Verfahren vor dem Jugendgericht:Horrortrip nach Diskobesuch

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Er war splitternackt, schrie "LSD, Teufel und Satan" - und griff die Polizisten an, die ihn auf der Straße fanden: Ein 19-jähriger Fürstenfeldbrucker musste sich deswegen nun vor dem Jugendgericht verantworten.

A. Lindenbach

Als die Polizei den 18-Jährigen nachts an einer Trambahnhaltestelle vorfand, war der Fürstenfeldbrucker splitternackt und schrie wie von Sinnen immer wieder "LSD, Teufel und Satan". Als die Beamten ihn mitnahmen, griff er sie an. Was folgte, war ein Verfahren vor dem Brucker Jugendgericht. Das sprach den heute 19-Jährigen am Dienstag vom Vorwurf des fahrlässigen Vollrausches frei, weil nicht widerlegt werden konnte, dass ihm in einer Diskothek Drogen ins Glas gemischt wurden.

Ende Juni 2009 hatte eine Zivilstreife den Heranwachsenden gegen drei Uhr morgens komplett nackt auf dem blanken Asphalt liegend in der Nähe jener Disko entdeckt, in die der Brucker drei Stunden vorher gegangen war. Von ihnen angesprochen, habe er immer wieder "LSD" geschrien, sowie "Teufel und Satan". Die Beamten schilderten den Zustand des jungen Mannes als "total benommen" und "irgendwie abnormal". Deshalb wollten sie ihn mit auf die Polizeiinspektion nehmen.

Doch auf der Fahrt dorthin attackierte der Brucker den neben ihn sitzenden Polizisten mit Schlägen und Bissen. Sein Kollege musste anhalten und ihm helfen, den wild gewordenen 18-Jährigen zu fesseln. Auf der Inspektion wiederholten sich die Angriffe des Berauschten. Vier Beamte waren nötig, um den außer Kontrolle geratenen Diskobesucher zu fesseln. Eine Blutprobe ergab null Promille, der Brucker wurde ins Bezirkskrankenhaus Haar gebracht, wo er am nächsten Morgen ohne bleibende Schäden zu Bewusstsein kam.

"Ich habe das nicht freiwillig genommen", beteuerte der zumindest mit Cannabis-Produkten erfahrene Angeklagte am Dienstag vor der Jugendrichterin. Er berichtete von einem Unbekannten, der ihm einen Cocktail spendiert habe. Danach wisse er nichts mehr. Wie ein toxikologischer Gutachter feststellte, war im Blut des Angeklagten eine ausreichende Menge der psychedelischen Droge LSD gefunden worden. Was der Brucker erlebt habe, "ist das, was wir unter einem Horrortrip verstehen". Da LSD nicht schmecke oder rieche, könne es auch leicht in Getränke gemischt werden.

Dem Staatsanwalt genügten die fortwährenden LSD-Rufe des 19-Jährigen während seines Horrortrips als Beleg, dass er die Droge freiwillig genommen hatte. Er beantragte, den künftigen Lehrling zu acht Tagen Sozialarbeit zu verurteilen. "Es fällt zwar ausgesprochen schwer, die Geschichte des Angeklagten zu glauben, aber letztlich kann man sie nicht ausschließen", entgegnete Richterin Anna Kappenschneider. Sie sprach den Brucker frei und verwies darauf, dass es Strafe genug sei, "dass er diesen Horrortrip erlebt hat".

© SZ vom 18.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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