Umwelt:Wenn's stinkt, wachsen die Pflanzen

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Wenn die Landwirte die über den Winter angesammelte Gülle auf den Feldern ausbringen, müssen sie darauf achten, dass nicht zu viele Nährstoffe in den Boden gelangen. Kontrolliert wird dies vor allem von den Wasserversorgern

Von Lena von Holt, Fürstenfeldbruck

Der Himmel blau, die Temperatur mild, ein traumhafter Frühlingstag - wenn nicht der Gestank wäre. Ein Indiz dafür, dass die Landwirte wieder Gülle auf Felder und Wiesen ausbringen. Als organischer Dünger steigert Gülle zwar den Ertrag der Bauern, kann bei falscher Nutzung aber Mensch und Natur schaden. Deutschlandweit führt das zu Problemen, im Landkreis scheint die Welt überwiegend aber noch in Ordnung zu sein.

"Im Frühjahr wachsen die Pflanzen besonders stark", erklärt Johann Drexl, Kreisobmann des Bauernverbandes Fürstenfeldbruck. "Dann brauchen sie die Nährstoffe, die in der Gülle enthalten sind, besonders." Das Gemisch aus Einstreu, Urin und Kot stammt von Rindern und Schweinen. Aufgrund seines hohen Gehaltes an Stickstoff, Phosphor, Kalium und anderen Nährstoffen gilt Gülle als wichtiger Wirtschaftsdünger. Förderlich für das Wachstum der Pflanzen ist vor allem der darin enthaltende Stickstoff.

Die Bauern dürften die Gülle nur "bedarfsgerecht" auf den Feldern verteilen, erklärt Wolfgang Hutterer, landwirtschaftlicher Berater des Amperverbandes Eichenau. Sie dürfen also nur so viel Gülle ausbringen, wie die Pflanzen tatsächlich aufnehmen können. Bisher liegt die Nährstoffgrenze bei 170 Kilogramm Nitrat pro Hektar. Doch oft übersteigt die Menge den eigentlichen Bedarf. Als Folge sickert der Stickstoff ins Grundwasser und taucht als Nitrat in Trinkwasser und Nahrungsmitteln wieder auf. Zu viel Nitrat ist gefährlich für den Menschen - es gilt als krebserregend und schadet der Durchblutung. Aber auch die Umwelt leidet, in Seen kann ein Überangebot zu Algenblüte und Fischsterben führen. Eine neue Düngeverordnung, die derzeit noch in Berlin verhandelt und voraussichtlich Ende 2016 in Kraft treten wird, soll dies verhindern.

Im 1200 Hektar großen Wasserschutzbereich der Amper stelle Gülle momentan kein Problem für das Wasser dar, sagt Friedrich Popp, Leiter der Wasserversorgung beim Amperverband Eichenau. Das liege vor allem daran, dass es nicht so viele viehhaltende Betriebe gebe. Eine freiwillige Vereinbarung zwischen Bauern und Amperverband verhindert zusätzlich, dass der Boden mit zu viel Stickstoff angereichert wird. Mit regelmäßigen Wasserproben kontrolliert der Amperverband den Nitratgehalt. Bisher wurden aber keine erhöhten Werte festgestellt. Im Gegenteil: Aufgrund der Vereinbarung seien diese sogar rückläufig. Dafür, dass die Landwirte darauf verzichten, in bestimmten Gebieten Gülle auszubringen, erhalten sie vom Amperverband eine Aufwandsentschädigung. Die soll vor allem den durch ökologische Landwirtschaft verminderten Ertrag der Bauern ausgleichen. Sie erhalten auch dann ein Honorar, wenn sie ihre Felder das ganze Jahr über begrünt lassen. Statt das Feld den Winter über brach stehen zu lassen, könnten sie zum Beispiel Rüben pflanzen, erklärt Hutterer. Diese nehmen Nährstoffe auf und verhindern so, dass diese ins Wasser gelangen.

Hutterer bewertet die geplante Verordnung als positiv. Durch eine verlängerte Sperrfrist, also einen längeren Zeitraum, in dem Gülle nicht auf das Feld darf, werde in Zukunft weniger Nitrat vom Boden aufgenommen. Bisher dauerte die Frist von Anfang November bis Ende Januar. Oft wurde im Herbst noch Gülle ausgebracht, obwohl Wintergetreide nicht viele Nährstoffe braucht. Darüber hinaus soll eine neue Technik dazu beitragen, dass die Nährstoffe in Bodennähe aufgetragen werden, um die Verteilung von Ammoniak in der Luft zu verhindern. Damit Gase nicht wieder aus dem Boden austreten, soll die Verordnung auch vorschreiben, dass die Gülle innerhalb von vier Stunden nach Auftragen in das Feld eingearbeitet wird. Die Bauern befürchten vor allem, dass mit der neuen Verordnung massenhaft Bürokratie auf sie zukommt. Sie befürchten zudem geringere Erträge und Einbußen bei der Qualität - ähnlich wie in Dänemark, wo strenge Höchstregeln für die Ausbringung festgelegt wurden. Das hatte zur Folge, dass der Weizen nicht mehr den geforderten Eiweißanteil enthielt. Die dänischen Bauern mussten ihre Erträge als Futtermittel verkaufen und waren auf Importware der Nachbarländer angewiesen.

"Auf unsere Region wird die Verordnung keine großen Auswirkungen haben", relativiert Hutterer die Ängste der Bauern. Der landwirtschaftliche Berater findet es sinnvoll, Menge und Zeitraum der Güllezufuhr zu regeln. Eine andere Lösung sieht er in sogenannten Nährstoffexporten. Schon jetzt existiert ein regelrechter Handel mit Gülle. Betriebe mit einem Überschuss verkaufen den Bio-Dünger an Ackerbetriebe, die auf ihn angewiesen sind. Im Vergleich zum Voralpenland, wo sich immer mehr Rinderbetriebe niederließen, sieht er in der Region München kaum eine Gefahr, dass in Zukunft mehr Viehbetriebe entstehen und in Folge weniger Flächen zur Verfügung stehen, um die anfallende Gülle zu entsorgen. "Landwirte tun sich schwer, sich in dicht besiedelten Gebieten weiterzuentwickeln."

Außerdem setzten sich die Bürger gegen eine solche Entwicklungen zunehmend zur Wehr. So wie in der Gemeinde Alling, wo eine Bürgerinitiative vor kurzem den Bau eines Stalls für 400 Tiere verhindert hat. Auch Birgit Scharrer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sieht in der Region keine Probleme. Es gebe, anders als im Norden, keine Massentierhaltung.

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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