SZ-Serie: Polit-Paare, Folge 1:Fest verwurzelt

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Hannelore und Peter Münster stammen beide aus kommunalpolitischen Eichenauer Familien. Nun machen sie gemeinsam Politik - er als Bürgermeister, sie neuerdings als Gemeinderätin

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Er ist schon eine Viertelstunde früher da, er ist in diesem Saal der Hausherr, und gleich wird Peter Münster die Gemeinderatssitzung eröffnen.

Sie kommt rechtzeitig, hat noch einen Moment, um ihn zu begrüßen und sich kurz mit ihrem Fraktionskollegen Ulrich Bode abzusprechen. Jetzt nimmt Hannelore Münster an ihrem kleinen Tisch in der großen Friesenhalle Platz und schaut nach vorne.

"Dann ist er für mich der Bürgermeister", sagt Hannelore Münster über Peter Münster und legt damit die Rollen fest, die sie beide in den kommenden Stunden spielen werden. Erst nach dem Punkt Verschiedenes der nichtöffentlichen Sitzung, wenn die Zuhörer längst die in Corona-Zeiten zum Sitzungssaal umgewandelte Friesenhalle verlassen haben, dann sind die beiden wieder in ihren Rollen als Ehepaar, als Eltern.

Peter Münster ist im Juli vor vier Jahren zum Bürgermeister von Eichenau gewählt worden, und es gibt vom ersten und vom zweiten Wahlgang Aufnahmen, die seine Frau Münster jeweils kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses an der Seite ihres Mannes zeigen. Glücklich der Ausdruck, als feststeht, dass Peter Münster gegen Dirk Flechsig von der CSU in die Stichwahl gehen wird, und überglücklich, als Münster in der Stichwahl mehr Stimmen bekommen hat als sein Herausforderer. In diesem Jahr gibt es solche Bilder nicht, als Hannelore Münster kurz vor dem Corona-Lockdown bei der Gemeinderatswahl die Häufelkönigin wird und als Parteifreie auf der Liste der FDP Gemeinderätin wird.

"Ich war innerlich sehr bewegt", erinnert sich die 51 Jahre alte Berufsschullehrerin, die Freude habe überwogen, es sei eine große Ehre, im Gemeinderat zu sitzen. "Und alle drei Wochen gemeinsam Politik zu machen", fügt sie an und meint damit die Sitzungen, in denen sie der FDP-Fraktion angehört und ihr Mann der Bürgermeister und Sitzungsleiter ist.

Während seine Frau die Grundwerte der FDP "unterstützenswert" findet und nun schon zum zweiten Mal auf der Gemeinderatsliste der Eichenauer Liberalen kandidiert hat, ist Peter Münster, 54, seit 1988 Mitglied der FDP. Heuer ist Münster von seinem Stellvertreter Josef Spiess für 30 Jahre Tätigkeit im Gemeinderat geehrt worden, nachdem Münster zuvor dem Zweiten Bürgermeister die Ehrenurkunde für ebenso viele Jahre aushändigt hatte. Von 1990 bis 2016 war Münster ehrenamtlich in der Kommunalpolitik tätig. Das bedeutete: viele Abende, an denen Peter Münster nicht zu Hause war.

Beide sind in Eichenau groß geworden, beide sind politisch auf derselben Wellenlänge, und seit einigen Monaten machen sie auch gemeinsam Politik für die Eichenauer: Peter und Hannelore Münster. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Für Hannelore Münster eigentlich keine neue Erfahrung, wusste sie doch schon von ihrem Großvater, wie viel Zeit es kostet, kommunalpolitisch aktiv zu sein. Er war seinerzeit im Gemeinderat und im Kreistag. Und auch Peter Münsters Vater war schon Mitglied im Eichenauer Gemeinderat. Als der Anwalt Peter Münster, spezialisiert auf Gesellschaftsrecht, privates Baurecht und Arbeitsrecht, den Job eines Geschäftsführers in Industrieunternehmen, unter anderem in Hamburg, übernahm, war Hannelore Münster mit Sohn und Tochter viel allein. Wenn er dann für ein Wochenende zurückkehrte, musste die Familie sich erst wieder finden. Die Wellenlängen waren unterschiedlich, mussten sich wieder anpassen. Sein Erwartungshorizont sei ein anderer gewesen, bekennt Peter Münster im Rückblick. Die Probleme, die er auf seinem Posten als Geschäftsführer zu lösen hatte, waren ja auch andere, für ihn weitaus größere, als die, die seine Frau und seine Kinder hatten. Da wurden dann schon mal viele Argumente auf einmal ausgetauscht, und Hannelore Münster sagt über die Beziehung, die 1989 begann und 1994 zur Hochzeit führte: "Wir passen so gut zueinander, weil wir so gut streiten können." Dass Streit dabei nicht lärmende Auseinandersetzung, sondern mit Streitkultur, Anstand und gegenseitigem Respekt zu tun hat, müssen die beiden nicht extra erwähnen.

