verlieren. 1990 hatte er Christian Ude zum Bürgermeister gemacht. Und dann erwischte der Fuchs die CSU im Sommer 1993 völlig auf dem falschen Fuß, als er plötzlich, mit 65 Jahren, zurücktrat. Da half es der CSU auch nichts mehr, dass sie mit Peter Gauweiler einen zählen Wahlkämpfer ins Rennen gegen Ude schickte.

Ähnlich wie jetzt Ude, zeigte Kronawitter nach dem Abschied aus dem Rathaus plötzlich Interesse an der Landespolitik, die er ja schon von 1966 bis 1972 als Abgeordneter und Agrarexperte kennengelernt hatte. Er ließ sich 1994 im Stimmkreis München-Mitte für die SPD aufstellen und eroberte das Direktmandat. So richtig Fuß fasste er in der SPD-Landtagsfraktion allerdings nicht und ließ das Maximilianeum nach einer Legislaturperiode sein. Dass er das Beißen nicht verlernt hatte, zeigte er dann mit 70 Jahren, als er Christian Ude in die Parade fuhr: 2004 erreichte ein von ihm angestoßenes Bürgerbegehren mit knapper Mehrheit, dass in München Hochhäuser die Frauenkirche nicht überragen dürfen. Danach mischte er sich eher selten ein in die Politik, überließ dies seiner Frau Hildegard, die von 1998 bis 2008 den Stimmkreis Erding im Landtag vertrat.

Auch wenn seine Kräfte altersbedingt etwas nachgelassen haben, steht er immer bereit, wenn die SPD ihr OB-Triumvirat zusammenruft oder die Münchner Ehrenbürger gemeinsam auftreten. Bei solchen Gelegenheiten sitzt er dann neben dem zwei Jahre älteren Hans-Jochen Vogel und Christian Ude.

© SZ vom 20.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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