Stimmungsvoller Brauch im Advent:Lichtertanz auf dunklem See

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Das traditionelle Fackelschwimmen der Olchinger Wasserwacht zieht wieder viele Neugierige an

Von Emil Kafitz, Olching

Obwohl der strömende Regen nicht zu einem Spaziergang einlädt, ist es voll geworden am Olchinger See. Direkt am Wasser albern Kinder herum. Ein kleiner Junge wäre beinahe hineingefallen, sein großer Bruder zieht ihn gerade noch an der Kapuze zurück. In der zweiten Reihe stehen die Eltern, Regenschirm in der linken, wärmende Glühweintasse in der rechten Hand. Helfer in roten Wasserwachtsjacken bahnen sich ihren Weg durch die Menge und treffen letzte Absprachen, die Uhr der nahe gelegenen Kirche schlägt fünfmal. Gesprächsfetzen mischen sich in die Weihnachtsmusik: "Vielleicht findet der Neptun ja unser Paddel. Das haben wir im Sommer im See verloren." Ein Mädchen in rosa Jacke fragt ihren Vater: "Und die schwimmen wirklich mit Fackeln?" "Ja." "Und wie machen die das?" Darauf weiß ihr Papa auch keine Antwort. Zum Glück beginnt da das alljährliche Fackelschwimmen der Olchinger Wasserwacht. Auf dem Rettungssteg halten Bürgermeister Andreas Magg und ein Vertreter der Wasserwacht Begrüßungsreden: "Ich will sie gar nicht lange auf die Folter spannen - heute ist es ja draußen fast so nass wie im Wasser. Ironischerweise beträgt sowohl die Außen- als auch die Wassertemperatur sieben Grad."

Die Fackeln der Taucher sollen den Meeresgott wecken. (Foto: Matthias Döring)

Ursprünglich als erste Kaltwasserübung des Jahres gedacht, hat die öffentliche Veranstaltung mittlerweile Traditionscharakter. Schon zum 40. Mal erschwimmen sich die Mitglieder der Wasserwacht mit Fackeln den See und wecken so den Meeresgott Neptun. Dieser taucht auf, nachdem alle Fackeln gelöscht wurden, kommt ans Ufer und verteilt Süßigkeiten an die Kinder. "Vor einigen Jahren war ich selbst der Neptun. Da ist man ungefähr eineinhalb Stunden unter Wasser, natürlich mit Sauerstoffflasche", erklärt mir Sebastian Saft, der technische Leiter der Wasserwacht Olching. Seit seinem zehnten Lebensjahr ist er Fackelschwimmer. Nachdem die Musik gedämpft und das Licht gelöscht wurde, bringt er mit knapp 40 Kollegen den Olchinger See zum Leuchten. Sie schwimmen in Formation, das Feuer der Fackeln spiegelt sich in dem sonst schwarzen See und verbreitet geradezu weihnachtliche Stimmung.

Die Dramaturgie dieser traditionellen Adventsveranstaltung geht auch diesmal auf. Neptun taucht aus dem Olchinger See auf und verteilt an die Kinder Geschenke. (Foto: Matthias Döring)

"Der Neoprenanzug hat den Vorteil, dass er nicht nur wärmt, sondern auch für Auftrieb sorgt. Da stört es nicht allzu sehr, dass man nur eine Hand zum Schwimmen hat." Am Ende ihrer Wasserperformance schwenken die Schwimmer noch einmal ihre Fackeln, dann ist die Wasseroberfläche plötzlich dunkel. Nur ein kleiner, heller werdender Schimmer ist noch auf der Wasseroberfläche zu sehen. Bei einsetzendem Sturm und peitschendem Regen erhebt sich aus den Wassermassen - nein, nicht Neptun, sondern ein beleuchteter Weihnachtsbaum. "Das Ganze ist schließlich eine Adventsveranstaltung. Aber den Nikolaus auftauchen zu lassen, fanden wir ein wenig blöd. So gibt es jetzt eben den Baum und, thematisch passend, den Wassergott." Dieser begibt sich kurz darauf ans Ufer, mit Krone, Dreizack und Tauchermaske. Die Kinder machen ehrfürchtig Platz und der gutmütige Gott, verkörpert von Berufsfeuerwehrmann Christian Nagel, schreitet durch die Menge. Das erste Fremdeln der Kinder ist spätestens überwunden, als der stattliche Mann ihnen Papiertüten mit Nüssen, Äpfeln und Süßigkeiten in die Hände drückt.

Auch die Fackelschwimmer sind wieder am Ufer, Sebastian Saft steht fröhlich mit noch nassem Neoprenanzug an einer der Feuerschalen. Zeit für eine heiße Dusche hat er nicht: "Jetzt wird sich kurz umgezogen, ein Glühwein getrunken und dann geht's schon ans Aufräumen. Aber wirklich kalt ist mir auch nicht - im Winter bin ich oft Eisbaden, da ist man dran gewöhnt."

© SZ vom 24.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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