Stromausfall in Fürstenfeldbruck:Schwarze Schirme

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Im gesamten Versorgungsgebiet der Stadtwerke Fürstenfeldbruck fällt am Donnerstagmittag für anderthalb Stunden der Strom aus. Plötzlich funktionieren die gewohnten Dinge des Alltags nicht mehr.

Von Erich C. Setzwein, Heike A. Batzer, Ariane Lindenbach und Annika Mayer

Ein Stromausfall hat am Donnerstagmittag das Leben im gesamten Versorgungsgebiet der Stadtwerke Fürstenfeldbruck lahmgelegt. Kurz vor 12 Uhr wurden aus noch unbekannten Gründen die Umspannwerke in Puch und Türkenfeld vom Hochspannungsnetz getrennt und damit das Netz in Teilen der Landkreise Fürstenfeldbruck, Starnberg und Landsberg stromlos. Erst gegen 13.30 Uhr konnten die Techniker der Stadtwerke ein Teilnetz nach dem anderen wieder unter Spannung setzen.

In vielen Geschäften war es nicht nur dunkel. Es konnte auch nichts gekauft werden, weil die Kassen ausfielen. (Foto: Johannes Simon)

An vielen Orten im Landkreis mussten die Menschen deshalb für einige Zeit improvisieren. Vor dem unbeleuchteten Citypoint-Einkaufszentrum an der Schöngeisinger Straße inmitten von Fürstenfeldbruck stehen Leute ratlos herum. Die meisten telefonieren mit ihren Handys. Manche finden kein Netz. Im Amper-Einkauf-Zentrum (AEZ) versagen die Tiefkühltruhen ihren Dienst, auch Beleuchtung, Schranke und Kassen sind betroffen. Die Rolltreppen, die das Tiefgeschoss mit den beiden Einkaufsetagen verbinden, stehen still. Wie in vielen anderen Märkten in Fürstenfeldbruck bilden sich lange Schlangen vor den Kassen, die Mitarbeiter bitten um Verständnis. Im AEZ werden die Kunden, die zahlen wollen, aber wegen der nicht funktionierenden Kassen nicht können, mit ein paar kleinen, kostenlosen Süßigkeiten getröstet. "Das gehört zum guten Ton", sagt der stellvertretende Marktleiter José Luis Bueno Born. Weitere Kunden werden nicht mehr in den Markt eingelassen. "Es ist der absolute Horror, wenn sich jemand hier drin was brechen würde", erläutert Bueno Born die kurzfristige Schließung. In den ersten Minuten nach dem Blackout tasten sich in der Aldi-Filiale gegenüber noch einige Kunden durch die Gänge. Frisches Brot gibt es jetzt nicht, der Backautomat gibt keinen Piepser von sich.

Ein Stockwerk tiefer, in der Tiefgarage, müssen AEZ-Mitarbeiter die ansonsten automatisch sich öffnende Schranke mit Muskelkraft in die Höhe stemmen, damit die Autos ausfahren können. Eine Frau, die ihr Fahrzeug eigentlich parken wollte, wendet und fährt sogleich wieder hinaus. Währenddessen wird die Autoschlange auf der anderen Fahrspur immer länger, dort, wo der Mitarbeiter das Tor offen hält.

Ladenbesitzer griffen auf kleine Dieselmotoren zurück, die Strom produzieren. (Foto: Johannes Simon)

An den Straßenkreuzungen sind die Ampeln ausgefallen und die Verkehrsteilnehmer sind plötzlich auf ihre eigenen Entscheidungen angewiesen. Autofahrer müssen sich über Handzeichen und Augenkontakt verständigen. Gefühlte drei Minuten lang steht ein Fahrzeug mit italienischem Kennzeichen vor dem Brucker Rathaus an dem ausgeschalteten Lichtsignal, das dort sonst den Fußgängern den Weg über die Fahrbahn weist. Doch Fußgänger sind diesmal gar nicht zu sehen. Auch an der Kreuzung von Schöngeisinger und Hauptstraße wagen sie sich nur zögerlich über die Fahrbahnen.

Im Eiscafé Al Ponte an der Hauptstraße liegen auf allen Behältnissen mit den bunten Eissorten Abdeckungen. Es ist kurz nach 13 Uhr. "Das Eis muss weg", sagt Inhaber Claudio Nicola und ahnt Schlimmes. Läuft der Strom in der nächsten Stunde nicht wieder an, bedeute dies einen Verlust von etwa tausend Euro, denn dann wäre das Eis angeschmolzen. Im Modefachgeschäft Fuchsweber an der Schöngeisinger Straße versperrt für kurze Zeit eine rot-weiße Banderole den Eingang. Mitarbeiterinnen ziehen unter dem Plastikstreifen den roten Teppich mit dem Firmennamen ins Innere des Hauses, wo es nicht nur dunkel, sondern bis auf ein paar Stimmen richtig ruhig ist.

In der Weltbild-Filiale in der Dachauer Straße muss sich das Zweierteam mit Stift und Taschenrechner behelfen. Denn neben Decken- und Regalbeleuchtung funktioniert auch der Kassenbildschirm samt Automatik der Schublade nicht mehr. Auf einem karierten Schmierzettel kleben die Preisschilder im Wert von rund hundert Euro. Zahlen ist möglich - aber nur bar. Kunden, die Belege brauchen, erhalten handgeschriebene Quittungen. Auch die Musik, die vom Firmenradio direkt in das Geschäft gesendet wird, ist verstummt. Den Blackout bekommt eigenen Angaben zufolge auch Radio Top FM zu spüren, das seinen Sitz in der Schöngeisinger Straße hat. Dort fällt die Studiotechnik aus. Von Bürgern auf der Straße habe man erfahren, dass statt der Übertragung im Radio zeitweise nur ein Rauschen zu hören war.

In einem Sitzungssaal des Fürstenfeldbrucker Amtsgerichts geht plötzlich das Licht aus, die Protokollführerin sitzt vor einem schwarzen Bildschirm. Sie hofft, dass ihre Arbeit nicht umsonst war und wenigstens das, was sie bereits schriftlich zusammengefasst hat, automatisch auf der Festplatte gespeichert ist. Unterdessen stehen nun drei statt der üblichen zwei Sicherheitskräfte im Eingangsbereich, um die unbekannten Besucher auf Waffen zu durchsuchen. Denn auch die elektronische Sicherheitsschleuse, an der normalerweise jeder Passant vorbei muss, benötigt Strom.

"Warum ist es bei euch so dunkel?", fragen Autofahrer, die an der Agip-Tankstelle an der Münchner Straße Benzin oder Diesel nachfüllen wollen. Im Tankstellen-Shop brennt kein Licht, lediglich die Eingangstür steht offen. Weil bei Stromausfall kein Treibstoff fließt und vor allem die Kasse nicht funktioniert, hat Pächterin Ivonne Kalefe rot-weiße Absperrbänder um sämtliche Zapfhähne wickeln lassen - "damit die Autofahrer gleich sehen, dass da was nicht stimmt". Glück hat der Mann im Blaumann, der gerade zur Tür hereinkommt, als nach etwa einer Stunde das Licht im Shop wieder angeht. Ihm ist während der Fahrt das Diesel ausgegangen, sein Fahrzeug steht ein Stück weit entfernt. Er holt sich einen Ersatzkanister - auch Treibstoff gibt es wieder.

© SZ vom 17.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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