Zum ersten Mal:Historischer Streifzug

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Im Fackelschein durch Maisach: Stefan Pfannes (vorne) und seine Rundgangsteilnehmer vor dem Sudhaus der Brauerei (Foto: Günther Reger)

40 Maisacher begeben sich auf einen Kirchenwachtrundgang

Von Katharina Knaut, Maisach

Eine wahrlich seltsam anmutende Prozession hat sich am Freitagabend durch den Ort gezogen. Etwa 40 Menschen, ausgestattet mit Fackeln und Laternen, wanderten vom Maisacher Rathausplatz über den Friedhof bis hin zur Baderinsel, um schließlich an der Brauerei einen finalen Halt einzulegen. Ein Schauspiel, das den ein oder anderen erstaunten Anwohner an die Fensterscheibe lockte. Was für Zuschauer wie ein Prozessionszug wirken musste, war für die Teilnehmer eine Reise in die Vergangenheit, zurück in ein historisches Maisach. In eine Zeit, in der es noch üblich war, nachts während des Gottesdienstes durch die Straßen zu gehen und aufzupassen, dass sich kein Gesinde herumtrieb oder es zu Brandfällen kam. "Kirchenwachtrundgang hieß das damals", erklärt Stefan Pfannes, Kulturreferent, Kirchenarchivar und Leiter des Streifzugs. Organisiert wurde die Nachtwanderung vom CSU-Ortsverband, die Idee stammt von Bürgermeister Hans Seidl.

An diesem Freitagabend ist es freilich eher eine nächtliche Stadtführung als ein Zug von Ordnungshütern. Ein wenig bedrohlich wirkt es aber schon, als die Rundgangsteilnehmer durch die Straßen ziehen, eingetaucht ins Licht der Fackeln und in Begleitung von zwei Hunden. Quer durch Maisach geht die Führung, mal durch verwinkelte Gassen und verlassen wirkende Höfe, mal durch Wohngebiete und belebte Straßen. Besonders eindrucksvoll wirkt der Gang über den Friedhof hin zur Kirche, dem, wie Pfannes findet, "schönsten Schwarzbau der Gemeinde". Der hintere Teil sei beim Neubau 1911 nicht genehmigt worden, erklärt er: "Bereits ab 1870 war die Kirche für die ständig wachsende Einwohnerzahl zu klein". In der Planung habe man dann festgestellt, dass sie immer noch nicht genügend Leuten Platz bieten würde, sogar noch nach einer genehmigten Verlängerung. "Auf die letzten Meter kommt es dann auch nicht mehr an, dachte sich daraufhin der Pfarrer und baute die Kirche verlängert ohne zu fragen", erzählt Pfannes. "Bei der Kirchweihe hat er seine Lüge eingestanden. Man soll daraufhin nur milde gelächelt haben." Deswegen brenne im letzten Fenster im Gegensatz zum Rest der Kirche auch kein Licht, lautet der Kommentar eines Teilnehmers.

Ein paar verschlungene Wege später steht man schließlich vor einem sehr alten Haus an der Hauptstraße, an dessen Frontseite ein Schild hängt mit der Aufschrift "Hans Schamberger". "Früher eine Lehrerfamilie, die schließlich einen Gemischtwarenladen aufgemacht hat", so Pfannes. "Der Kramladen hatte alles", erinnert sich ein Teilnehmer. "Schuhe, Lineale - der Traum für ein Kind!" Seit mehr als zehn Jahren gibt es ihn nicht mehr. Heute ist das Haus ein Baudenkmal und befindet sich in Privatbesitz. Am Ende wirken die Teilnehmer sehr zufrieden. Der Kulturreferent hat sich an das Versprechen gehalten, das er am Anfang der Führung gab: "Ich werde Sie nicht mit vielen Zahlen quälen. Die wissen Sie um 21 Uhr sowieso nicht mehr." Er beschränke sich daher auf Geschichten. Man habe viel über die Ortsgeschichte gelernt, findet eine Teilnehmerin. Und man sei auch ein paar Wege gegangen, die man zuvor nicht kannte.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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