Wahlanalyse der Grünen:Freude und Mitgefühl

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In der Stunde ihres Triumphes bedauern die Grünen die SPD

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Natürlich brandete bei der Wahlparty der Grünen im Gröbenzeller "Stockwerk" der Beifall auf, als der grüne Balken am Sonntag bei der ARD-Prognose um Punkt 18 Uhr auf 18,5 Prozent hochschoss. Da waren erst 25 Parteimitglieder und Sympathisanten eingetroffen, darunter Landtagskandidat Martin Runge und die 20-jährige Nachwuchshoffnung Gina Merkl aus Mittelstetten, die für den Bezirkstag kandidierte. Andere Grüne waren noch an der Wahlauszählung beteiligt. Auch Gröbenzells Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) erlebte die Wahlprognose im Stockwerk. Aber um sechs Uhr war noch viel Platz vor der großen Leinwand. "18,5 Prozent sind prächtig", kommentierte Runge, 60, die erste Prozentzahl. Er hatte seine Partei zwischen 17 und 19 Prozent taxiert. Der Direktkandidat in Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost freute sich über den Absturz der CSU, die bei der Prognose noch bei 35,5 Prozent stand, und bedauerte die Halbierung des SPD-Ergebnisses.

"Das linke Lager hat sich auf etwa 30 Prozent reduziert", meinte Runge und sprach von einem "Wermutstropfen", als er die Zahlen von Grünen, SPD und der Linke zusammenzählte. Als um 18.15 Uhr Katharina Schulze, Spitzenkandidatin und Frohnatur der Grünen, auf dem Bildschirm auftauchte, hob die Stimmung wieder an. Sie sprach von einem "historischem Ergebnis" und die Besucher klatschten dazu heftig Beifall. Als dann die CSU-Granden Ilse Aigner, die ständig vom Analysieren schwadronierte, und Markus Söder mit bitterer Miene auf dem Bildschirm erschienen, gab es Hohngelächter im Stockwerk. Besonders als Söder bekundete, die CSU werde das Ergebnis "mit Demut annehmen". 30 Sekunden später gab SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen ein Statement ab. Ihr stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Die Besucher schienen mit ihr etwas mitzuleiden.

Das Bayerische Fernsehen war mit einem Ein-Mann-Team im Stockwerk anwesend und machte Interviews. Dabei hielt der Journalist die kleine Kamera und drückte den Gesprächspartnern das blaue BR-Mikrofon in die Hand. Die erste Hochrechnung erschien um 18.30 Uhr, die die Prognose für die Grünen von 18,5 Prozent und 40 Landtagsmandate bestätigte. "Sehr schön für die Grünen", meinte Max Altmann vom Ortsverband in Mammendorf, "aber das zweistellige Ergebnis der AfD ist schockierend". Das sah auch die Gröbenzellerin Annette Kilian so. Sie hätte sich auch die CSU "weiter unten gewünscht". Kilian bedauerte ebenfalls die SPD: "Für Kohnen tut es mir leid." Walter Voit, der Ortsverbandsvorsitzende in Gröbenzell, sah seine Partei auf dem Weg zur "Nummer eins in der Gemeinde". Voit: "Die CSU tritt im Ort nicht mehr auf." Gina Merkl brachte in ihrer kurzen Ansprache schon die Kommunalwahlen 2020 ins Spiel: "Der Kampf ist nicht vorbei."

Eines schien für Runge an diesem Abend schon frühzeitig klar zu sein: "Es läuft wohl auf eine Koalition der CSU mit den Freien Wählern hinaus." Das war ihm, der kein Anhänger einer Koalition mit der CSU ist, eigentlich ganz recht. Runge rechnete mit 25 Prozent für seine Partei im Brucker Landkreis und auch mit den Grünen als Nummer eins in seiner Heimatgemeinde Gröbenzell. Auch die Hoffnung, das Direktmandat zu holen, hatte er noch länger an diesem Abend. Gegen 22 Uhr war aber endgültig klar, dass das nicht klappen würde.

© SZ vom 16.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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