So unterschiedliche Meinungen die Münsters als Paar manchmal haben mögen, so unterschiedlich ist auch die Meinungsbildung in der Familie. Als Peter Münster 2015/16 mit dem Gedanken spielte, als Bürgermeister zu kandidieren, sei der jüngere Sohn dagegen gewesen, sagt die Mutter. In der Zwischenzeit aber, berichtet der Vater mit einem gewissen Stolz, denke der Sohn schon so, wie er in dem Alter gedacht habe. Und die ältere Tochter? Die habe sich politisch nie weit aus dem Fenster gelehnt, sagt Hannelore Münster. Sie unterstützt ihren Vater unter anderem bei seinem Auftritt auf Instagram.

Wenn nun Hannelore und Peter Münster gemeinsam Politik für Eichenau machen, dann tun sie das auch, weil ihre Familien schon immer in Eichenau waren, sie verwurzelt sind in der Gemeinde. Jeder von ihnen kennt jeden Flecken, da müssen keine Wissenslücken gefüllt werden, wenn es um die Probleme und Problemchen geht, die die Eichenauer haben. Im politisches Tagesgeschäft hakt die Neu-Gemeinderätin dann aber doch beim Sitzungsleiter oder den Amtsleitern nach. Das tut sie dann auch, wie sie sagt, für die anderen neuen Kolleginnen und Kollegen. Sie möchte gerne, dass alle auf einem Wissensstand sind. Und weil im Eichenauer Gemeinderat alle beim Du sind, gibt dann der Peter der Hanne Auskunft.

Überglücklich nach der Stichwahl: Peter Münster wird am 2. Juli 2016 Bürgermeister. (Foto: Günther Reger)

Hannelore Münster war schon einmal auf dem Sprung in den Gemeinderat, nämlich vor vier Jahren, als Peter Münster Bürgermeister wurde und sein Gemeinderatsmandat verlor. Nachrücken sollte der Zweitplatzierte der FDP-Liste von 2014, doch der damalige Schüler wohnte nicht mehr in Eichenau. Auf Platz drei hatten die Eichenauer Hannelore Münster gewählt, die zwar von der Gemeinde angeschrieben und über ihr mögliches Mandat informiert wurde, es aber zugunsten des Viertplatzierten, Ulrich Bode, ausschlug. Damals wollte sie noch nicht, wie sie sagt, bei der jüngsten Wahl im März aber übernahm sie auch das Amt. Und es macht ihr, wie sie bekennt, großen Spaß, jetzt auch in der Ortsentwicklungskommission dabei zu sein, in einem beratenden Gremium aus Gemeinderäten, Verwaltung und Planungsexperten, in dem die nähere und weitere Zukunft Eichenaus vorausgedacht wird. Da fühlt sie sich "gut aufgehoben, man hat ein gemeinsames Ziel". Sie hat Wirtschaftspädagogik studiert, bringt in Fürstenfeldbruck Berufsschülern "alles Kaufmännische" bei und ist an der wirtschaftlichen wie auch städtebaulichen Entwicklung ihrer Heimatgemeinde sehr interessiert.

Ob dann die Häuser entlang der Hauptstraße mal so hoch gebaut werden, wie das jetzt entwickelt wird, wird sicher nicht am Küchentisch der Münsters entschieden, sondern weiter im Gemeinderat, dem die Kommission Empfehlungen gibt. So lange die Corona-Krise anhält und die Abstandsregeln gelten, werden solche Entscheidungen auch weiterhin in der Friesenhalle mit der großen Theaterbühne stattfinden. Wo Hannelore Münster ihre Rolle als Gemeinderätin immer besser ausfüllt und Peter Münster weiterhin den Bürgermeister gibt.

© SZ vom 08.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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