Wettkämpfe im Bierzelt:Brachiale Momente

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Während der Maisacher Festwoche messen sich die Vereine an einem Abend in Bierzelt-Disziplinen. Wer am besten über den Tisch ziehen kann, wer geschickt seinen Hut wirft, wer eine Mass lange genug hält und wer am schnellsten sägt, der bekommt ein Schwein und 100 Liter Bier

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Unbändige Kraft auf beiden Seiten lässt den Tisch der Fingerhakler bersten. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Begriff Hirschgeweihhutzielweitwurf ist auch ohne die übliche Portion Festbier kaum fehlerfrei auszusprechen. Gegen Ende des fast dreistündigen Abends der Vereine am Dienstag im Maisacher Festzelt klang dies zumindest bei einem Gast anders, als er auf dem Heimweg zu seiner Begleitung sagte: "Huschzwuff". Ein Wettbewerb, wie es ihn nur auf einem Volksfest geben kann, aber nicht der einzige an diesem Abend, an dem sich sechs örtliche Vereine im Baumstammsägen, Fingerhakeln, Masskrugstemmen und eben im Hirschgeweihhutzielweitwurf maßen. Die Sieger des Vorjahres, die Stockschützen Weiß-Blau Germerswang", konnten ihren Titel verteidigen - gegen fast übermächtige Konkurrenz aus dem Ortsteil Überacker.

Gehört ebenfalls zu den Disziplinen: der Zielweitwurf eines Huts auf ein Hirschgeweih. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Es ist das zweite Mal, dass die Brauerei Maisach zur Volksfest-Olympiade einlädt. In diesem Jahr hatte Brauerei-Chef Michael Schweinberger erneut alle Vereine in der Großgemeinde angeschrieben, doch meldeten sich gerade einmal sechs zu der Gaudi-Konkurrenz an. Im vergangenen Jahr waren es noch acht gewesen. Ein Verein aus Maisach war nicht dabei, ebenso keiner aus Gernlinden und Malching. Also machten am Dienstagabend Vereine aus Überacker und Germerswang sowie eine Mannschaft der Unterschweinbacher Burschen die Sache unter sich aus. Und das zum Teil so vehement, dass beim Fingerhakeln ein massiver Wirtshaustisch zu Bruch ging.

Es waren solche, etwas spektakulärere Situationen, die das Publikum im sehr gut gefüllten Festzelt zum Johlen und Applaudieren brachten. Ansonsten musste Veranstalter und Moderator Michael Schweinberger einiges an aufmunternden Sprüchen aufbieten, um die Stimmung etwas anzuheizen. So richtig auf Touren kamen die Gäste ohnehin erst beim Masskrugstemmen, eine Disziplin, die die Lachmuskeln gestandener Männer verkrampfen ließ, je länger sie die Krüge hielten. Das war für einige im Saal schon nicht mehr komisch, sondern eher bemitleidenswert. Andere wiederum, unter anderem Vereinskameraden, konnten offenbar nicht genug von dem Anblick bekommen. Schweinberger kommentierte: "Ihr wisst's ja gar nicht, was die da oben leisten."

Das Hakeln wird ebenso bejubelt wie die "Königsdisziplin", das Masskrugstemmen, die bis zur völligen Verkrampfung führen kann. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Letztlich ging es nicht um die Minuten und Sekunden, die der spätere Sieger Peter Simon aus Germerswang und seine Konkurrenten den nicht ganz gefüllten Masskrug über das vor den Teilnehmern gespannte Band zu halten. Es ging auch nicht um das Ritual des brachialen Kräftemessens wie beim Fingerhakeln zuvor. Es ging darum, durchzuhalten, irgendwie minutenlang sinnlos zu leiden wie Michael Rothenfußer von den Unterschweinbacher Burschen und zuzulassen, das andere an diesem Leiden ihren Spaß haben. "Das Lustigste sind die Gesichter", sagte Moderator Schweinberger ins Mikrofon.

Zum Ende der dritten von vier Disziplinen in dieser "Königsdisziplin" (Schweinberger) ging es gar nur noch um den ein Zweikampf zwischen den besten Masskrugstemmern aus Germerswang und von der Feuerwehr Überacker, bei dem sich die Sekunden dehnten und Krämpfe die Arme, ja den ganzen Körper von Stefan Froschmeier schüttelten. Als dann Froschmeier aufgab und Simon von den Stockschützen Erster wurde, der Schmerz sich verzog und sich die beiden gratulierten wie Sieger und Besiegter nach einem Boxkampf, wurde klar, wie respektvoll die Kontrahenten auch bei diesem Gaudiwettbewerb miteinander umgingen.

Frenetischen Beifall hagelt es für die Demonstrationen von bierzeltgetränkter Urtümlichkeit. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Baumstammwettsägen beschloss den Abend im Festzelt, und als Schweinberger und sein Sohn Tim Nürnberg die Punkte zusammenzählten, kam heraus, dass die Germerswanger Stockschützen ihren Titel verteidigt hatten. Es folgten auf den Plätzen zwei und drei der Sportverein Rot-Weiß Überacker und die Feuerwehr aus Überacker, die Burschen aus Überacker wurden Vierte, gefolgt von der Schützengesellschaft Kleeblatt Überacker und den Burschen aus Unterschweinbach.

Die Stockschützen dürfen sich auf das ausgelobte Spanferkel samt 100 Liter Freibier freuen - den Preis kennen sie schon von 2017, haben ihn aber erst vor wenigen Tagen in der Brauerei eingelöst - die Zweitplatzierten bekommen 50 Liter, die Dritten immerhin noch 30 Liter Bier geschenkt.

Auch wenn der Maisacher Bräu Michael Schweinberger im Festzelt ankündigte, den Wettbewerb nicht über 2019 hinaus fortsetzen zu wollen, wenn sich immer weniger Vereine anmelden würden, so ging er am Tag nach der Veranstaltung davon aus, "dass dies zum festen Bestandteil des Volksfestkalenders werden wird". Vorschläge für weitere Disziplinen nahm er ja schon am Dienstag entgegen, wobei er Schlammcatchen direkt ausschloss, aber Jodeln oder Seilziehen als überlegenswert bezeichnete. Auch an den Regeln wird wohl noch etwas gearbeitet werden müssen. Gerade beim Fingerhakeln waren die Meinungen im Publikum geteilt. Mit welcher Urgewalt die Hakler vorgegangen waren, welche Schmerzen sie sich vielleicht auch zugezogen hatten, belegten die geborstenen Teile des an sich stabilen Wirtshaustisches, der dem Druck der Konkurrenten einfach nicht standhalten konnte.

© SZ vom 30.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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