Gehaltsplus für Erzieher:Finanzieller Lockvogel

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Die Mitarbeiter der städtischen Kitas erhalten sie bereits - jetzt sollen auch deren Kollegen bei freien Trägern in den Genuss kommen: 200 Euro brutto mehr pro Monat soll es von der Stadt geben. Eine Zusage ist gar nicht so unwahrscheinlich.

Von Dominik Hutter

Die Mitarbeiter der städtischen Kitas erhalten sie bereits - jetzt sollen auch deren Kollegen bei freien Trägern in den Genuss kommen: 200 Euro brutto mehr pro Monat verspricht die Arbeitsmarktzulage, mit der die Stadt sich einen Vorteil im Ringen um die raren Fachkräfte verschaffen will. An diesem Dienstag soll der Stadtrat über die Ausweitung des erst im Oktober eingeführten Pädagogen-Zuckerls diskutieren. Die Zustimmung einer breiten Mehrheit gilt als höchstwahrscheinlich.

Dass die Stadt auch bei den Privaten aufstocken will, hat einen ganz einfachen Grund: Caritas, Arbeiterwohlfahrt und Co. gelten nicht als Konkurrenten, sondern als Verbündete im Bemühen um eine möglichst gute Kinderbetreuung. Abwerbe-Aktionen für deren Mitarbeiter soll es deshalb nicht geben. Allerdings gönnt das Rathaus den 200-Euro-Obolus lediglich den Einrichtungen, die nach festen Kriterien mit der Stadt zusammenarbeiten, deren Standards erfüllen und ohnehin schon in den Genuss von Fördergeldern kommen - gewinnorientierte Kitas sind also ausgenommen.

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Rund 500 der münchenweit 1200 Kindertagesstätten könnten damit künftig ihren Mitarbeitern mehr Geld zahlen. So wie es in den 400 Kitas, die die Stadt selbst betreibt, bereits seit November läuft. Bei der Kinderbetreuung gilt das Subsidiaritätsprinzip: Die Kommune springt nur dann in die Bresche, wenn kein privater Anbieter für Kindergarten oder Krippe zur Verfügung steht.

Gehalts-Plus nur in Mangelberufen möglich

Die Möglichkeit, eine Arbeitsmarktzulage für Erzieher einzuführen, hat der Kommunale Arbeitgeberverband im Juli auf Drängen von Oberbürgermeister Dieter Reiter beschlossen, zu dessen 100-Tage-Programm der Aufschlag gehört. Tarifrechtlich ist das Gehalts-Plus nur in Mangelberufen möglich - wozu im teuren München der Job des Erziehers zweifellos gehört. Manchmal fällt es den Kita-Betreibern so schwer, ihre Stellen zu besetzen, dass neu gebaute Gruppenräume vorübergehend leerstehen. Nicht zu den Mangelberufen zählen Sozial- und Heilpädagogen sowie Kinderpfleger, die deshalb von der Zulage ausgenommen sind.

Einschließlich der Sozialleistungen rechnet die Stadt mit zusätzlichen Kosten von 5,4 Millionen Euro pro Jahr. Der Posten ist auf sieben Jahre befristet, dann soll neu entschieden werden, ob der finanzielle Lockvogel weiterhin notwendig ist. Die Stadt behält sich zudem eine Art Sonderkündigungsrecht für die Arbeitsmarktzulage vor - falls sich die rechtlichen Rahmenbedingungen verändern oder aber die Einkommen der Erzieher in erträglichere Höhen steigen. Neben der Zulage sollen auch die Kriterien für eine "besonders schwierige fachliche Tätigkeit", was eine Höhergruppierung im Tarif ermöglicht, nach städtischem Vorbild auf die Mitarbeiter privater Träger ausgedehnt werden.

Der Aufschlag weckt Begehrlichkeiten in anderen Berufen

Nicht Thema in der gemeinsamen Sitzung des Bildungsausschusses mit dem Kinder- und Jugendhilfeausschuss sind Arbeitsmarktzulagen für weitere Mangelberufe. Denn der 200-Euro-Aufschlag hat bereits Begehrlichkeiten in anderen Branchen geweckt. So wird im Rathaus nach wie vor über ein ähnliches Modell für Pflegekräfte nachgedacht, Münchenstift-Chef Siegfried Benker hat sich dafür stark gemacht. Ebenfalls im Gespräch ist ein Zubrot für Mitarbeiter der städtischen Verwaltung, etwa im Bürgerbüro des Kreisverwaltungsreferats. Diese Idee ist allerdings umstritten, da der Personalmangel in vielen Büros nach Einschätzung von Personalreferent Thomas Böhle eher auf den Stellenschlüssel als auf Schwierigkeiten bei der Bewerbersuche zurückzuführen ist.

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© SZ vom 02.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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