Suche nach dem idealen Standort:Eine Sirene auf Wanderschaft

Lesezeit: 3 min

Feuerwehrleute testen im Maischer Ortsteil Überacker, wo die neue Lautsprecheranlage stehen muss, damit sie bei Feueralarm überall zu hören ist. Schließlich entscheidet man sich für die Straße Am Gresfeld. Für die Anwohner sind die Hörproben ein Spektakel

Von katharina Knaut, Maisach

Ein spiegelglattes, türkisfarbenes Meer, strahlend blauer Himmel und eine Insel - eine Insel mit wunderschönen Mädchen, halb Mensch, halb Vogel. Dieses Bild drängt sich jedem auch auf, wenn er das Wort "Sirenen" hört. In Märchen und Legenden spielen sie eine schicksalhafte Rolle. Mit verführerischen Stimmen ziehen sie ahnungslose Seefahrer in ihren Bann, locken sie auf ihre Insel und stürzen sie in ihr Verderben. Sie leben auf einer weit entfernten Insel in einem abgelegenen Teil des Meeres - eigentlich. Eine Sirene schaffte nun den Weg in den Landkreis Fürstenfeldbruck, genauer gesagt in den kleinen Maisacher Ortsteil Überacker und versetzte dort die Bewohner mit ihrem Gesang in Aufruhr. Er gleicht jedoch nicht den lieblichen Tönen, die Odysseus einst in ihren Bann zogen. Die Sirene selbst ist auch keine schöne Frau aus der homerschen Sagenwelt. Ihr Ziel ist es auch nicht, Menschen zu schaden. Ganz im Gegenteil: Sie ist gekommen, um Leuten in Not zu helfen. Es handelt sich um die neue Sirene der Freiwilligen Feuerwehr Überacker, für die am Montag nach einem geeigneten Standort gesucht wurde.

Zwei kamen in Frage, in der Kühbergstraße und Am Gresfeld. Auf die Mission begaben sich die Bauverwaltung, Helfer der Freiwillige Feuerwehr Überacker und ein Techniker der Firma Hörmann, die für den Bau der Sirene zuständig ist. Das Ziel: Den optimalen Standort samt Höhe der Lautstärke zu ermitteln, sodass das Signal in ganz Überacker für jeden Feuerwehrmann gut zu hören ist. Beispielsweise auch dann, wenn er sich in einem schallisolierten Gebäude aufhält. Zu diesem Zweck ließen die Beteiligten an beiden Punkten die Sirene mehrmals in unterschiedlichen Höhen und Lautstärken ertönen.

Die Proben für den neuen Standort sind für die Anwohner ein Spektakel. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Ort verteilte Feuerwehrleute gaben nach jedem Durchlauf über Funk ein kurzes Resümee zur Hörbarkeit der Geräusche ab. Dementsprechend wurde Lautstärke und Höhe angepasst. Es war keine leichte Aufgabe. Vor eine große Herausforderung stellte das Team die Überbrückung der Kirche. Sie sei recht hoch gelegen und stelle die dahinter liegenden Häuser in einen "Schallschatten", meint Frank Hosan, Mitglied der Bauverwaltung im Rathaus. Auch der starke Wind und die damit einhergehende Verzerrung des Schalls stelle ein Problem dar. "Es muss eine sorgfältige Auswahl getroffen werden," meinte Hosan.

Auslöser für die Aktion war der geplante Abriss der alten Schule, auf der die alte, motorbetriebene Sirene befestigt ist. Diese sei nicht mehr auf dem Stand der Technik, eine Umsiedelung lohne sich wirtschaftlich nicht mehr, erklärte Hosan. Im Gegensatz zur herkömmlichen betreibe die neue Sirene eine Batterie. Das habe den Vorteil, dass sie Stromnetzunabhängig sei und auch dann funktioniere, wenn der Strom ausfalle, meinte Rudolf Meindl, Technischer Leiter der Firma Hörmann. Egal, ob es sich bei der Sirene nun um ein betörendes Mädchen handelt oder um einige Ohren betäubende Lautsprecher - die Wirkung der Sirene, mochten ihre Töne auch noch so durchdringend und Ohren unverträglich sein, ist die gleiche wie die in den Sagen beschriebene. Anwohner kamen aus ihren Häusern, Spaziergänger blieben verwundert stehen. Jeden zog es zu dem merkwürdigen Schauspiel, das sich den Bewohnern bot.

Rudolf Meindl, technischer Leiter der Firma Hörmann, befestigt den Prototyp der Sirene an der Leiter eines Feuerwehrautos. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein Feuerwehrauto aus Maisach versperrte die Straße. An der ausgefahrenen Drehleiter, die den Mast simulieren sollte, baumelte das zukünftige Prachtstück Überackers. Daran befestigt waren Kabel und ein Maßband, die sich unter dem starken Wind wanden. Das Konstrukt hatte beinahe etwas Künstlerisches. Am Boden wuselten Mitglieder der Feuerwehr und der Bauverwaltung, maßen mit dem Maßband die Höhe nach, passten diese mit der Leiter an und verbanden das Kabel mit dem Generator, der die Lautsprecher mit Strom versorgte. Dann legte das Schmuckstück los. Hätten die Tests morgens stattgefunden, wäre der Wecker für die Bewohner Überackers überflüssig geworden. Insgesamt sechsmal erklang der durchdringende Ton. Auf Höhen von 12 und 14 Metern wurde die Sirene jeweils gefahren, die Beteiligten testeten sowohl volle, als auch halbe Lautstärke. Wäre die kurze Ansage "Das ist nur ein Testalarm" vor jedem neuen Durchlauf nicht gewesen, hätte man meinen können, ganz Überacker samt Umgebung stehe in Flammen.

Die Mission war erfolgreich. Zum Schluss standen Höhe und Ort fest: Für eine optimale Beschallung Überackers sollte die Sirene an einem 14 Meter hohen Mast Am Gresfeld aufgebaut werden, darin waren sich alle einig. Die Ergebnisse werden an die Gemeinde Maisach weitergegeben, bei ihr liegt die Entscheidung, an welchem Platz der Mast mit Sirene letztendlich aufgestellt wird. Sie wird in Zukunft die Menschen vor Unheil bewahren und bringt so mehr Gutes als die gleichnamigen Mädchen auf dem Meer. Auch, wenn ihr Gesang vielleicht nicht ganz so lieblich ist.

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: