Vernissage:Geschichte des Essens

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In der Furthmühle eröffnet die Ausstellung "Krapfa und Kraut"

Von Isolde Ruhdorfer, Egenhofen

Eine Sache, die kannte wirklich niemand. Marzel. Klingt wie der fantasievolle Name eines Gnoms, ist aber eine Mehlspeise. Genauer gesagt waren die "Topfennudeln", wie man sie auch nennen kann, Bestandteil des Festessens für Dienstboten in Oberweikertshofen. Mehr als 200 Jahre alt ist ein Rezept, dass Martin Obermeier bei seinen Recherchen für die neue Ausstellung der Furthmühle entdeckte. Der erste Backversuch landete allerdings bei den Hühnern, wie er lachend zugeben muss. Aber jetzt: unverbesserlich! Deshalb wird es sie auch bei Ausstellungseröffnung an diesem Donnerstag zum Probieren geben. Dazu gibt es Schmalzbrote, Magenbrot und natürlich Kraut. So heißt schließlich die Ausstellung: "Krapfa und Kraut - Leben ohne Supermarkt und Discounter".

Es geht um Anbau, Ernte und Ernährung ab 1800. Damals, als es noch keinen Lidl und keinen Rewe gab. Was haben die Leute gegessen? Wie haben sie gekocht? Und wie gelebt? Alles Fragen, bei denen es den ehrenamtlichen Mitgliedern der Furthmühle Egenhofen schon in den Fingern juckt. Recherchieren und Geschichte zeigen, das ist ihre Leidenschaft. "In die Zukunft schauen kann man ja nicht", meint Albert Aumüller. Also schauen sie in die Vergangenheit. Digital zugängliche Quellen, wie alte Bücher und Zeitungen, haben ihnen die Recherche enorm erleichtert. Genaue Aufzeichnungen wie die des Pfarrers Nikolaus Lang aus Oberweikertshofen oder das "Intelligenzblatt der Königlich Bayerischen Regierung" sind Gold wert. So entstand die jetzige Ausstellung, die für ein Jahr zu sehen sein wird. Der Eintritt ist frei, die Idee ist, sie im Anschluss an eine Mühlenführung zu besichtigen. Zusätzliche Informationen liefert eine Begleitmappe. Sie ergänzt das Sammelsurium von antiken Eisschränken, Krauthobeln und Kachelöfen mit Erklärungen, Diagrammen und Interviews. Es wird vielleicht nicht immer auf den korrekten Genitiv und die Kommasetzung geachtet, aber die liebevolle und sorgfältige Arbeit zeigt, wie viel Herzblut in "Krapfa und Kraut" steckt.

Vor allem w ollen sie Geschichte zeigen, wollen demonstrieren, dass es nicht schon immer so war, wie heute. Dabei geht es aber nicht um Könige und Adelsfamilien, sondern um die gewöhnliche Bevölkerung. "Es ist eine Ausstellung über die kleinen Leute." Es soll aber auch ein Denkanstoß sein, sich mit unserer selbstverständlich scheinenden Wohlstandsgesellschaft auseinander zu setzen. "Armut bei uns ist etwas anderes, als in Afrika. Bei uns verhungert niemand", erklärt Klaus Reindl. Er selbst esse heute jeden Tag Fleisch, muss er zugeben. Aber damals? Undenkbar! "Früher, wenns einen Gockel gegeben hat, das war ein Festessen", erinnert sich Aumüller. Oder ein Pfund Aufschnitt für acht Leute, das war Luxus, fügt Martin Obermeier, der die Idee für das diesjährige Thema hatte, hinzu. Man solle also bewusst durch die Ausstellung gehen und sich vergegenwärtigen, was für ein Glück wir haben, in der heutigen Zeit zu leben. Nachdenklich werde man da schon, so Aumüller.

Dabei sind er und seine Altersgenossen durchaus nicht in einer Zeit aufgewachsen, in der Tomaten im Winter Alltag waren. Kraut, das war auch für sie noch ein wichtiges Nahrungsmittel. Ans "Krautstampfen" erinnert sich Obermeier heute noch. Jemand schnitt im Wohnzimmer das Kraut und die Kinder mussten sich die Füße waschen ("Aber zwei Mal!"), um das Kraut zu stampfen. So anschaulich wie die Erzählungen ist auch die Ausstellung und eignet sich deshalb gut für Kinder. Ein "Wissensvorhang" liefert interessante Fakten und Daten, beispielsweise seit wann es die Thermoskanne gibt. Bei einem kulinarischen Memory kann man seine Bairischkenntnisse unter Beweis stellen. Allerdings scheitern auch bayerische Muttersprachler an Wörtern wie "Bschoadiache". Abwechslungsreich ist es allemal. Reindl ist sich sicher: "Die Ausstellung lebt richtig."

Ausstellung "Krapfa und Kraut", Furthmühle Egenhofen, Donnerstag, 22. März, 19 Uhr.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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