Stadtrat Fürstenfeldbruck:Konflikt um den Kies

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Kiesgrubenbesitzer Stockinger legt sich erneut mit dem Brucker Stadtrat an. Denn der wird voraussichtich mehrheitlich gegen eine Ausdehnung des Abbaugebiets stimmen.

Stefan Salger

Die Stadt steuert auf einen erneuten Rechtsstreit mit Georg Stockinger zu. Der Besitzer der im Nordwesten der Stadt liegenden Kiesgrube hat angekündigt, gegen einen Beschluss, den der Stadtrat voraussichtlich am Dienstag fassen wird, vorzugehen. Der Bauausschuss empfahl am Donnerstag mehrheitlich, die von dem Unternehmen beantragte Expansion Richtung Bundesstraße 471 und damit auch Richtung Siedlungsgrenze zu verhindern. Fürstenfeldbruck will auf diese Weise einen Grüngürtel erhalten.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verlangte am Montag, deutschlandweit alle Großveranstaltungen noch einmal auf den Sicherheitsaspekt zu überprüfen. (Foto: region.ffb)

Seit Jahren gibt es immer wieder Zoff zwischen Stockinger und der Mehrheit im Brucker Stadtrat, unter anderem wegen monatelanger illegaler Ablagerungen am Rande des Kieswerks im vergangenen Jahr. Aus Protest gegen angeblich ungerechtfertigte Einschränkungen für seinen Betrieb und "wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen" war der heute 49-Jährige im Jahr 2000 aus der CSU aus- und bei den Freien Wählern eingetreten-für die er zurzeit im Kreistag sitzt. Vor allem in der Stadtspitze und bei einigen Stadträten der CSU ist der Name Stockinger mittlerweile zu einem Reizwort geworden.

Fällt sein Name, dann werden die Augen vielsagend verdreht. Ohne Rücksicht auf die Interessen der Stadt versuche er ständig, seine Interessen mit allen, vor allem juristischen Mitteln durchzupauken, heißt es. Auch OB Sepp Kellerer (CSU) glaubt längst nicht mehr daran, dass mit Stockinger eine gütliche Einigung möglich sei. Dafür seien in den letzten Jahren "viel zu gravierende Dinge geschehen", sagte er im Bauausschuss, während Stockinger auf der Zuschauertribüne saß.

2009 hatte Stockinger gerichtlich durchgesetzt, den Kiesabbau in südliche Richtung in den Rothschwaiger Forst hinein auszuweiten. Die Stadt versuchte vergeblich, dies mit Blick auf das dortige Wasserreservoir zu verhindern. Ein "brutales Tempo" lege Stockinger vor, sagt Zweiter Bürgermeister Hans Schilling (CSU). Auch er ist sauer auf Stockinger, schließlich habe die Stadt den Unternehmer im Jahr 2000 noch aktiv bei der Verlagerung des 1965 gegründeten Betriebs von der Landsberger Straße auf die Fläche an der Staatsstraße 2054 unterstützt. Georg Stockinger zufolge ist die Erweiterung Richtung Osten aber eine Überlebensfrage: "Wenn die Stadt ihren Flächennutzungsplan durchkriegt, dann kann ich in zehn Jahren zumachen", sagt er der SZ.

Bereits als das Landratsamt den Abgrabungsantrag Stockingers auf städtische Intervention hin für ein Jahr zurückstellte, klagte Stockinger. Vor dem Verwaltungsgericht verlor er und legte postwendend Berufung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein. Das Verfahren läuft noch. Sollte die Stadt aber am Dienstag einen Bebauungsplan nebst Grünordnungsplan und Veränderungssprerre für die umstrittenen Flächen beschließen, dann wird Stockinger auch dagegen klagen, wie er auf Nachfrage der SZ versicherte.

Die Rechtslage ist nicht ganz klar: Grundsätzlich ist das Areal zwischen Kieswerk und Bundesstraße im gültigen Regionalplan als Vorrangfläche für den Kiesabbau ausgewiesen. Der Regionale Planungsverband (RPV) hat zwar bereits angekündigt, die von der Stadt vorgebrachten Wünsche zu berücksichtigen und das zurzeit landwirtschaftlich genutzte Areal nicht mehr als Vorrangfläche auszuweisen. Rechtskräftig wird diese Änderung aber frühestens am 26. Oktober, wenn der RPV erneut tagt. Stockinger glaubt, dass es sogar noch viel länger dauert: Rechtskräftig müsse es nach einem RPV-Beschluss erst noch durch die Regierung von Oberbayern gemacht werden, und das beanspruche Zeit.

Stockingers Abgrabungsantrag aber kann nur noch bis zum 1. September ausgesetzt werden. Nach Einschätzung des Landratsamts als Rechtsaufsichtsbehörde ist es aber zulässig, dass die Stadt mit Blick auf den in Kürze geänderten Regionalplan den Bebauungsplan beschließt, auch wenn der Flächennutzuungsplan erst auf Basis des überarbeiteten Regionalplans geändert werden kann. Andere Rechtsexperten sind sich da zumindest nicht so sicher. Im Bauausschuss brachte Dritter Bürgermeister Ulrich Schmetz (SPD) seine großen Vorbehalte zum Ausdruck. Er habe einen Eid auf die Verfassung geleistet und sich verpflichtet, die Gesetze einzuhalten. Und dazu gehöre es auch, den geltenden und rechtsverbindlichen Regionalplan zu respektieren. Schmetz sprach von einer "zeitlichen Lücke", wegen der man die Planungen des Kieswerks wohl nicht verhindern könne.

Sollte die Verhinderungsstrategie der Stadt wirklich an dieser zeitlichen Lücke scheitern, dann dürfte eine Welle des Unmuts vor allem über dem RPV zusammenschlagen. Kommunalpolitiker, aber auch Experten der Verwaltung, äußern im vertraulichen Gespräch ihr Unverständnis darüber, dass es der Verband nach einem Jahr immer noch nicht geschafft habe, den Regionalplan im Sinne der Stadt abzuändern.

"Ein gewisses Bauchgrimmen" verspürt auch FDP-Stadtrat Klaus Wollenberg. Wenn die Stadt versuche, das Unternehmen "mit Tricks aus den Angeln zu heben", dann sei das zumindest fragwürdig. Wollenberg stimmte deshalb ebenso wie Schmetz und Mirko Pötzsch (SPD) gegen Bebauungsplan und Veränderungssperre. Er will zunächst nochmals das Gespräch mit dem Kieswerksbetreiber suchen.

Christian Stangl (GUL), dessen Fraktion die Idee des Grüngürtels aufgebracht hatte, forderte hingegen, die Interessen der Bürger über die eines Unternehmers zu stellen. Zustimmend äußerte sich Markus Droth (CSU), der auf die kommunale Planungshoheit pocht. Jene Planungshoheit kann Schmetz zufolge freilich "kein Freibrief für Entscheidungen im rechtsfreien Raum" sein.

© SZ vom 26.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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