Urteil:Missglückter Schuss

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Wegen Missständen ist der Fürstenfeldbrucker Schlachthof Hasenheide 2017 geschlossen worden. Er wurde seither umgebaut und mit einem neuen Konzept und unter neuer Leitung wieder eröffnet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Amtsgericht verurteilt einen Metzgermeister wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz zu einer Geldstrafe. Der 32-Jährige hatte zwei Rinder im Schlachthof nicht ordnungsgemäß betäubt

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Weil er bei der Betäubung zweier Rinder vor vier Jahren im Schlachthof Fürstenfeldbruck Fehler gemacht hat, ist ein 32 Jahre alter Metzgermeister auf der Anklagebank gelandet. Die Staatsanwältin warf ihm Vergehen gegen das Tierschutzgesetz vor. Dafür verurteilte ihn der Richter letztlich auch, allerdings fiel die Geldstrafe mit 15 Tagessätzen zu je 60 Euro gering aus.

Der Vorsitzende berücksichtigte, dass der Angeklagte angesichts baulicher Mängel "unter erschwerten Bedingungen" gehandelt hatte. Der Mann hatte das Bolzenschussgerät nachgeladen, statt, wie im Tierschutzgesetz vorgeschrieben, das bereitstehende Ersatzgerät zu verwenden. Der Schlachthof in der Hasenheide war im Mai 2017 geschlossen worden, nachdem Tierrechtler der Soko Tierschutz Videos veröffentlicht hatten, die den Verdacht der Tierquälerei und Hygieneverstöße nahelegen. Zu sehen war etwa, wie ein Metzger über Schweine läuft oder einem Rind der Schwanz umgebogen wird. Bewegungen mancher Tiere ließen den Verdacht aufkommen, sie seien vor der Schlachtung nicht richtig betäubt worden. Auch im Fall des 32-Jährigen dienten die Aufnahmen der Staatsanwaltschaft bei der Erhebung der Anklage.

Der Vorwurf gegen den Metzgermeister lautete konkret, ihm sei im April 2017 die Betäubung von zwei Rindern mit dem ersten Schuss misslungen. Durch das Nachladen habe er das Leiden der Tiere unnötig um sieben beziehungsweise elf Sekunden verlängert. "Aus meiner Erfahrung geht der Kartuschenwechsel schneller als das Nachladen", erklärte der Angeklagte seine Vorgehensweise. Im Dialog mit dem Sachverständigen stellt sich heraus, dass der Betäuber laut Vorschrift ein geladenes Ersatzgerät griffbereit platziert haben muss. Wie der 32-Jährige im Gerichtssaal erläuterte, war dafür auf dem Podest, auf dem er seine Arbeit ausführt, kein Platz.

"Das ist das erste Mal, dass ich so einen Betrieb sehe", sagte der Sachverständige zum fehlenden Platz auf dem Podest, als er sich mit den anderen Prozessbeteiligten ein Video der Betäubungen ansah. Generell beanstandete er die Bauart des Schlachthofs, etwa eine fehlende Vorrichtung zum Fixieren des Kopfes vor dem Bolzenschuss. Denn darin stimmt er mit dem Angeklagten überein: Dass der erste Schuss jeweils nicht die gewünschte Wirkung hatte, lag wohl daran, dass die Tiere ihren Kopf bewegt haben. "Diese Probleme sind vom Betrieb hausgemacht gewesen durch die Konstruktion der Falle und die Art, wie der Betäuber dastehen musste." Dennoch habe der Angeklagte das Leid der Tiere durch das Nachladen verlängert.

"Der Angeklagte hätte auf jeden Fall dafür sorgen müssen, dass er das Ersatzgerät griffbereit hat", reklamierte die Staatsanwältin. Sie sah bei den Fehlschüssen keine Mitschuld des Angeklagten und beantragte eine Geldstrafe von 35 Euro zu je 60 Tagessätzen, also 2100 Euro. Der Verteidiger plädierte für eine mildere Strafe - ein Antrag, dem Richter Martin Ramsauer mit 900 Euro Geldstrafe nachkam.

Der Schlachthof wurde nach der Schließung für 120 000 Euro baulich und in den Abläufen verändert und im Februar 2018 mit Engelbert Jais als neuem Geschäftsführer wiedereröffnet.

© SZ vom 04.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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