Türkenfeld:Segen für Ross und Reiter

Lesezeit: 2 min

Der Silvesterritt geht auf das Jahr 1807 zurück, als rund um Türkenfeld eine schwere Viehseuche grassierte. Die Bauern wandten sich damals in ihrer Not an den heiligen Silvester. (Foto: Johannes Simon)

Silvesterritt ist ein geschichtsträchtiger Brauch

Von Manfred Amann, Türkenfeld

Seit mittlerweile 211 Jahren wird in Türkenfeld mit einige Unterbrechungen zu Kriegszeiten am letzten Tag des Jahres der heilige Silvester mit einem Pferdeumritt geehrt und um Fürsprache bei Gott um den Schutz für die Tiere und für die Familien angerufen. Je nach Witterung rechnet die Gemeinde als Organisator der seltenen Brauchtumsveranstaltung am Mittag des 31. Dezember wieder mit mehr als 100 Reitern, dazu Motivwagen mit Modellen von Pfarrkirche und Kriegerdenkmal, sowie Tausenden von Zuschauern. Diese können laut Vizebürgermeister Emanuel Staffler eine Vielzahl von Rassen verschiedener Größen und Herkunft bewundern, vom Mini-Pony bis zum kaltblütigen Oberländer und zum temperamentvollen Araber.

Alle Teilnehmer mit Pferden erhalten eine Erinnerungsschleife. Im Takt von Marschmusik, die von Türkenfelder Blaskapellen gespielt wird, und in Begleitung von Abordnungen aller Ortsvereine mit ihren Bannern geht es vom Schulhof zur Ortsmitte, wo Pfarrer Klaus Distl vor der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt Ross und Reiter segnen wird. Wenngleich die Organisation und die Vorbereitungen für die Gemeindeverwaltung, für die örtliche Feuerwehr und für die Polizei und für die freiwilligen Helfer längst Routine sind, ist die Erhaltung des für die gesamte Region bedeutsamen Brauchtums jedes Jahr wieder eine neue Herausforderung. "Der Pferdeumritt gehört einfach zu Türkenfeld", meint dazu Bürgermeister Pius Keller.

Der Brauch des Silvesterrittes geht auf das Jahr 1807 zurück, als rund um Türkenfeld eine schwere Viehseuche grassierte. Die Bauern hätten sich damals in ihrer Not an den heiligen Silvester, den Schutzpatron der Haustiere und Nebenpatron der Pfarrkirche gewandt, heißt es in Überlieferungen. Sie hätten damals versprochen, alljährlich den Heiligen an seinem Namenstag besonders zu ehren, sollte die Seuche abklingen und ihre Tiere verschont bleiben. Da sich die Tierkrankheit offenbar nicht weiter ausbreitete, erfüllt die Gemeinde seither das Gelübde. Seit 1980 begleitet der Ortsvorsitzende des Bauernverbandes den Umritt mit einer Tragefigur des Heiligen, zum Dank, dass Türkenfeld eine eigenständige Gemeinde bleiben durfte. Im Zuge der Gebietsreform sollte die Kommune seinerzeit wie Schöngeising und Kottgeisering in die Verwaltungsgemeinschaft Grafrath eingegliedert werden. In ihrem mühseligen Kampf hatten sich die Türkenfelder Ortspolitiker an ihren Vieh- und Nebenpatron der Kirche gewandt und um Hilfe gebeten, die offensichtlich ebenso erhört wurde, wie Anfang des 19. Jahrhunderts Bewältigung der Pferdeseuche.

Silvesterritt Türkenfeld, von 11.30 Uhr an nehmen die Teilnehmer im Hof der Schule Aufstellung, um zwölf Uhr setzt sich der Zug in Bewegung.

© SZ vom 28.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: