Wahlanalyse:Zwischen Euphorie und Bauchschmerzen

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Die Kreis-Grünen freuen sich über ihr Wahlergebnis. Doch die Aussicht auf eine Jamaika-Koalition trübt die gute Laune

Von Ariane Lindenbach, Olching

Zwischen Euphorie und Bauchschmerzen bewegt sich die Gemütslage der Grünen zehn Tage nach der Bundestagswahl. Euphorie, da das Wahlergebnis der Grünen besser ausgefallen ist, als es die meisten Umfragen erwarten ließen. Bauchschmerzen deshalb, weil die Aussicht auf eine Koalition zusammen mit den beiden Unionsparteien und der FDP gerade bei den linker orientierten Mitgliedern nicht gut ankommt. Andererseits allerdings, das machte die Kreisversammlung am Mittwoch in Olching deutlich, will man sich keinesfalls so einfach aus der Verantwortung stehlen.

"Die Konsequenzen unserer Entscheidung haben diesmal eine enorme Tragweite", gab Jan Halbauer mit Blick auf die neue Gemengelage zu bedenken. Mit dem Einzug der AfD ins Parlament und der Absage der SPD an eine weitere große Koalition ist die einzige realistische noch verbleibende Möglichkeit die Jamaika-Koalition. Eine Minderheitsregierung traue er Kanzlerin Merkel "bei aller Flexibilität" nicht zu. "Eine Neuwahl schadet auf jeden Fall nicht der AfD", argumentierte der Stadt-, Kreis- und Bezirksrat, weshalb man eine Koalition mit Schwarz-Gelb unbedingt versuchen sollte, so es denn nicht gleich am Anfang an großen Themen scheitert. "Ich habe da ganz große Bauchschmerzen und eigentlich habe ich das auch nicht gewählt", sagte eine Frau. Sie habe mit ihrer Stimme weder Merkel noch die Union unterstützen wollen. Und ein Blick in Bundesländer mit schwarz-grüner Regierung zeige, wie sehr die grüne Politik dort verwässert werde.

"Lieber Kretschmann-Grün als Seehofer-Schwarz", widersprach der Landtagsabgeordnete Sepp Dürr. Wenn die Grünen die Möglichkeit bekommen sollten, mitzuregieren, sollten sie das unbedingt tun. Freilich nur unter der Voraussetzung, dass die in den Koalitionsgesprächen vereinbarten Inhalte mit grünen Positionen vereinbar seien, betonte der Germeringer.

Beate Walter-Rosenheimer, die über die Landesliste erneut in den Bundestag eingezogen ist, nannte die Jamaika-Koalition "eine große Chance". Nur in der Regierungsverantwortung könne man wirklich etwas bewegen und gestalten. Des weiteren legte die Germeringerin dar, dass nach ihrem Demokratieverständnis jede Partei, die sich zur Wahl stelle, bei Bedarf auch in der Pflicht sei, sich um eine Regierungsbildung zu bemühen. Eine Frau verwies auf das Schicksal der SPD. Sie befürchte, dass die Grünen nach vier Jahren in einer Regierung mit Angela Merkel ebenfalls starke Verluste einfahren müssen. Eine andere entgegnete, dass das angesichts der Situation mit der AfD kein Argument sei.

Wo inhaltlich die Grenzen der Grünen für eine Kooperation mit CDU/CSU und FDP liegen, wurde am Mittwochabend unter dem Dach des Kolpingheims nicht diskutiert. Sepp Dürr warnte davor, bereits vor Beginn der Gespräche öffentlich rote Linien festzulegen. "Das macht unseren Verhandlungsspielraum nur enger", betonte er vor den etwa 30 Grünen-Mitgliedern.

Unterschiedlich bewerteten die Anwesenden auch den Wahlkampf und das Ergebnis. Jüngere wie Lena Satzger und Halbauer äußerten sich erfreut über das überraschend positive Wahlergebnis. Erfahrenere wie der frühere Landtagsabgeordnete Martin Runge und Dürr erinnerten daran, dass die Grünen bereits bei der Wahl davor einige Verluste eingefahren hatten und das Ergebnis nun auch wegen der schlechten Umfragen im Vorfeld in positiverem Licht erscheine. "Wenn man von einem niedrigen Erwartungsniveau ausgeht, dann freut man sich nachher umso mehr", sagte Dürr. Runge ergänzte: "Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen."

© SZ vom 06.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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