Geiselnahme 1972:Ein besonderes Haus

Der Ort des Olympia-Attentats gehört heute der Wissenschaft

Das Geschenk war großzügig, 488 736 Mark war es wert, doch überreicht wurde es nur unter einer Bedingung: Es müsse einer "würdigen Verwendung zugeführt" werden, die seinem "besonderen Charakter" Rechnung trage und politische Komplikationen verhindere. Unter dieser Maßgabe bekam die Max-Planck-Gesellschaft im April 1974 das Haus Connollystraße 31 im Olympiadorf. Jenes Haus, in dem am 5. September 1972 palästinensische Terroristen zwei Israelis erschossen und neun weitere fast einen Tag lang als Geiseln hielten. Den Ort des Olympia-Attentats.

Als würdig wurde und wird eine Verwendung im Sinne der Völkerverständigung empfunden: Das Max-Planck-Institut für Physik bringt hier bis heute Gastwissenschaftler unter, die eine Zeit lang in München forschen. Zwar wurde immer wieder gefordert, das Haus als Gedenkstätte zu nutzen - umso mehr, als 2012 die Staatsregierung verkündete, eine solche errichten zu wollen. Doch ernsthaft verfolgt wurde der Plan nicht weiter - er wäre am Widerstand der Nachbarn gescheitert. Die Gedenkstätte entsteht nun ein Stück weiter nördlich in einer Grünanlage.

Vor dem Haus erinnert eine steinerne Tafel der Israelitischen Kultusgemeinde an die ermordeten israelischen Sportler. Und immer wieder kommt es vor, dass Neugierige ins Haus selbst wollen. Alle Bewohner bekommen beim Einzug deshalb vom Max-Planck-Institut ein Informationsblatt ausgehändigt, auf Deutsch und auf Englisch. "Dies ist ein besonderes Haus: Es ist ein Denkmal der Zeitgeschichte", heißt es darin. Und es enthält den Rat, Besichtigungs- und ähnliche Anfragen, insbesondere von Journalisten, im Zweifel eher abzulehnen.

© SZ vom 06.08.2016 / kast - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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