Stadtplanung:Die Immobilienfirmen mauern

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Das Projekt Soziale Stadt könnte in Puchheim daran scheitern, dass die großen Eigentümer die Häuser nicht sanieren wollen. Nun will der Bürgermeister sie bei der Sicherheit packen

Von Peter Bierl, Puchheim

Das Projekt Soziale Stadt in Puchheim kommt nicht voran. Das liegt an großen Immobilienfirmen, die kein Geld für Sanierungen der alten Häuser im Planieviertel ausgeben wollen. Eine Ausnahme bildet die Deutsche Wohnen AG, die durch einen Vertrag dazu verpflichtet ist. Ansonsten hat die Stadt nur einen Hebel, wenn es um die Sicherheit geht. Anfang Mai müssen sich die Firmenvertreter mit Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) auseinandersetzen, um den Brandschutz zu verbessern.

Wolfgang Dubbels ist einigermaßen zufrieden. Er lebt seit 45 Jahren in der Planie, anfangs in der Kennedy-, dann in der Heussstraße in einem der Gebäude, die inzwischen der DW gehören. Die alten Holzfenster wurden seither ausgetauscht. "Die Handwerker waren spitze", erzählt er. Die neue Klingel- und Sprechanlage funktioniere dagegen noch nicht richtig, trotz Reklamationen. Vor Weihnachten bekam Dubbels dafür eine Mieterhöhung aufgebrummt. Er muss 27 Euro mehr bezahlen im Monat für die Modernisierung. "Das ist annehmbar", findet der Rentner.

Der DW, die in Berlin sitzt, gehören bundesweit etwa 167 000 Wohnungen und Gewerbeeinheiten, die meisten liegen in der Hauptstadt. Als das Unternehmen im Herbst 2015 etwa ein Drittel des Bestandes in der Planie kaufen wollte, nutzte die Kommune ihre Vorkaufsoption für 100 Wohnungen und setzte einen städtebaulichen Vertrag durch, in dem sie für sämtliche etwa 440 Wohnungen eine Sanierung festschrieb. Bei einer Pressekonferenz im Rathaus kündigten DW-Vertreter im Oktober 2016 an, rund sechs Millionen Euro investieren und die Mieten moderat erhöhen zu wollen. "Wir haben bereits einige Dächer und zwei Heizstationen sowie Hauseingangstüren erneuert. Auch die Sanierung und Erneuerung der Fenster ist abgeschlossen", sagte Pressereferentin Mira Schnittger der SZ. Was die Außenanlagen betreffe, warte man auf die Baugenehmigung für neue Müllplätze und Fahrradabstellplätze. "Sobald diese vorliegt, werden wir auch mit diesen Maßnahmen beginnen."

Mieter Dubbels weiß, dass es in anderen Häusern schlechter aussieht. Dort sind Türen und Fenster kaputt, Heizungen funktionieren nicht, es schimmelt. Er war als einer der Gründer und Köpfe der Mieter-Interessengemeinschaft jahrelang aktiv. Heute sitzt er im Lenkungskreis, den die Stadt für das Viertel eingerichtet hat. Er sieht in der Nachbarschaft, dass die anderen Immobilienfirmen nicht mitziehen. "Es gibt keine Fortschritte und keine Reaktionen", sagt er. Für Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) ist das bitter.

Nach dem Vorbild von Fürstenfeldbruck hatte sich Puchheim 2012 um das Bund-Länder-Programm "Soziale Stadt" beworben. Dabei geht es um Konfliktbewältigung in Problemvierteln. Erreichen will man das, indem man Häuser renoviert, Außenanlagen verschönert und Spiel- und Bolzplätze sowie Treffpunkte schafft. Professionelle Sozialarbeiter bieten den Bewohner Unterstützung an und sollen ehrenamtliches Engagement fördern.

In der Planie leben etwa 3000 Menschen auf engstem Raum in Wohnblöcken, die fast 40 Jahre alt sind, daneben gibt es ein paar Reihenhäuser. Die meisten Wohnungen gehören großen Immobiliengesellschaften, dazu gibt es einige Eigentümergemeinschaften. Die Stadt hat im Lauf der Jahre viel Geld aus dem Förderprogramm bekommen und damit schon einiges bewegt. So wurde das Quartiermanagement eingerichtet, als Treffpunkt und Beratungsstelle, das Mehrgenerationenhaus ZAP liegt in dem Viertel. Auf der Kennedywiese finden allerlei Feste statt. Demnächst wird dieser zentrale Platz umgebaut und aufgewertet. Auch die Heussstraße soll attraktiver gestaltet werden.

Aber die zweite Komponente funktioniert nicht. Zwar beteiligen sich Eigentümer von Einzelwohnungen, aber die Immobilienfirmen ziehen nicht mit. "Es war von Anfang an klar, dass es schwierig wird. Denn wir haben überhaupt keinen rechtlichen Hebel in der Hand", sagt der Bürgermeister. Das Problem sei, dass man im Großraum München jede Wohnung und jedes Haus verkaufen oder vermieten könne, egal in welchem Zustand. Andererseits könne es nicht im Interesse einer Firma sein, die Substanz verfallen zu lassen.

Der Bürgermeister will jetzt das Thema Sicherheit nutzen. Anlass sind mehrere Brände in den Hochhäusern in jüngster Zeit, in einem Fall kam ein Kind ums Leben. Landratsamt und Kommune fordern von den Unternehmen Verbesserungen. "Alle müssen die Brandschutzauflagen erfüllen", fordert der Bürgermeister.

Treppenhäuser müssen freigehalten, Rauchmelder installiert werden und es braucht ordentliche Zufahrten für die Feuerwehr. Manche seien überwachsen oder die Drehleiter versinke im Boden, berichtet der Bürgermeister. Aufgeben will Seidl nicht. "Wir werden den Druck aufrechterhalten, auch wenn es noch fünf bis zehn Jahre dauert." Für Donnerstag, 9. Mai, ist ein Treffen geplant.

© SZ vom 29.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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