Wohnungsbau:Stellplatzschlüssel in der Diskussion

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Grafrath prüft, ob Neubauten mit weniger Parkplätzen auskommen - und Projekte damit womöglich günstiger werden

Von Manfred Amann, Grafrath

Um Investoren den Bau von bezahlbarem Wohnraum in Grafrath schmackhaft zu machen, hat die SPD-Fraktion beantragt, für solche Projekte den Stellplatzschlüssel zu lockern. Grafrath habe im Landkreis eine der schärfsten Stellplatzregelungen und diese sei für den sozialen Wohnungsbau ein Hindernis, erklärte Josef Heldeisen. Vom Gemeinderat wurde die Begründung des Antrages in der jüngsten Sitzung zwar weitgehend akzeptiert, doch es gab auch Bedenken. Auf Vorschlag von Bürgermeister Markus Kennerknecht (parteifrei) wird sich nun der Bauausschuss mit dem Antrag befassen und eine Lösung erarbeiten. Der Bayerische Städtetag habe schon 2016 darauf hingewiesen, dass der in vielen Kommunen geltende Stellplatzschlüssel eine Erhöhung der Baukosten bewirke, was dem Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum entgegenstehe, sagte Heldeisen. "Stellplätze seien ohne Not Kostentreiber", heißt es im Antrag.

Die bayerische Stellplatzverordnung schreibt für Ein- und Mehrfamilienhäuser je Wohneinheit einen Stellplatz vor. Schon diese Regelung stehe hinsichtlich des staatlich geförderten Wohnungsbaus in der Kritik. Grafrath schreibe bis 60 Quadratmeter Wohnfläche einen, über 60 zwei, ab fünf Wohneinheiten zusätzlich einen Besucherstellplatz und für je zusätzlich zwei Wohnungen noch einen vor. Diese hohe Forderung wirke auf Investoren abschreckend, so Heldeisen. Angesichts des geringeren Einkommens der zukünftigen Bewohner könne man von einem "reduzierten Fahrzeugbesitz" ausgehen, so dass man mit weniger Stellplätzen auskäme. Da die Bodenpreise auch in Grafrath um etwa 30 Prozent gestiegen seien, führe jeder Quadratmeter Grund, der für einen Stellplatz geopfert wird, zu höheren Kosten und damit auch zu höheren Mieten.

Die Stadt München und andere Kommunen hätten deshalb ihre Stellplatzschlüssel bereits zu Gunsten des sozialen Wohnungsbaus erheblich abgesenkt. Für Grafrath schlagen die Sozialdemokraten für Mehrfamilienhäuser im staatlich geförderten sozialen Wohnungsbau bis 60 Quadratmeter Wohnfläche 0,7, bis 75 einen, bis 100 eineinhalb und darüber zwei Stellplätze vor. In Häusern mit fünf Wohnungen und mehr sollten je Wohneinheit zusätzlich zehn Prozent für Besucherstellplätze vorgeschrieben werden. Würde ein Investor nach geltendem Stellplatzschlüssel auf einem 850 Quadratmeter großen Grundstück zum Beispiel ein Mehrfamilienhaus mit vier Wohnungen mit 67, zwei mit 57 und vier Appartements mit 30 Quadratmeter Wohnfläche errichten, müsste er 17 Parkplätze nachweisen, rechnete Heldeisen vor: "Mit unserem Antrag wären es hingen nur neun." Nur halb so viele Stellplätze würden sich erheblich auf Baukosten und damit auf die Mieten auswirken.

"Überlegenswert" befand dies Kennerknecht, der Rathauschef stellte aber die Frage in den Raum, ob man dafür den Stellplatzschlüssel generell regeln sollte oder es nicht besser wäre, im jeweiligen Bebauungsplan bei Bedarf die Forderung entsprechend festzusetzen. Grünen-Sprecher Roger Struzena hielt den SPD-Antrag "zu einseitig gedacht". Seiner Meinung nach sollte man die Lockerung nicht nur auf den sozialen Wohnungsbau beschränken, allerdings mit der Maßgabe, dass bei größeren Wohnbauprojekten zum Beispiel Car-Sharing angeboten oder gar zur Auflage gemacht werde. Das große Problem sei, "wohin mit den Autos", wenn zu wenig Stellplätze vorhanden sind, Car-Sharing könnte einen Anreiz schaffen, auf ein eigenes Auto zu verzichten. "Wir wollen aber nicht, dass die Straßen noch mehr als jetzt schon zugeparkt werden", hielt CSU-Sprecher Gerald Kurz dagegen und Hartwig Hagenguth (Bürger für Grafrath) sprach sich dafür aus, die Stellplatzfrage im Zuge der Bauleitplanung bei jedem Vorhaben separat zu betrachten.

© SZ vom 23.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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