Theater in Gröbenzell:Karrierefrauen

Lesezeit: 2 min

Epochentreffen im Restaurant: die Top-Girls-Schauspielerinnen in der Auftaktszene. (Foto: Günther Reger)

Schauspielgruppe überzeugt nicht bei Premiere

Von Marius Scheffelt, Gröbenzell

Eine Frau, die für ihre Karriere nicht nur den kleinen Heimatort auf dem englischen Land hinter sich lässt und nach London zieht, sondern auch ihre Familie. Eine Frau, für die nur der Erfolg zählt und die sich gegen Männer behaupten und durchsetzen kann. Diese beispielhafte Geschichte in Zeiten von Debatten um die Frauenquote und gleiche Bezahlung ist Thema des neuen Stücks des Theaters in Gröbenzell (Tig). Die Schauspielerinnen haben "Top Girls" von Caryl Churchill am Freitagabend auf die Bühne des großen Saals im Gröbenzeller Bürgerhaus gebracht - die Umsetzung konnte leider nicht immer überzeugen.

Auf der Bühne, die sehr schlicht ausgestattet ist - zwölf weiße Würfel aus Kunstleder reichen als Kulisse - spielt Heike Maltan die Rolle der Marlene Moss. Sie ist die besagte Karrierefrau, arbeitet für eine Personalvermittlung mit dem Namen "Top Girls" und feiert in der ersten Szene ihre Beförderung zur geschäftsführenden Direktorin. Zu diesem Anlass lädt sie fünf berühmte Frauenfiguren aus verschiedenen Epochen in ein Restaurant ein. Diese werden zu Beginn mit kurzen Videos eingeführt, die ein Beamer an die Wand hinter der Bühne wirft. Ein künstlerischer Kniff, der im sonst eher minimalistischen Bühnenbild ein wenig Fehl am Platz wirkt.

Die erste Szene kann künstlerisch als die anspruchsvollste gesehen werden, denn insgesamt sieben Figuren spielen gleichzeitig und erzählen aus ihrem Leben. Gerade das richtige Timing im Dialog zu finden, fällt den Schauspielerinnen dabei schwer. Die Einsätze stimmen oft nicht, die Pausen in den Dialogen wirken nicht immer gewollt. So entsteht der Eindruck, dass die Darstellerinnen mehr damit beschäftigt sind, ihre Parts korrekt vorzutragen, als sich auf das Schauspielern miteinander zu konzentrieren. Vor allem Karin Spangenberg als Dame Nijo fällt aus dem Ensemble heraus und zeigt immer wieder Textunsicherheiten. Die Nervosität ist aber auch den anderen Frauen anzumerken. Dementsprechend verhalten ist auch der Applaus der ungefähr 30 Zuschauer, als das Licht nach der Auftaktszene erlischt. Im weiteren Verlauf legt sich die Nervosität zwar spürbar, jedoch führt das nur bei dreien der Frauen auf der Bühne zu einer Steigerung der Schauspielleistung.

Durchaus glaubwürdig interpretiert Maltan die Hauptrolle der Marlene Moss. Vor allem die Szene, in der sie sich mit Mrs. Kidd anlegt, weiß zu überzeugen. Diese ist die Ehefrau des nicht berücksichtigten Konkurrenten um die Stelle als geschäftsführende Direktorin und wird von Jutta Hatzold lebendig gespielt. Sie macht auch als Päpstin Johanna eine gute Figur.

Der Inszenierung ist stellenweise anzumerken, dass ein federführender Regisseur - oder eine Regisseurin - fehlt. Das Stück wurde im Kollektiv von allen Beteiligten erarbeitet. Dies geht jedoch stellenweise zulasten von Rhythmik und Dynamik des Schauspiels.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: