Türkenfeld:Weihwasser und Regenwasser

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Rösser, Reiter, Kutschen: Die Pferdewallfahrt zu Ehren des Heiligen Silvester in Türkenfeld kann auf eine lange Tradition zurückblicken. (Foto: Johannes Simon)

Trotz widriger Bedingungen kommen mehr als tausend Zuschauer zum Silvesterritt

Von Manfred Amann, Türkenfeld

Dass fast sekundengenau zu dem Zeitpunkt Regen einsetzt, als die Glocken Punkt zwölf Uhr zu läuten beginnen und sich der Zug vom Schulgelände Richtung Pfarrkirche in Bewegung setzt, das hat es beim Silvesterritt in Türkenfeld wohl noch nie gegeben. Sie glaube schon, dass das Wetter halten würde, war sich eine Reiterin noch kurz vor dem Start sicher, doch bald danach mischte sich das Weihwasser, mit dem Pfarrer Klaus Distl nach der Segnung mit der Reliquienmonstranz Ross und Reiter besprengte, mit Regentropfen. Und da der Regen anhielt, brachen einige Reiter und die Abordnung des 4. königlich-bayerischen Chevauleger Regimentes 1892 München vorzeitig ab, um Pferd und Ausstattung zu schonen.

"Auf den Regen war ich gar nicht eingestellt", befand auch die SPD-Landtagsabgeordnete Katrin Sonnenholzner, die sich mit ihrem CSU-Kollegen Thomas Goppel, mit Landratsstellvertreter Hans Wieser (FW), den Altbürgermeistern Peter Ofer, Hans Wölfel und Georg Klas, Rathauschefs umliegender Gemeinden sowie den Kreisheimatpflegern Sepp Kink und Susanne Poller in den Zug eingereiht hatte. Johann Sigl vom Reit- und Fahrverein Moorenweis, seit mehr als 30 Jahren Silvesterreiter, war mit zehn Reitern dabei. Die siebenjährige Emilia Raubart und Franzi Helfer ritten auf ihren Ponys zum dritten Mal mit. Und zum siebten Mal dabei waren Eva Martha und Sandra Stangl aus Obermeitingen bei Augsburg - "weil es Tradition ist und Spaß macht". Ihre Pferde Ninette, ein New-Forest-Araber-Mix, und Queency, eine Hannoveraner Schimmel-Stute, schritten brav mit, während so manch anderes Pferd angesichts der mehr als tausend Zuschauer nervös tänzelte.

Mit fast 50 Nachwuchsreitern stark vertreten war Hans-Peter Schattmanns Ponyhof in Pflaumdorf. Als Mini-Pony Mario mit einem Leiterwagen vorbeizog, in dem Schattmanns einjährige Enkelin Stella in Lammfelle gewickelt das Treiben verfolgte, ging ein gefälliges Raunen durch die Reihen. Angeführt wurde die Prozession von Kreuzreiterin Vroni Schmid aus Jesenwang auf ihrer schwarzbraunen Stute Hannerl. Ihr Vater Leonhard zügelte ein Zweiergespann mit dem Modell der Willibaldkirche. Seit mehr als 16 Jahren ist es für Schmid die Teilnahme "selbstverständlich - damit das Brauchtum bleibt".

Etwa 150 Haflinger, Oberländer, Kalt-und Warmblüter, Araber und Ponys nahmen am 208. Silvesterritt teil, der auf ein Gelöbnis zurückgeht. Wie Bürgermeister Pius Keller (CSU) erinnerte, hatte 1807 eine Viehseuche die Gegend heimgesucht. Aus Angst, Tiere zu verlieren, hatten damals die Türkenfelder Bauern den Heiligen Silvester angerufen und gelobt, alljährlich an dessen Namenstag einen Umritt zu organisieren, wenn ihr Vieh verschont bleibt. "Ohne die Bereitschaft der Reiter und der freiwilligen Helfer könnten wir das für unseren Ort bedeutsame Brauchtum nicht erhalten", dankte Bürgermeister Keller. Er würdigte auch den Einsatz aller Ehrenamtlichen, insbesondere derjenigen, die bei der Integration von Asylbewerbern helfen, und forderte Politiker auf, Ängste der Bürger ernst zu nehmen. Blaskapellen des Musikvereins begleiteten den Zug, und Modelle der Pfarrkirche, der Krieger-Gedächtniskapelle und desFuggerschlösschens, wie es um 1700 aussah, wurden mitgeführt. Fahnenabordnungen sämtlicher Ortsvereine marschierten mit und Mitglieder des Hundevereins ließen ihre Tiere segnen. Wie seit 1980 üblich, dem Jahr in dem Türkenfeld angeblich durch die Fürsprache von Sankt Silvester eine selbständige Gemeinde bleiben konnte, trug der Ortsobmann des Bauernverbands, Norbert Klas, die Heiligenfigur mit.

© SZ vom 02.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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