Gastronomie:Wo Musikanten willkommen sind

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Der Wirt des Gasthauses Schoambacher, Timo Siller, wird ausgezeichnet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Heimatminister Albert Füracker zeichnet das Gasthaus Schoambacher in Unterschweinbach aus. Weil dort Musizieren und Singen noch als Brauchtum angesehen wird.

Von Manfred Amann, Egenhofen

In der Wirtschaft Karten spielen, im Gasthaus musizieren? Die Gastronomie hat es nicht mehr so mit dieser Art der Unterhaltung. Bis auf den Wirt im "Schoambacher" in Egenhofener Ortsteil Unterschweinbach. Dort wird bald ein Schild mit der Aufschrift "Musikantenfreundliches Wirtshaus" darauf hinweisen, dass in der Gaststätte Musikanten und Sänger nicht nur willkommen sind, sondern sich immer wieder mal ein Stelldichein geben, um ungezwungen in lockerer Runde mit den Gästen bayerische Wirtshauskultur zu pflegen. Bei einem Festakt verleiht Bayerns Finanz- und Heimatminister Albert Füracker am Montag in Pentling (Landkreis Regensburg) zusammen mit dem Arbeitskreis "Musikantenfreundliches Wirtshaus" die Auszeichnung an Timo Siller, der seit Anfang 2022 die Gaststätte Schoambacher führt.

"Musik und Gesang gehören seit jeher in ein bayerisches Wirtshaus, leider geht dieses Brauchtum nach und nach verloren", bedauert der 34 Jahre alte Gastwirt. Daher sei es ihm von Anfang an wichtig gewesen, die Tradition in sein Wirtshaus zurückzuholen, auch wenn es ihm die Corona-Pandemie nicht leicht gemacht habe. Die Traditionsgaststätte auf dem Land, vormals Postmeister und danach Bliasmeister, sei in der Region gut bekannt und eigne sich mit seinen Räumlichkeiten und dem Biergarten bestens dafür. Beim Schoambacher treten das ganze Jahr über Musikgruppen, Kabarettisten und im Biergarten auch Blaskapellen auf, aber dafür gibt es die Auszeichnung nicht. Ein wesentliches Kriterium für die Auswahl seiner Gaststätte für die Auszeichnung sei der allmonatliche Musikantenstammtisch gewesen, den es seit Mitte des Jahres gibt und den er zusammen mit Brigitte Schäffler monatlich organisiert. "Acht bis 15 Musiker kommen da jedes Mal, und es hat sich rumgesprochen, dass es da zünftig zugeht. Daher ist das Wirtshaus an diesen Abenden auch bis auf den letzten Platz voll", erzählt Siller. Gespielt werde alles, was es an bayerischen Volksweisen und Wirtshausliedern gibt, "Jodler, Couplets und Schnadahüpfl inklusive". Besonders hoch hergehe es, wenn die Gäste mitsingen können. Dafür würden manchmal Liedtexte verteilt.

Gern begrüßt Siller in seinem Wirtshaus, der aus Heidenheim an der Brenz stammt und schwäbisch, bayerisch und österreichisch aufkocht, auch außerhalb des Stammtisches Musiker, besonders gern Zitherspieler, denn das Saiteninstrument sei besonders typisch für bayerische Wirtshauskultur. Weniger geeignet sind wegen der beengten Räumlichkeiten und der Lautstärke große Blasinstrumente.

Manche Musiker, die mit Akkordeon, Steirischer, Gitarre oder Klarinette aufspielten, träfen beim Schoambacher erstmals aufeinander, was natürlich dazu ansporne, sich gegenseitig zu zeigen, was man mit dem Instrument und auch gesanglich so draufhat, weiß Timo Siller aus Erfahrung. Zur Freude der Gäste und des Wirtes komme es da zu virtuosen Höchstleitungen in einer Bombenstimmung. Mittlerweile verabredeten sich Musiker sogar, um erneut beim Schoambacher gemeinsam unterhalten zu können. Dass sich Siller um das Prädikat "Musikantenfreundliches Wirtshaus" bewarb, hat auch mit Brigitte Schäffler zu tun. Sie ist mit Ingeborg Heining Kreisheimatpflegerin für den Aufgabenbereich Volksmusik, Volkstanz, Tracht, Mundart, Laienschauspiel und Volkskunde und hat laut Siller "für das Musizieren und Singen im Wirtshaus wie früher sehr viel übrig". Brigitte Schäffler ist beim bayerischen Landesverein für Heimatpflege beschäftigt, von dem die Aktion "Musikantenfreundliches Wirtshaus" unterstützt wird.

Als stellvertretender Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes war Siller im vergangenen Jahr zu Verleihung des Prädikates an das Wirtshaus Marthabräu in Fürstenfeldbruck eingeladen und wurde so darauf aufmerksam. Brigitte Schäffler habe ihn daraufhin ermuntert, sich auch zu bewerben. "Dass ich auch gleich ausgewählt worden bin, freut mich sehr", sagt Siller. Die Auszeichnung sei ein Ansporn, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.

Das Prädikat "Musikantenfreundliches Wirtshaus" wird seit 1996 vergeben. Hinter der Aktion steckt die Idee, die "autonome musikalische Selbstversorgung in Gaststätten" und das "freie, aus der Emotion geborene Singen und Musizieren zur eigenen Unterhaltung und Entfaltung, fern von Programmabläufen und Fremdbestimmung" und weg von einer erstarrten Bühnenkultur zu fördern, heißt es in der Ausschreibung. Das Wirtshaus als Ort der Begegnung und Kommunikation sei der ideale Rahmen dafür. Sänger und Musikanten spielen ohne Bühne und ohne Gage, allein für Getränke und eine Brotzeit zum eigenen Vergnügen und zur Unterhaltung der Gäste. Ausgezeichnet wurden dieses Mal 18 Wirtinnen und Wirte aus Oberbayern, Niederbayern, der Oberpfalz, aus Mittelfranken, Unterfranken und Schwaben. Bisher haben mehr als bayerische 500 Wirtshäuser die Auszeichnung erhalten. Für Timo Siller ist sie "eine große Ehre".

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