SZ-Serie: Start-up, Folge 12:Hochprozentiges aus Eichenau

Lesezeit: 3 min

Alexander und Markus Schnell produzieren als Quereinsteiger Whiskey und Liköre nach Art der amerikanischen Schwarzbrenner. Damit in ihrer Firma "Bavarian Moonshine" auch alles ganz legal zugeht, müssen strenge Auflagen erfüllt werden

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Seit es mit dem Pfefferminzanbau nicht mehr so läuft in der Eichenau, müssen sich die armen Bewohner der Siedlung so durchschlagen. Während die einen in der Großstadt Arbeit suchen, haben andere die Idee amerikanischer Hinterwäldler übernommen und kochen bei Mondschein in geheimen Schuppen Schnaps.

Nun, ganz so schlimm ist es mit Eichenau nicht gekommen, aber an dem Mondschein und dem etwas abgelegenen Haus ist schon was dran. Denn in diesem Jahr sind an der Brucker Straße, tief im Gewerbegebiet Süd, in einer ehemaligen Schreinerei die Whiskey-Brenner eingezogen, und ein großes Schild an der Holzfassade verkündet den Firmennamen "Bavarian Moonshine". Alexander Schnell, 30, und sein Vater Markus, 53, sind dort sesshaft geworden und wollen lieber nach allen Regeln der Brennkunst ihre Moonshine Whiskeys herstellen. Das Start-up der beiden, die seit einigen Jahren aus Mais Schnaps brennen und ihn nach einer dreijährigen Lagerung Whiskey nennen dürfen, scheint nun angekommen zu sein. Doch Sohn wie Vater haben das Brennen nicht von der Pike auf gelernt, sie sind eher klassische Quereinsteiger.

Industriemechaniker hat Alexander Schnell mal gelernt. Er war auf der Technikerschule, ist nun Maschinenbautechniker - und würde kaum für einen Schwarzbrenner gehalten werden. Sein Vater Markus ist Diplom-Informatiker, hatte eine eigene Firma mit 20 Leuten in Olching. Nach dem Verkauf seines Geschäfts hat er sich nicht zurückgezogen, sondern ist in die Herstellung feiner Brände und Liköre eingestiegen. Alles, was es zu lernen gab, haben sich die Schnells in Kursen angeeignet. Bis sie aber in Eichenau eine Bleibe gefunden hatten, war es ein langer Weg, vor allem durch die Behörden.

Markus Schnell (links) und sein Sohn Alexander Schnell haben sich mit ihrer Brennerei in Eichenau niedergelassen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Den Plan, zusammen mit der Olchinger Braumanufaktur von Guido Amendt und Julius Langosch in ein Gebäude auf Gut Graßlfing einzuziehen, zerschlug sich. Auf der Suche nach einem geeigneten Standort wurde man in Eichenau fündig. In einer ehemaligen Schreinerwerkstatt sollte die Brennerei neu entstehen. Das Landratsamt kennen die Schnells nun recht gut, waren doch etliche Genehmigungen, unter anderem für die Nutzungsänderung, einzuholen. Denn so einfach kann aus einem Werkraum kein Produktionsort für Lebensmittel entstehen. Ein komplett neuer Boden musste rein, ein kleines Labor soll eingebaut werden, und dann muss auch Platz sein für die 150 Liter fassende Brennblase. Das deutsche Branntweingesetz gilt es zu beachten, überwacht wird das, was in der "Verschlussbrennerei" hergestellt wird, vom Zoll. Doch das alles hält die wenigsten davon ab, wie die Schnells eine eigene Marke zu entwickeln.

Ähnlich wie die Craft-Bierszene hat sich auch eine neue Brennerszene entwickelt. In Mode ist seit einiger Zeit Gin, noch länger versuchen sich vor allem junge Menschen an Whiskey. So gibt es Winzer unter anderem in Franken, die sich zum Weinanbau ein zweites Standbein geschaffen haben, wie überhaupt die bayerischen Whiskeys mittlerweile einen großen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Davon wollen auch Sohn und Vater Schnell profitieren und haben deshalb auch den Klassiker der Mondscheinwhiskeys im Angebot, nämlich den mit "Apple Pie"-Geschmack. Da sind dann Fruchtsaft, Zimt und Vanille drin.

Die Spezialitäten von Vater und Sohn sind klassischer Bourbon-Whiskey und Fruchtliköre nach amerikanischem Vorbild. Abgefüllt werden die Produkte von Bavarian Moonshine in Mason Jars, Einmachgläsern aus den USA. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Weitere Liköre schmecken nach Blutorange mit einer leichten Chilinote oder nach rauchiger Wildkirsche. Freilich wird auch ein 40-prozentiger klassischer Bourbon angeboten, den sie "Secret Hideout" nennen, ihn aber ebenso wenig in ihrem Geheimversteck lassen wie den Rohbrand "White Lightning", der mit seinen 50,2 oder 77,4 Prozent einschlagen kann wie ein Blitz. Eine neue Richtung probiert Alexander Schnell gerade mit seinem "Juniper Cranberry" aus, der einen kleinen Ginanteil enthält.

Abgefüllt wird nicht in Flaschen, sondern in "Jars". Das sind genau genommen Einmachgläser mit Schraubdeckel, die die Eichenauer Brennerei aus Kentucky bezieht. Es sind die "Mason Jars", die in der Moonshine-Szene benutzt werden und die in den USA ähnlichen Kultstatus haben wie die deutsche Marke Weck. Allerdings haben sie nicht das metrische Maß, und so dürfen die amerikanischen Gläser in Deutschland nicht ganz gefüllt werden, weil laut Gesetz nur 350 Milliliter drin sein dürfen. Allerdings, und darauf ist Markus Schnell stolz, sei das Marmeladenglas ein Alleinstellungsmerkmal und Hingucker im Laden.

Ähnlich wie beim Bierbrauen bleiben beim Brennen keine Rückstände, die speziell entsorgt werden müssten. Die Maische werde zu Biogas oder als Tierfutter verwendet, sagt Markus Schnell, der nicht trinkbare Alkohol, der beim Brennen anfällt, werde zu Spiritus, also Industriealkohol. Der sogenannte Vorlauf wird gar vom Zoll an Ort und Stelle vernichtet.

Verkauft werden die Produkte von Bavarian Moonshine regional in Getränkemärkten, sie werden in Lokalen von Fürstenfeldbruck bis Dresden angeboten, und für Preise zwischen 17 und 40 Euro sind die Jars aus Eichenau auch im Internetshop erhältlich.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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