Stadt am Rand:Barrierefrei

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Garching hat einen Behindertenbeirat, der vieles bewirkt

Von Gudrun Passarge, Garching

"In Garching gibt es im Moment kein Lokal, das barrierefrei ist. Spätestens an den Toiletten scheitert es", sagt Gerd Rumpf. Im Hauptausschuss des Garchinger Stadtrats schilderte der Sprecher des Behindertenbeirats alltägliche Probleme, nannte aber auch Erfolge der Beiratsarbeit. So habe man am Ausbau der B 11, bei Bushaltestellen und am barrierefreien Werner-Heisenberg-Gymnasium mitgewirkt. Rumpf ist es ein Anliegen, Barrieren nicht nur in der Umgebung, sondern vor allem auch in den Köpfen zu überwinden und fordert eine Selbstverständlichkeit: "Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht."

Den Garchinger Behindertenbeirat gibt es bereits seit 2011, Rumpf ist von Anfang an dabei. "Garching hatte hier eine Vorreiterrolle", sagt der 58-Jährige, der seit vielen Jahren im Rollstuhl sitzt. Nur drei Kommunen im Landkreis haben eine solche Institution, die meisten anderen hätten Behindertenbeauftragte. Doch Rumpf ist es wichtig festzuhalten, dass es verschiedene Arten von Behinderung gibt, weswegen im Garchinger Gremium unter den sieben Mitgliedern auch Menschen mit ganz unterschiedlichen Handicaps sitzen oder aber Eltern von behinderten Kindern. "Alle haben den gleichen Anspruch", sagt Rumpf, "sie haben den Anspruch, sich ohne fremde Hilfe in öffentlichen Gebäuden und der Gesellschaft bewegen zu können." Dabei habe der Blinde andere Bedürfnisse als der Gehörlose oder der Rollifahrer. Ein gutes Beispiel für Barrierefreiheit ist das Garchinger Bürgerhaus. Positiv ist etwa, dass dort fest eine FM-Anlage eingebaut ist, eine drahtlose Signalübertragungsanlage, die Menschen mit Implantaten oder Hörgeräten hilft, Nebengeräusche auszufiltern und damit besser zu verstehen, was gesprochen wird. Zwar kommen Rollstuhlfahrer ins Bürgerhaus rein, aber sie müssen den Hintereingang nehmen und auch in den Toiletten ist nicht alles perfekt. So gebe es nur einen beweglichen Haltegriff, den man wegklappen könne, nötig sei aber auf jeder Seite ein Haltegriff zum Wegklappen, erklärte Rumpf. Gerade, wenn das Bürgerhaus im nächsten Jahr saniert werden soll, wünscht sich der Sprecher des Behindertenbeirats ein Mitspracherecht, einen barrierefreien Haupteingang und einen Aufgang zur Bühne.

Rumpf berichtet dass viele Menschen nicht wüssten, wie sie auf Menschen mit Behinderung reagieren sollten. Manche hätten Berührungsängste, zögen merkwürdige Schlüsse. So erzählt er von Hausbesitzern, die glaubten, ihre Immobilie würde an Wert verlieren, wenn sie behindertengerecht wäre. "Es fehlt an bezahlbaren Mietwohnungen, die barrierefrei sind", konstatierte Rumpf. Er lobt die gute Zusammenarbeit mit dem Rathaus. "Der Bürgermeister ist jederzeit für uns da."

Er hatte aber auch Kritik vorzubringen. Der Behindertenbeirat habe zum Festjahr allen Vereinen seine Hilfe bei der Planung der Veranstaltungen angeboten. "Was glauben sie, wie viele Vereine sich gemeldet haben? Keiner." Im Nachgang zur Bürgerwoche bemerkte er: "Man kann auch mobile Toiletten für Rollstuhlfahrer aufstellen. Das geht alles, aber man hat uns nicht gefragt."

© SZ vom 18.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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