Umwelt:Kiloweise Müll aus der Amper

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Der niedrige Pegelstand des Flusses hat eine Menge Abfall freigelegt. Lukas Braumiller und Katharina Schwab gehen daran nicht achtlos vorbei. Die beiden Fürstenfeldbrucker lesen Glas, Plastik, Metall und Zigarettenkippen auf - und hoffen auf Nachahmer

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Der niedrige Pegelstand der Amper hat ihn sichtbar gemacht. Und Lukas Braumiller und seine Bekannte Katharina Schwab konnten ihn einfach nicht liegen lassen: Den Müll, der bei normalen Wasserverhältnissen gar nicht zu sehen ist. Die beiden Fürstenfeldbrucker, sie 23, er 22 Jahre alt, sammelten innerhalb kürzester Zeit auf einem sechs Meter langen Streifen mehr als zehn Kilogramm Müll ein. Jeder kenne inzwischen die Bilder von den riesigen Plastikansammlungen in den Ozeanen, aber das jeder mit seinem Verhalten dazu beitrage, sei den wenigsten bewusst, sagt Braumiller. "Über kurz oder lang, wenn das Plastik in der Amper liegt und nicht eingesammelt wird, landet es irgendwann im Meer."

Weil das dem Studenten der Elektrotechnik und der Ernährungs- und Versorgungsmanagerin bewusst ist und sie die Erde nicht im Müll untergehen lassen wollen, haben die beiden alles, was nicht in die Amper gehört, eingesammelt und entsorgt. Auf dem schmalen etwa sechs Meter langen Uferstreifen zwischen der Kirche Sankt Magdalena und dem Friedhof haben sie in kürzester Zeit sechs Kilogramm Glas, fünf Kilogramm Metallschrott, 40 Plastikteile, darunter einige To-Go-Becher, sowie 35 Zigarettenstummel zusammengehabt.

Eine mittelgroße Tüte voller Müll haben Lukas Braumiller und Katharina Schwab in 20 Minuten auf einem kleinen Uferstück gesammelt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Eineinhalb Tag nach ihrer ersten Sammelaktion haben Braumiller und Schwab an der gleichen Stelle und etwas darüber hinaus in 20 Minuten erneut so viel Müll gefunden, das sie eine mittelgroße Tüte füllen könnten. Allein dort, wo sie bereits gesammelt hatten, sind in 36 Stunden eine Plastikflasche, eine Getränketüte, ein Kronkorken sowie acht Zigarettenkippen weggeworfen worden. Auch wenn sie optisch am wenigsten ins Gewicht fallen: Für Braumiller sind die Kippen ein echtes Problem. Der Fürstenfeldbrucker zitiert einen Artikel der Süddeutschen Zeitung, demzufolge die Abfälle der Raucher, auch filterlos, für Fische tödlich sein können.

Dort, wo sie vorher noch nicht gesammelt hatten, fanden sie Getränkedosen, Glasflaschen, ein Grablicht, Plastikmüll - und eine Patronenhülse. Da sie noch gefüllt war, brachte Braumiller sie zur Polizei. Die mutmaßte, dass der explosive Fund möglicherweise nach dem Zweiten Weltkrieg im Fluss entsorgt wurde.

Katharina Schwab ist besonders über die fünf Getränkedosen irritiert, die meisten hatten ein weinhaltiges Erfrischungsgetränk enthalten. "Ich habe mich gewundert, dass es in Deutschland überhaupt noch Dosen ohne Pfand gibt", sagt die 23-Jährige. Denn würde man pro Dose 25 Cent zurückbekommen, würde man sie vermutlich nicht achtlos am Flussufer liegen lassen. Immerhin hätte man so schon über einen Euro gespart.

Unter den Fundstücken war auch eine noch gefüllte Patronenhülse. Laut Polizei stammt sie aus einer Schrotflinte. (Foto: Lukas Braumiller/oh)

Braumiller, der Mitglied in der BBV ist, und Schwab würden es begrüßen, wenn sie mit ihrer Aktion weitere Menschen zum Müll sammeln motivieren könnten. Bedenkt man, dass "Ploggen" - die aus Schweden stammende Kombination von Joggen und Müll sammeln - zurzeit in Mode ist und es, wie man in den sozialen Netzwerken sieht, zunehmend Menschen gibt, die ihre Umwelt retten möchten (etwa in der Facebook-Gruppe: "Müll überall - wegschauen ist einfach, aufheben auch"), könnten die beiden einen Nerv treffen. Allerdings wissen sie noch nicht so genau, wie man Mitstreiter gewinnen könnte. Braumiller will auf jeden Fall über die BBV Kontakt zur Stadt Fürstenfeldbruck aufnehmen. Vielleicht könnte die - so eine Idee der beiden - Vereine zu regelmäßigen Aufräumaktionen animieren. "Dass man quasi Strukturen nutzt, die schon bestehen", erläutert der Fürstenfeldbrucker.

Bei der Stadt Fürstenfeldbruck habe sich bislang keiner gemeldet, der wegen des Niedrigwassers das Amperufer entmüllen wolle, berichtet Sprecherin Susanna Reichlmaier. Sie verweist darauf, dass die Stadt einmal im Jahr das Ramadama organisiert, bei dem viele Bürger freiwillig in der Natur herumliegenden Müll einsammelten. Der Bezirksfischereiverein kümmere sich stets um den Bereich entlang der Amper.

Beim Wasserwirtschaftsamt, das zuständig für Flüsse wie die Amper und ihre Uferbereiche ist, haben die niedrigen Pegelstände laut Stefan Homilius bislang noch keine Müllsammler auf den Plan gerufen - bis zum vergangenen Mittwoch, wie der stellvertretende Behördenleiter betont. Da wurde nämlich aus Dachau gemeldet, dass ein Taucher in der Amper ein Auto entdeckt habe. Der Ford Granda dürfte Jahrzehntelang dort gelegen haben, willentlich entsorgt, wie die Polizei vermutet. Homilius zufolge wurde im Zuge dessen auch der Wunsch nach einem Unterwasser-Ramadama laut. Wie das organisiert werden könnte, will der Taucher mit dem Bund Naturschutz klären. Mit den allgemein niedrigen Pegelstände muss man Homilius zufolge "sehr sensibel umgehen", Wasserentnahmen etwa sollten unterlassen werden. Die Situation sei aber bisher nicht so kritisch, dass Fischentnahmen nötig wären. Mit dem Regen am Wochenende sollte sich die Lage etwas entspannen.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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