Störung bei Fürstenfeldbruck:Abenteuerreisen mit der Bahn

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"Das Frust-Fassl läuft langsam über": Wer in diesen Tagen mit dem Zug oder mit der S-Bahn fährt, muss seine Reise schon einmal zu Fuß fortsetzen.

Peter Schelling

Es ist zuweilen nicht ganz einfach, ein aus tiefstem Herzen überzeugter Bahn- und S-Bahnfahrer zu sein. Wer häufig mit diesen Verkehrsmitteln unterwegs ist, braucht nämlich schon Geduld, Nerven aus Stahl und möglichst viel Galgenhumor. Denn was man mit der Bahn so erleben kann, glauben einem selbst die hartgesottensten Autofahrer, die sich einen Tag ohne Stau kaum mehr vorstellen können, sowie die stressgeplagtesten Vielflieger nicht.

Railway-Trekking-Tour in den Sommerferien - rund 60 Fahrgäste mussten am Sonntag ein Stück des Weges zwischen den S-Bahnhöfen in Eichenau und Fürstenfeldbruck zu Fuß bewältigen. (Foto: privat)

Die Bahn ist, was die Erprobung der physischen und psychischen Belastbarkeit ihrer Kunden betrifft, einfach unübertroffen. Das fängt schon beim schwer durchschaubaren Tarifsystem an und hört bei den Klimaanlagen im ICE, die, wenn die Außentemperaturen einmal ein Stück über dreißig Grad klettern, ganz schnell schlapp machen, noch lange nicht auf.

Manchmal kann die Bahn aber auch wenig bis überhaupt nichts dafür, wenn der Betrieb ins Stocken gerät. Dann ist in der Regel höhere Gewalt im Spiel, so wie am vergangenen Sonntag, als in der Nähe des Fürstenfeldbrucker Bahnhofs ein Baum auf die Schienen krachte und die Oberleitung so massiv beschädigte, dass auf der Bahnstrecke zwischen München und Geltendorf stundenlang überhaupt nichts mehr ging.

Für Hunderte Fahrgäste, darunter viele Wochenend-Ausflügler und Urlauber, die mit Gepäck oder Fahrrädern unterwegs waren, war an den S-Bahnstationen in Puchheim und Fürstenfeldbruck erst einmal Endstation.

Und die Bahn tat sich wieder einmal durch ihr miserables Krisenmanagement hervor: Kaum brauchbare Informationen für die gestrandeten Fahrgäste, sowie ein Schienenersatzverkehr, der nur schleppend anrollte und der Vielzahl von Reisenden kaum Herr wurde. Noch gegen 23 Uhr warteten in Puchheim und Fürstenfeldbruck ganze Menschentrauben darauf, ihrem eigentlichen Fahrtziel ein Stück näher zu kommen - obwohl viele Taxifahrer aus München ihr Bestes taten, die Leute in kleinen Gruppen zu befördern.

Und die Bahn: Lässt am nächsten Tag eine lapidare Erklärung durch den Pressesprecher abgeben, dass es an einem Sonntagabend nicht ganz einfach sei, Busse und die dazugehörigen Fahrer zu organisieren, dass der Oberleitungsschaden bei Fürstenfeldbruck aber behoben sei und die S4 seit den frühen Morgenstunden planmäßig verkehre. Was zu diesem Zeitpunkt leider auch schon wieder überholt war, weil eine Weichenstörung in Pasing am Montag für Verspätungen von bis zu 40 Minuten sorgte.

Ihre helle Freude an der Deutschen Bahn hatten am Dienstagmorgen auch zahlreiche Pendler aus Mammendorf, die wie üblich am Bahnsteig auf den Regionalexpress 37273 aus Augsburg warteten, um nach München zur Arbeit zu fahren. Der Regionalzug erreichte Mammendorf zwar pünktlich um 8.25 Uhr, fuhr aber ausgerechnet auf dem mittleren Gleis ein, das keinen eigenen Bahnsteig hat, um die Fahrt in Richtung München schon nach einer halben Minute fortzusetzen.

Auf den anderen beiden Gleisen standen zu diesem Zeitpunkt ein abgestellter Güterzug und eine S-Bahn. Immerhin: Die S-Bahn erwischten die rund 30 erstaunten Pendler noch - dank der außerordentlichen Sprinterqualitäten eines Mitreisenden, der die Lichtschranke blockierte, so dass die Türen nicht schließen konnten. "Das zeigt wieder einmal die ganze Inkompetenz der Bahn", sagte ein Mammendorfer, der fast täglich nach München fährt und solche Zwischenfälle schon des öfteren erlebt hat. Man sei "zwar gestählt", so der geduldige DB-Kunde, aber die Bahn brauche sich nicht zu wundern, "wenn das Frust-Fassl langsam überläuft".

Grund für den ausgesetzten Halt in Mammendorf, so ein Sprecher der Bahn, sei eine Signalstörung zwischen 7.47 und 8.20 Uhr in Olching gewesen, deretwegen man den Zug kurzfristig auf das mittlere Gleis habe umleiten müssen. Dafür, dass es am Bahnsteig keine Lautsprecherdurchsagen gab, mit denen die Fahrgäste informiert worden wären, könne sich das Unternehmen nur entschuldigen, sagte der Bahnsprecher. Mea culpa.

© SZ vom 11.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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