Sz im Dialog:Eine Gemeinde im Charaktertest

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Was Gröbenzell bewegt: Die Leser nehmen das Gesprächsangebot der SZ gut an. Im Café Schmelzer's werden sie ihre Sorgen um die Heimat los. Vor allem Verkehr und Verbauung belasten ihr Lebensgefühl

Von Gerhard Eisenkolb, KARL WILHELM GÖTTE und SEBASTIAN MAYR, Gröbenzell

Fünf Stunden lang haben Mitglieder der Fürstenfeldbrucker Redaktion der SZ am Dienstag den Lesern zugehört. Und die nutzten die Gelegenheit, ihre Fragen und Anregungen zu Gröbenzeller Belangen loszuwerden. Vor allem Verkehrsfragen wurden angesprochen, zu schnelles Fahren, fehlende Wege für Radler, die schlechte Anbindung des Nordens und die problematische Parksituation im Zentrum rund um die Kirchenstraße. Aber auch andere Themen bewegen die Gröbenzeller: Sie wünschen sich öffentliche Toiletten, Bänke und mehr Licht in der Nacht. Vielen dieser Anregungen werden wir in der nächsten Zeit nachgehen und die Ergebnisse der Recherchen dokumentieren.

Verkehrsbelastung

Seit das Schwaigfeld in Olching verbaut wurde, hat sich der Verkehr in der Birkenstraße verdreifacht. So zumindest fühlt es sich für Ernst Noichl an, der Anwohner in der Birkenstraße ist. Da die Straße unter der Hoheit der Gemeinde steht, fragt sich Noichl, ob es eine Handhabe geben könnte, den Verkehr dort einzudämmen. Zudem hat er einen Vorschlag, wie man das Problem auch anderweitig lösen könnte: Würde man den Damm am Ende der Bahnhofstraße durchbrechen, könnte von dort eine Straße bis zur S-Bahn-Unterführung an der Ascherbachstraße führen.

Öffentliche Toiletten

Wer im Gröbenzeller Ortszentrum unterwegs ist und auf die Toilette muss, hat zwei Möglichkeiten: Das öffentliche WC am Bahnhof zu nutzen oder in einer Gaststätte nachzufragen. Doch die psychologische Hürde, einen Wirt um eine Toilettenbenutzung zu bitten, ist für viele zu groß. Davon ist Wolfgang Bien überzeugt. Die Toilette am Bahnhof hat nur geöffnet, wenn auch der Shop offen ist. Abends und am Wochenende gebe es also keine Möglichkeit, wenn man in der Gemeinde unterwegs sei. Vor allem für ältere Bürger sei das ein Problem. Deswegen regt Bien an, dass die Gemeinde öffentliche Toiletten errichtet.

Gröbenzeller SZ-Leser treffen im Café Schmelzer auf SZ-Redakteure und Vertreter aus Gemeinde, Gesellschaft und Kirche. (Foto: Johannes Simon)

Fahrradwege

Radler haben es in Gröbenzell an vielen Stellen schwer. Mehr als die Hälfte aller großen Straßen, schätzt Hannemarie Güntzer, hat keine Fahrradwege. Für besonders gefährlich hält sie die Eschenrieder Straße und die Alpenstraße. Auch die Verkehrsinseln in der Eschenrieder Straße seien für Radfahrer eher schlecht. Die größten Sorgen bereitet der Rentnerin die Einmündung der Straße Am Waldeck. Die einzige Möglichkeit, für mehr Sicherheit zu sorgen, sei, einen Radweg anzulegen.

Zu dunkel

Gröbenzell hält Beate Schmelzer "einfach für zu dunkel, wenn es Nacht wird. In der Kirchenstraße zählt sie nicht mehr als fünf Lampen. Und diese sähen aus wie aus der Nachkriegszeit. Zudem plädiert die Gastronomin für mehr Bänke: "Viele alte Leute mit Rollatoren brauchen das."

