SZ-Serie: Bodenschätze, Folge 27:Eine Abfallgrube voller Erkenntnisse

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Die drei unteren Knochen stammen vom Schwein, die größeren, oberen vom Rind. Gegessen wurde vor allem Schwein. (Foto: Ulrike Bergheim/oh)

Tierknochen aus Althegnenberg geben Einblicke in die Lebensweise der Bewohner einer mittelalterlichen Burg

Von Ingrid Hügenell, Althegnenberg

Überall im Brucker Land sind unter der Erde Schätze verborgen, die viel über die Entwicklung des Landkreises und der menschlichen Zivilisation erzählen. Mit seiner weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannten archäologischen Abteilung schafft es der Historische Verein, dass diese Schätze geborgen, erforscht und erhalten werden. In einer Ausstellung präsentiert der Verein nun noch wenige Tage in jeder Kommune mindestens ein für den Ort bedeutendes Fundstück. In einer SZ-Serie werden alle Ausstellungsstücke vorgestellt.

Auf den ersten Blick wirken die Fundstücke reichlich unspektakulär. Es sind ein paar Tierknochen von Rind und Schwein. Doch sie erlauben einen Einblick in eine Burg, die sich im Hochmittelalter dort erhob, wo 1676 die Bergkapelle Althegnenberg errichtet wurde. Der sieben Meter hohe, ovale Hügel inmitten des Dorfs war aufgeschüttet worden und noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts von einem Wassergraben umgeben. Der Hügel ist 20 Meter lang und 17 Meter breit, in Südbayern sind solche Hügel eher selten. Auf ihm erbauten die Hegnenberger eine Burg mit einer Umfriedung, innerhalb derer ein hölzerner Wohnturm und mehrere Nebengebäude standen. Es handelt sich um einen typischen Burgenbau der Salierzeit (1024 bis 1125), wie er vom niederen Adel oder von Ministerialen genutzt wurde.

Die Hegnenberger bekamen im späten 11. Jahrhundert einiges an Land geschenkt. Im 12. und 13. Jahrhundert war Hegnenberg Sitz einer Ministerialenfamilie, die den Welfen unterstand. Um das Jahr 1300 verließen sie ihren Sitz und errichteten in etwa vier Kilometern Entfernung die Burg Hofhegnenberg, zu deren Hofmark sieben umliegende Dörfer gehörten. Die erste Burg wurde zu "Althegnenberg" umbenannt.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg besaß der Burgberg keine verteidigungstechnische Bedeutung mehr, weshalb dort 1676 eine Kapelle errichtet wurde. Bei Renovierungsarbeiten in den Achtzigerjahren kamen in der Südwest-Ecke viele Glas- und Keramikscherben zum Vorschein. Dazwischen lagen eine Menge Tierknochen. Die Kapelle war über einer Abfallgrube errichtet worden. Die Knochen wiegen insgesamt 1,2 Kilogramm, zwei Drittel stammen von Schweinen, ein weiteres Drittel von Rindern. Es sind die Überreste von fünf erwachsenen Schweinen und zwei Ferkeln. Auch einige wenige Knochen von Ziegen oder Schafen sowie von Rotwild waren dabei. Daraus, dass sich auch Wildknochen fanden, schließen die Archäologen, dass die Burgbewohner die Tiere gegessen hatten. Denn nur der Adel durfte jagen. Die Landbevölkerung, Bauern und Handwerker, bekamen nur äußerst selten Fleisch zu essen, sondern mussten sich mit Brot, Getreidebrei, Mehlspeisen, Kohl und Gemüse begnügen.

Die Schweine glichen damals noch sehr den Wildschweinen, sie hatten relativ lange und schlanke Beine und dichte Borsten. Geschlachtet wurde im November und Dezember, das Fleisch wurde durch Pökeln, Dörren und Räuchern haltbar gemacht. Es musste bis mindestens Ostern reichen. Ochsen und Kühe waren als Zugtiere und Milchvieh wichtig und wurden kaum gegessen, Schafe wurden wegen der Wolle gehalten.

Die Bergkapelle befindet sich heute im Besitz der Gemeinde Althegnenberg. Die evangelisch-lutherische Gemeinde feiert dort Gottesdienste.

Ausstellung "Bodenschätze" des Historischen Vereins, bis 27. September. Die Tierknochen werden gezeigt in der Sparkasse Althegnenberg, Augsburger Straße 4. Geöffnet montags bis mittwochs von 8.30 bis 12.30 Uhr, montags und dienstags auch von 14 bis 16 Uhr. Alle Ausstellungsorte finden sich im Internet unter www.historischer-verein-ffb.de. Erschienen ist zudem ein lesenswerter Katalog. Von 2. September an sind alle Exponate gemeinsam im Landratsamt zu sehen. Der Historische Verein bietet kostenlose einstündige Führungen für Gruppen von fünf bis 20 Personen. Anfragen per Mail an Fahrten@hvf-ffb.de

© SZ vom 29.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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