Alle sind sich einig, dennoch gibt es Streit in Eichenau. Der in diesem Jahr verfeinerte Entwurf des Rahmenplans zur Bebauung des südlichen P & R-Platzes am S-Bahnhof Eichenau hat nicht nur viele Menschen im Ort betroffen gemacht und zur Gründung einer Bürgerinitiative geführt, er hat sich auch schon zum ersten hitzigen Thema im beginnenden Bürgermeisterwahlkampf entwickelt. Gegen neue, womöglich auch noch erschwingliche Wohnungen habe niemand etwas, sagen alle Beteiligten, doch wie viele Wohnungen es sein sollen, wie hoch die neuen Häuser dafür am S-Bahnhof werden dürfen und welche Vorgaben gemacht werden müssen, damit in den kommenden Jahren vor allem Wohnraum für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn und der Inneren Mission entstehen können, darüber besteht Uneinigkeit. Ein Kompromiss, auf das die erst angestoßene Diskussion hinauslaufen dürfte, liegt noch in weiter Ferne.
Was Planerin Kathrin Geßl dem Gemeinderat und dem Publikum am Dienstagabend präsentierte, war ein neu dimensionierter Entwurf der ursprünglichen Idee, die von etwa 50 Betriebswohnungen der Bahn ausging. Manche Gemeinderäte, die schon bei der ersten Vorstellung einer Skizze im November vor zwei Jahren schon von bis zu 100 möglichen Wohnungen ausgegangen waren, fühlten sich bestätigt. Alle Fraktionen im Gemeinderat halten den nun vorgelegten Entwurf für "überzogen" und "zu massiv". Wenn auf dieser Grundlage weitergeplant würde, könnten auf der Südseite des Bahnhofs 140 Wohnungen und auf der Nordseite ein Parkhaus für 300 Fahrzeuge entstehen. Der Entwurf zeigt aber auch künftige Entwicklungen rund um den Bahnhof auf, so unter anderem vier Gleise, den parallel zur Bahnlinie verlaufenden Fahrradschnellweg und eine gewerbliche Bebauung dort, wo jetzt noch Autos parken. Ein Hotel oder ein Boardinghaus wären dort langfristig möglich, ein Discounter aber eher nicht.
Wie das mehr als 200 Eichenauerinnen und Eichenauer sehen, haben sie zum einen in der Gründung der überparteilichen "Bürgerinitiative für eine menschenfreundlichere Wohnbebauung ohne Maximalverdichtung am S-Bahnhof Eichenau (Südseite)", kurz: BIM, sowie mit einer Unterschriftenaktion deutlich gemacht. Vertreter der BIM sind für die Umwandlung von Parkflächen in Wohnhäuser und würden es begrüßen, wenn Parkraum erhalten bleibt, sofern die Häuser auf Stelzen darüber errichtet würden. Wogegen die Initiative aber etwas hat, das ist die in ihren Augen "massive Riegelbebauung". Und tatsächlich ist das bislang entworfene Gebäude für die Bahn-Wohnanlage etwa 150 Meter lang und nicht untergliedert und hat vier Seitengebäude. Die Wohnanlage liegt wie ein Kamm auf dem Park & Ride-Grundstück.
Der nun sehr kontrovers diskutierte Entwurf soll als sogenannter Rahmenplan alle Ideen enthalten, die sich die Gemeinde für die Bebauung vorstellen kann und die zu Bedingungen für diejenigen werden, die ein Grundstück bebauen wollen, wie Bürgermeister Peter Münster (FDP) sagte. Die Bahn bietet das Grundstück danach Investoren an, die ihre individuellen Vorstellungen nach den Vorgaben des Rahmenplans einbringen. Diese Planungsvorschläge begutachtet ein Gremium, an dem neben der Bahn als Eigentümerin der Fläche auch die Gemeinde beteiligt ist. Wird ein Entwurf ausgesucht, beginnt ein Bauleitverfahren, bei dem sich jeder zu Wort melden und Einwendungen vorbringen kann. Weil aber bis dahin noch viel Zeit vergeht, möchten die Fraktionen von SPD und Grünen, dass die Eichenauer sich schon jetzt einbringen können. Deshalb forderte Claus Guttenthaler, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, dass der ursprünglich für Dienstagabend vorgesehene Beschluss des Rahmenplans später erfolgen solle. Dem konnte sich auch Céline Lauer (CSU) anschließen.
So wird es eine Sondersitzung geben, in dem dieser besondere Fall von Nachverdichtung eigens behandelt wird. Die Frage, die sich nicht nur Bürgermeister Münster stellt, ist, ob sich ein Betreiber für das Parkhaus findet. Würde das derzeit mit drei bis vier Ebenen geplante Parkhaus nördlich der Gleise nicht errichtet, kann auch der P & R-Platz auch nicht aufgelöst werden. Völlig unabhängig davon könnte aber die Planung für das neue Gebäude vor dem Pflegezentrum begonnen werden. Dafür muss nichts verlegt oder verändert werden. Gemeinderat wie Bürgerinitiative sehen den L-förmigen Bau als Gewinn für Eichenau, weil dort nicht nur die dringend benötigte Tagespflege untergebracht werden könnte, sondern auch etwa 30 Wohnungen für Angestellte des Pflegezentrums entstehen. Auch die Gemeinde könnte dort zehn Wohnungen haben. Um weiteren Wohnraum für Pflegekräfte sowie Stellplätze zu schaffen, wäre auch noch auf dem Grundstück der Inneren Mission Platz.
Dass dieses Thema den Bürgermeisterwahlkampf bestimmen dürfte, zeigte sich am Dienstag ein wenig. Gewerbereferent Peter Zeiler, von der CSU bereits als Gegenkandidat für Peter Münster nominiert, ließ das Gremium etwas von seinem Unmut über das Vorgehen generell und die Haltung von Grünen, SPD und Bürgerinitiative gegenüber dem Wohnungsbau spüren: "Hier helfen keine linken Träumereien", schimpfte er und verwies auf die geringe Zahl preisgünstiger Wohnungen in Eichenau.
Ob schon in der nächsten Gemeinderatssitzungen ein oder sogar zwei weitere Kandidaten sitzen, hängt davon ab, ob die Grünen an diesem Donnerstag einen Gemeinderat als Herausforderer von Münster benennen und die SPD doch noch einen Bewerber findet.