Züge im Schlafzimmer

Ein Thema sind die Folgen der neuen Lärmschutzwände an den Bahngleisen. Helmut Meller wohnt in der Hans-Sachs-Straße etwa 500 Meter weit von der Bahnstrecke entfernt. Seit die Lärmschutzwand steht, hat er das Gefühl, dass die Züge mitten durch sein Schlafzimmer fahren. Früher habe er nichts gehört, versichert er. Da sei der Schall noch von den Häusern geschluckt worden, die zwischen den Gleisen und seiner Wohnung stehen. Meller sagt, er habe sich schon mehrmals beim Zweiten Bürgermeister Martin Runge beschwert. Auf eine Reaktion wartet er noch immer.

Gefahrenpunkt

Die Einmündung der Schubertstraße in die Bahnhofstraße ist ein Gefahrenpunkt im Ortszentrum. Darauf weist Inge Oswald hin, die vor vier Jahren in die Bahnhofstraße gezogen ist. Und die Gröbenzellerin hat auch eine Anregung, wie auf einfache Weise die Verkehrssicherheit für Kinder und Senioren verbessert werden kann. Sie fordert einen Zebrastreifen für die gefährliche Kreuzung, damit die Autofahrer dort nicht mehr länger um die "Kurve fetzen".

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(Foto: Johannes Simon)

Annette Koller.

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Hannemarie Güntzer.

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(Foto: Johannes Simon)

Annemarie Schleg.

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Wolfgang Bien.

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(Foto: Johannes Simon)

Ernst Noichl.

Verlust

Mit jeder Baumaßnahme verliert die Gartenstadt ein Stück von ihrem Charakter. Das beschäftigt Michaela Bonfert vom Arbeitskreis Siedlungsökologie der Agendagruppe seit Jahren. "Wir haben uns identifiziert mit der Gemeinde", sagt sie: "Jetzt verschwinde das Grün, und damit verlieren wir unsere Identifikation." Zudem würden zu viele Bäume gefällt.

Überalterung

Gröbenzell ist eine junge Gemeinde mit einer stark alternden Bevölkerung. Annette Koller, die in der Senioren- und Sozialberatung beim Ökumenischen Sozialdienst arbeitet, erlebt immer wieder, wie groß die Hemmschwelle ist, über dieses Thema zu reden. Sie plädiert dafür, frühzeitig das Bewusstsein für eine Beschäftigung mit diesem Thema zu wecken. Für ganz wichtig hält sie es, eine Dementen-Wohngemeinschaft zu errichten. Immerhin gibt es Vorüberlegungen, eine solche Einrichtung in der Bahnhofstraße zu bauen.

Kleine Geschäfte

Für Lieselotte Espe fehlen in Gröbenzell die kleinen Geschäfte. "Dort, wo ich einen Nagel kaufen kann", sagt sie und klagt: "Was die praktischen Dinge anbelangt, gibt es hier sehr wenig." Da müsse sie nach Olching ausweichen, um sich dort in einem Haushaltswarengeschäft das gewünschte Kleinteil zu besorgen. "Zudem kommt der Gröbenzeller Norden jenseits der Bahn zu kurz. Die Geschäfte befinden sich alle im Süden", ergänzt Annemarie Schlegl, die ehemalige Pfarrsekretärin.

Transparenz

Edeltraud Mierau-Bähr hatte den Wahlversprechen vor der Kommunalwahl geglaubt, dass es "mehr Transparenz" geben werde. "Wir bekommen Sitzungsunterlagen, aber sie sind nicht vollständig. Wir bekommen keine Pläne", beklagt Mierau-Bähr, die im Arbeitskreis Siedlungsökologie aktiv ist. Ohne die vollständigen Pläne könne sie die häufig stattfindenden Befreiungen von Bebauungsplänen nicht verfolgen. Sie moniert auch nichtssagende Protokollierungen und hält eine sehr verkürzte Protokollnotiz vom Oktober hoch. Dort heißt es lediglich: "Herr Dr. Runge informiert über den Verfahrensstand und beantwortet Rückfragen."

© SZ vom 10.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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