Unternehmerin:Von Puchheim nach New York

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Gabi Hegan ist vor 19 Jahren in die USA umgezogen. Dort versucht sie, deutschsprachigen Familien ihren Aufenthalt mit Nachrichten und praktischen Tipps zu erleichtern. Jetzt möchte die Unternehmerin weiter expandieren

Von Erich C. Setzwein, Puchheim

Sechs der zehn Wochen Schulferien sind nun rum, und Lily wird bald wieder Unterricht haben. Nicht in Puchheim, wo Gabi Hegan mit ihrer Tochter ihren Urlaub verbringt, sondern in New York, wo es gerade ebenso heiß ist. Sechs Wochen Auszeit sind in den USA ein Luxus, wo die Angestellten doch nur einen Jahresurlaub von zwei Wochen haben. Was also tun, wenn die zwei Wochen mit den Kids rum und noch acht Wochen zu überbrücken sind? Eine Frage, die sich die New Yorker selbst zwar nicht mehr stellen, auf die aber die eben in die USA zugereisten Deutschen gerne eine Antwort hätten. In der ersten Ausgabe ihres Magazins "Heimat abroad", das die 44 Jahre alte Gabi Hegan zusammen mit Petra Schurmann herausgibt, finden sich denn auch Tipps, welche Feriencamps es gibt. Ein Ratschlag von vielen im Heft und auf der gleichnamigen Website, die deutschsprachigen Neuankömmlingen das Leben im Big Apple erleichern soll.

Gabi Hegan, die vor 19 Jahren als Gabi Almstätter von ihrem damaligen Arbeitgeber "Leading Hotels of the World" von Frankfurt am Main an den Hudson River nach New York geschickt wurde, musste sich damals solche Fragen noch nicht stellen. Wohl aber, wie man eine Wohnung sucht, was man wissen muss, wenn man in einem Krankenhaus ist und welche fünf Unterschiede es zwischen einem deutschen und einem amerikanischen Restaurant gibt. Ganz praktische Fragen, mit denen sich Deutsche - und alle anderen Ausländer auch - herumschlagen, wenn sie für ein paar Jahre in New York oder sonstwo in den USA arbeiten. Zehn Jahre lang machte Hegan vielfältige Erfahrungen in New York, wechselte dort den Arbeitsplatz und machte Karriere bei Kempinski Hotels, bis 2009 ihre Tochter geboren wurde.

Mit dem Kind kamen dann alle jene Fragen hinzu, die ihr vorher so nicht begegnet waren. Weil sie in der deutschen Community in New York ähnliches hörte, gründete sie 2010 in ihrer Elternzeit die Internetseite www.citykinder.com und hilft seitdem den "Expats", den außerhalb ihrer Heimat Lebenden, durch die Fallstricke US-amerikanischer Gebräuche, Gesetze und sonstiger Regeln. Wohin die Eltern mit den Kindern Ausflüge machen können, wird ebenso verraten wie die besten Plätze, von denen aus man die Feuerwerke zum Nationalfeiertag am 4. Juli beobachten kann. Darüber hinaus werden auf der Seite auch Seminare angeboten, wie etwa zum Thema "Schwanger in New York", oder die beliebtesten Treffpunkte der deutschen Community genannt. Ein wenig vertraut gemacht hat Hegan auch ein paar Puchheimer mit New York, als sie zusammen mit ihrem Bruder, der bei der Feuerwehr Puchheim-Bahnhof ist, eine Teilnahme an der Steuben-Parade organisierte.

Hegan schätzt, dass etwa 50 000 Deutsche in New York wohnen. Darunter sind viele Deutsch-Amerikaner, die seit Generationen dort leben, aber eben auch viele, die auf Zeit heimatlos sind. Das Interesse an der Seite ist vergleichsweise groß, 2500 deutsche Familien beziehen den regelmäßigen Newsletter, es gibt einen regen Austausch mit den deutschen Handelskammern und diplomatischen Vertretungen. Denn das Wichtigste unter denen, die sich für einige Jahre in New York aufhalten, sei das Networking, sagt Gabi Hegan. Von dem Netzwerk, das sie über die Jahre in der Hotelbranche aufgebaut und später erweitert habe, profitiere sie jetzt.

War www.citykinder.com zunächst ein Hobby, so machte Hegan die Arbeit an der Seite 2014 zu ihrem neuen Beruf. Da immer wieder neue deutschsprachige Arbeitnehmer in die Metropole kommen, gibt es auch immer wieder neue Besucher der Internetseite. Um das Wissen, das sie sich als Deutsche in New York erworben hatte, zusammenzufassen und auf ihre deutschsprachige Zielgruppe neu auszurichten, entwickelte sie die Seite www.heimatabroad.com. Dort sind Lifestyle-Geschichten zu finden, aber auch Rezepte und Reiseberichte sowie Interviews mit Deutschen, die ihren Weg in den USA gemacht haben. Hegan selbst scheint mit ihrem Unternehmen ebenfalls auf einem guten Weg zu sein, ihre Firma hat inzwischen fünf feste Mitarbeiter und fünf weitere Freie, die projektbezogen arbeiten.

Zwar gibt es große Firmen, die eigene Abteilungen für ins Ausland entsandte Mitarbeiter unterhalten, doch seien die Pakete, die diese Abteilungen für die Expats schnürten, oft nicht ausreichend. Der Faktor Familie werde oft unterschätzt, meint Gabi Hegan. Ein Beispiel: Fühle sich die Frau des Angestellten nicht wohl, weil sie ihren Beruf nicht ausüben könne oder es Probleme mit Kindergarten und Schule gebe, werde auch der Mann nicht die volle Leistung bringen können - und sich wegen des Familienfriedens schwer überlegen, ob er noch mal für seine Firma ins Ausland gehe. "Man denkt immer, die USA seien ähnlich, aber es wird so vieles unterschätzt", sagt Gabin Hegan.

Standbeine in Bayern und New York: Chriz Merkl ist seit einigen Tagen neuer Geschäftspartner von Gabi Hegan. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Sie selbst hat das alles erfahren. Aus Puchheim kommend, wo ihr Vater Heinrich Almstätter und Bruder Martin Almstätter noch leben, musste sie viel Neues erfahren und ebenso viel erfragen. Die Schulanmeldung, Makler für die Wohnung und die Bankgeschäfte. Um zu verdeutlichen, auf was sich die Deutschen einstellen müssen, sagt sie. "Es gibt tatsächlich noch Schecks hier, ohne Scheckbuch kann ich in New York nicht überleben."

So ist "Heimat abroad" zu einer Anlaufstelle für Familien geworden - "ganz gleich, ob diese gerade erst in der neuen Heimat angekommen sind, schon lange in den USA leben oder die Rückkehr in die Heimat planen", wie es auf Gabi Hegans Internetseite heißt. Sie selbst hat derzeit keine Ambitionen, ganz nach Deutschland zurückzukehren. Allerdings baut sie sich Standbeine im deutschsprachigen Raum auf. So ist die Redakteurin des Magazins, Juliane Tranacher, nach ihrer Rückkehr aus New York nun in Hamburg, und mit Chriz Merkl, einem Schulfreund vom Gymnasium Puchheim, hat sie dieser Tage einen Partner für ihre Firma gefunden. Merkl ist ihr neuer Verkaufsleiter für den Markt in Deutschland, Österreich und der Schweiz, und er wird sich um den Webauftritt kümmern, weil Gabi Hegan auch in anderen amerikanischen Großstädten die dortige deutsche Gemeinschaft mit ihrem "Branchenbuch", so Merkl, erreichen will. In Deutschland sollen Kunden geworben werden, deren Mitarbeiter sich auf einen USA-Einsatz vorbereiten. Ebenso aber werden auch Werbepartner gesucht, denn die Seiten finanzieren sich nicht durch die Klicks der User. Eine große deutsche Immobiliengesellschaft, die in New York tätig ist, gehört dazu, und auch ein Ferninstitut, das Grundschulunterricht für deutsche Kinder anbietet.

Zurück in New York, wird sich Gabi Hegan auch wieder ihrer Netzwerk-Idee widmen, der "Ich-bin-Expat-Fair", einer Messe für die deutschen Arbeitnehmer und Familien in New York. Es steht die mittlerweile dritte Auflage an. Auf der Messe im November 2017 gab es 40 Aussteller, von der Schule über Kinderbetreuung, deutsche, österreichische und Schweizer Unternehmen bis hin zu Umzugsfirmen. Außerdem fanden sechs Expertengespräche statt. Hegan hatte als Kooperationspartner die deutsche Handelskammer gewonnen, 500 Besucher kamen zum Networking zusammen - Kinder waren die am liebsten gesehen Gäste.

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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