Votum:Ein klares Ja

Lesezeit: 2 min

Asylhelfer lassen Passanten in Bruck darüber abstimmen, ob alle Asylbewerber arbeiten dürfen sollten

Von Eirik Sedlmair, Fürstenfeldbruck

Da ist der Asylbewerber aus Olching, der von einem auf den anderen Tag nicht mehr arbeiten durfte. Oder der Senegalese, der ein Freiwilliges Soziales Jahr im Pflegeheim gemacht hat, gerne eine Ausbildung anfangen würde, aber nicht darf, weil er keine Bleibeperspektive habe. Das, was Birgitt Epp vom Helferkreis Asyl in Fürstenfeldbruck erzählt, sind Einzelschicksale. Aber zusammen, findet sie, ergeben sie ein Bild: "Wir lassen die nicht arbeiten, die sich integrieren wollen", sagt Epp.

Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, stellte der Asylhelferkreis am Viehmarktplatz eine Stellwand auf. Darauf steht eine einfache Frage: "Sollen Asylbewerber arbeiten dürfen?" Unter den drei Antwortmöglichkeiten "Ja", "Nein" und "Vielleicht" sollen Passanten einen Strich machen. Ein älterer Mann kommt vorbei, im Arm hält er einen Karton mit Erdbeeren. Epp fragt ihn: "Finden Sie, dass Asylbewerber in Deutschland arbeiten sollen?". "Was ist das für eine Frage. Sie dürfen nicht, aber sie müssten dürfen", antwortet der Mann. Epp macht einen Strich bei "Ja".

Rechtlich ist die Sache komplizierter. Wenn ein Asylbewerber in Deutschland ankommt, darf er die ersten drei Monate nicht arbeiten. Bei Anerkennung des Antrags wird eine Arbeitserlaubnis erteilt. Während der Antrag geprüft wird, erhalten Asylbewerber aus "sicheren Herkunftsländern" sowie solche mit einer geringen Bleibeperspektive in Bayern oft keine Beschäftigungserlaubnis. Und diese Prüfung kann sich ziehen, dauert oft mehrere Monate. Im Einzelfall kann aber auch hier eine Arbeitserlaubnis erteilt werden, das zuständige Landratsamt kann eine Ermessensentscheidung fällen.

Das passiere in Fürstenfeldbruck aber so gut wie nie, sagt Epp. "Der Landkreis reizt den rechtlichen Rahmen voll aus." Zum Nachteil der Asylbewerber. Eine Frau läuft direkt auf die Stellwand zu, nimmt sich einen Stift und markiert die Spalte mit "Ja". "Viele haben eine Ausbildung gemacht und dürfen dann nicht weiterarbeiten", sagt sie. "Da frage ich mich, wozu machen die überhaupt eine Ausbildung?"

Seit sieben Uhr steht der Asylhelferkreis am Viehmarktplatz, die Strichliste zeigt um kurz nach elf eine eindeutige Zahl: Über 100 Passanten machten ihren Strich bei "Ja", fünf kreuzten "Vielleicht" an, lediglich zwei Striche stehen bei "Nein". "Das waren die, die gesagt haben, sie wollen gar keine Asylbewerber hier haben", so Epp. Die fehlende Arbeitserlaubnis hat für die Asylbewerber oft persönliche Folgen. Sie wissen nicht, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen, hängen den ganzen Tag nur herum. Der Senegalese, der gerne Altenpfleger werden würde zum Beispiel, laufe jetzt den ganzen Tag mit gesenktem Kopf durch die Stadt, erzählt Epp. Dabei würden doch gerade in der Altenpflege Fachkräfte gebraucht.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: