Gegen Rechtsradikalismus:Kein Bier für Neonazis

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Diese Aufkleber sollen zeigen: Rechtsextremisten sind unerwünscht. (Foto: Rumpf)

Wirteverband und Stadt starten Kampagne gegen Rechts

Von Andreas Schubert

Rechtsextremisten brauchen die Öffentlichkeit, um ihre Parolen zu verbreiten. Und sie brauchen Orte, an denen sie sich versammeln können. Das sind meistens Wirtshäuser, in denen sie Nebenräume für ihre Veranstaltungen reservieren. Dagegen gehen die Stadt München und der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga jetzt aktiv vor. Am Donnerstag haben Miriam Heigl von der Fachstelle gegen Rechtsextremismus/Amigra und Christian Schottenhamel, Wirt des Löwenbräukellers und Vize-Chef der Dehoga München, die Kampagne "München ist bunt! . . . auch in Gaststätten und Hotels" vorgestellt.

Vornehmliches Ziel der Kampagne ist es, Wirte darüber aufzuklären, wie sie Rechtsextremisten von ihren Lokalen fernhalten können. Denn es kommt immer wieder vor, dass Wirte nicht wissen, dass sich eine rechtsextreme oder rechtspopulistische Gruppe in ihrem Lokal eingemietet hat.

Auch Christian Schottenhamel hatte erst kürzlich mit den Rechtspopulisten von der Bagida zu tun, die nach einer ihrer Demonstrationen in seinen Biergarten gekommen waren. Nachdem sie angefangen hätten, ihre Parolen zu verbreiten, habe er sie gebeten, auszutrinken und den Biergarten zu verlassen. "Dann haben sie absichtlich langsam getrunken und sind auch auf eine weitere Aufforderung nicht gegangen", erzählt Schottenhamel. "Wir mussten die Polizei rufen, die hat sie dann rausgetragen."

Viele Gastronomen sind unsicher, ob sie die Leute in solchen Fällen einfach wieder rausschmeißen dürfen. Das Problem: Rechtsextremisten sind dafür bekannt, dass sie ihre Zusammenkünfte und Demonstrationen vor Gericht durchsetzen. Deshalb empfehlen Stadt und Dehoga, sich vorher rechtlich abzusichern und zunächst genau nachzufragen, um welche Art von Veranstaltung es sich handelt. Darüber hinaus sei es ratsam, im Zweifelsfall bei Großveranstaltungen einen schriftlichen Mietvertrag aufzusetzen, in dem rechtspopulistische Inhalte explizit untersagt sind und - ein wichtiger Teil der Kampagne - schon von außen deutlich Stellung gegen Rechtsextremismus zu beziehen. Deshalb schickt die Stadt in den nächsten Tagen an 7000 Wirte ein von OB Dieter Reiter und dem Dehoga-Kreis-Chef Conrad Mayer unterzeichnetes Informationsschreiben, das über Möglichkeiten aufklärt, sich gegen Rechts zu wehren. Außerdem äußern die Verfasser die Bitte, auf rassistische Getränke- und Speisenamen zu verzichten und Begriffe wie "Neger" ( für Weißbier mit Cola) zu verbannen. Im Umschlag sind auch Aufkleber mit dem Motto der Kampagne.

Für Wirte bedeutet es nicht nur einen Imageschaden, wenn bekannt wird, dass sich Neonazis in ihren Räumen breitgemacht haben. Sie lehnen Ausgrenzung und Intoleranz aus rassistischen oder nationalistischen Gründen nicht zuletzt deshalb ab, weil gerade in der Gastronomie sehr viele Ausländer arbeiten. "Ohne die Mitarbeiter und Gäste aus dem Ausland ginge es der Gastronomie schlecht", sagt Frank-Ulrich John, Sprecher der Dehoga Bayern. Allein sein Verband zähle Mitglieder aus etwa 50 verschiedenen Nationen. Umso mehr war die Dehoga geschockt und peinlich berührt, als der rechtsextreme Münchner Stadtrat Karl Richter von der NPD-Tarnorganisation BIA kürzlich eine aus Versehen ausgesprochene Einladung der Dehoga zum Frühlingsfest annahm - und den Besuch im Internet mit einem Foto dokumentierte und hämisch kommentierte. Künftig werde man genauer hinsehen.

Miriam Heigl betont, gerade in München bestehe eine historische Verantwortung, rechte Umtriebe schon im Keim zu ersticken. Wenn aber ein Wirt bereitwillig seine Räume Nazis zur Verfügung stelle, mische sich die Stadt nicht ein. Stattdessen werde die Dehoga informiert, die dann mit den Brauereien redet. Die können Wirten in solchen Fällen auch die Konzession entziehen.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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