Gammelfleisch-Betrieb:"Grünlich, muffig, ekelerregend"

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Im Johanneskirchner Betrieb herrschten verheerende Zustände, obwohl er von den Behörden geprüft wurde.

Berthold Neff und Jan Bielicki

Der Verdacht, dass in den Tiefkühlräumen der Firma Bruner verdorbene Ware lagerte, bestätigte sich schon am Donnerstagabend, als die ersten 20 Proben aufgetaut waren. Die Prüfer charakterisierten das Fleisch, das deutliche Spuren von Frostbrand aufwies, als "grünlich und ekelerregend" sowie als "ranzig, muffig, alt und fremdartig".

Es war in Teilen durch Fremdstoffe wie Birkensamen und Erde verunreinigt. Labortests sollen nun klären, inwieweit das Fleisch bereits Krankheitskeime aufwies. Ersten Untersuchungen des Landesgesundheitsamts zufolge bestand aber wohl keine Gesundheitsgefahr.

Ebenfalls am Donnerstag durchsuchten Polizisten und Lebensmittelkontrolleure zehn Lokale in der Münchner Innenstadt, die auf den Lieferlisten des Großhändlers standen. Fündig wurden die Kontrolleure in der Gaststätte Donisl am Marienplatz, wo sie umetikettiertes Fleisch entdeckten, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum in Wirklichkeit schon abgelaufen war.

Firma lieferte deutschland- und europaweit

Geschäftsführer Burkhard Seck bestätigte der SZ, dass Fleisch sichergestellt wurde. Er versicherte aber, dass man im Donisl von der Umetikettierung nichts geahnt habe und man ein Opfer des Großhändlers geworden sei.

Die Kripo-Sonderkommission Kühlhaus versuchte auch gestern, anhand der Lieferscheine und Rechnungen herauszufinden, wohin vergammelte Ware geliefert wurde. Es sei zu befürchten, dass verdorbenes Dönerfleisch "deutschlandweit und sogar darüber hinaus" vertrieben worden sei, sagte Polizeisprecher Peter Reichl.

Ware soll auch nach Österreich geliefert worden sein. In den Kühlräumen der Firma an der Musenbergstraße entdeckten die Kontrolleure gestern außer den 20 Tonnen Gammel-Döner bis zu 40 Tonnen Entenfleisch, das nun ebenfalls untersucht wird.

"Das ganze Ausmaß ist noch nicht absehbar", hieß es im Kreisverwaltungsreferat. Außer Fleisch fanden die Kontrolleure auch Gefriergemüse in womöglich umetikettierten Packungen. Es handle sich etwa um gefrorenen Broccoli und gemischtes Gemüse, erklärte eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern.

Die Staatsanwaltschaft München I hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer des Unternehmens eingeleitet. Ihm würden Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen und Betrug vorgehalten, womöglich komme der Vorwurf der Urkundenfälschung noch dazu, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld. Er bestätigte, dass der Großhändler Abnehmer in Deutschland und im Ausland beliefert habe. Ob es sich dabei um Ware handelte, die nicht zum Verzehr geeignet war, müsse überprüft werden.

Keine Beanstandungen bei früheren Kontrollen

Bei turnusmäßigen Kontrollen war das Kühlhaus bislang unbeanstandet geblieben. Seit 2004 hatten amtliche Tierärzte und Amtstierärzte des staatlichen Veterinäramts den Betrieb insgesamt acht Mal kontrolliert. Dabei hätten sie auch die Wareneingangs- und Warenausgangsbücher stichprobenartig kontrolliert, teilte die zuständige Regierung von Oberbayern mit.

Die Kontrolleure hätten aber keine Manipulationen an den Etiketten festgestellt. Offensichtlich sei bei diesen Umetikettierungen wohl "mit derart krimineller Energie gehandelt" worden, dass sie "im Rahmen von Routinekontrollen nicht erkannt werden konnten", sagte eine Behördensprecherin.

© SZ vom 02.09.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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