SZ-Serie: Arbeiten in Corona-Zeiten, Folge 49:Ansprechpartnerin für alle Nöte

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"Wir freuen uns, mit Schwester Klara eine sehr kompetente und mit viel Erfahrung in der Altenpflege ausgestattete Schwester bei uns zu haben": Theresianum-Geschäftsführer Armin Seefried heißt die neue Oberin mit einem kleinen Geschenk willkommen. (Foto: Privat)

Das Theresianum hat eine neue Oberin. Schwester Klara kann aber aufgrund der Corona-Schutzbestimmungen ihre seelsorgerische Begleitung der Bewohner des Pflegeheims bisher nur eingeschränkt wahrnehmen

Von Christian Hufnagel, Fürstenfeldbruck

Ihre Ankunft hätte bessere Zeiten verdient. Als die neue Oberin ihren Dienst im Theresianum antrat, ging am Abend der Ausbruch der Covid-19-Erkrankungen los. Kein anderes Altenheim im Landkreis wurde danach von der Corona-Pandemie so heimgesucht wie das Fürstenfeldbrucker Pflegeheim. Gut ein Fünftel der 150 Bewohner infizierten sich, sieben starben. Und auch unter dem Pflegepersonal wütete das Virus, zeitweise wiesen mehr als 20 Mitarbeiter einen positiven Befund auf. Auch wenn sich die Lage im Haus inzwischen entspannt hat, müssen sich alle nach wie vor an strenge Hygienevorschriften und Schutzmaßnahmen halten.

Für Schwester Klara haben die vielen Beschränkungen zur Folge, dass sie ihr Ehrenamt noch immer nur eingeschränkt wahrnehmen darf. Das betrifft vor allem die seelsorgerische Begleitung der Bewohner, die die 60-Jährige nicht gänzlich frei und nach jedem Bedürfnis ausüben kann: "Ich kann nicht willkürlich von Etage zu Etage wechseln, sondern muss in einer bleiben", erzählt sie. Und auf die Gottesdienste in der Kapelle, sonst drei Mal in der Woche, müssen die Nonnen wie die Bewohner noch immer verzichten.

Unberührt von dieser außergewöhnlichen Krise bleibt eine Kernaufgabe der neuen Oberin. Sie ist die Leiterin der Schwesternschaft am Haus und damit für das Wohl und Wehe der kleinen Ordensgemeinschaft verantwortlich. Mit ihr sind insgesamt vier Niederbronner Schwestern am Theresianum tätig, welches zum Einrichtungsverbund der Schwestern vom Göttlichen Erlöser mit seinen mehr als 30 Standorten in Deutschland und Österreich gehört. In Fürstenfeldbruck kann der Orden auf eine lange Tradition zurückblicken. 1859 begannen die Schwestern ihr Wirken im Krankenhaus an der Josefspitalstraße. Später unterrichteten sie Näh- und Handarbeiten, Maschinenschreiben und Steno sowie ambulanter Krankenpflege. 1979 wurde das Theresianum zum heutigen Alten-, Wohn- und Pflegeheim ausgebaut. Bis 1985 war es Kloster, Hauswirtschaftsschule mit Internat und Heim für alte Menschen in einem. Dann machte der Mangel an Schülerinnen eine Weiterführung unmöglich. 2008 wurde ein Erweiterungsbau eingeweiht. "Das Theresianum ist damit eine der modernsten und nach höchsten Pflegestandards ausgerichteten Senioreneinrichtungen im Landkreis Fürstenfeldbruck", heißt es auf der Homepage.

Mit der Pflege selbst hat die Oberin heute nichts mehr zu tun, auch wenn sie auf diesem Gebiet eine ausgebildete Fachkraft ist. Aber die längste Zeit ihres Ordenslebens sei sie in der Verwaltung tätig gewesen, zuletzt als Provinzassistentin in Nürnberg, von wo aus Deutschland und Österreich verwaltet werden und Schwester Klara regelmäßig die Glaubensgemeinschaften in den verschiedenen Einrichtungen besucht und sich ein Bild von ihnen gemacht hat. Weltweit hat die Kongregation der Schwestern vom göttlichen Erlöser noch etwa 1000 Mitglieder: "In Deutschland gibt es derzeit noch eine Novizin", erzählt die Fürstenfeldbrucker Oberin: "Das ist nicht viel, aber immerhin."

Man sei eben Teil einer gesellschaftlichen, kirchlichen Krise: "Das ist die Realität. Und der muss man ins Auge schauen", sagt die 60-Jährige, die auch im Theresianum den Altersdurchschnitt der kleinen Ordensgemeinschaft deutlich senkt: "Meine Mitschwestern sind alle um die 80." Was auch die seelsorgerische Tätigkeit in der Corona-Zeit weiter einschränkt. Die anderen Ordensfrauen gehörten schon aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe und dürften damit - im Gegensatz zu ihr - nicht jeden Heimbewohner besuchen. Aber da Besuche derzeit nur sehr eingeschränkt erlaubt sind und zudem aufwendig protokolliert werden müssen, wurde eine vormalige Aufgabe der Schwestern wiederbelebt: Sie besetzen die Pforte, vormittags für drei, am Nachmittag dann für etwa zwei Stunden.

Auch der übrige Tagesablauf ist für die Ordensfrauen von Gemeinsamkeiten geprägt: Morgens und abends beten sie zusammen in der Kapelle, mittags treffen sie sich am Essenstisch. Dazwischen sind sie für alle Arbeiten offen: "Das sind verschiedene Aufgaben auf Zuruf", erläutert die Oberin. Das könne eben vom Wunsch nach einem Gespräch bis hin zu Besorgungen oder Bürotätigkeiten reichen, freilich alles "unter dem Schirm der Covid-Infektionsschutzmaßnahmen".

Und all dies geschieht im Ehrenamt: Die Ordensschwestern begreifen ihre tagtägliche Arbeit natürlich als unentgeltlichen christlichen Dienst am Nächsten: "Miteinander und füreinander die Freude mit Gott erleben", so formuliert das die gebürtige Bad Reichenhallerin, die mit 18 Jahren diese Berufung für sich erkannt hatte: "Da wusste ich, ich wollte ins Kloster gehen." Und auf dem Weg seither in einem Ordensleben ist sie nun im Theresianum in Fürstenfeldbruck angekommen - zumindest für die nächsten drei Jahre, denn für diesen Zeitraum ist sie zur Oberin ernannt worden.

© SZ vom 30.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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